Der Plan des frisch gewählten argentinischen Präsidenten Javier Milei, die nationale Währung Peso durch den US-Dollar zu ersetzen, ist weniger verrückt, als er klingt. Drei lateinamerikanische Staaten – Panama, Ecuador und El Salvador – verwenden den Dollar bereits als gesetzliches Zahlungsmittel; in Europa ist der Euro die Landeswährung in Montenegro und im Kosovo, ohne dass diese Länder zur Eurozone zählen.

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Argentinien leidet unter massiver Inflation, die der neu gewählte Präsident Javier Milei mit dem Wechsel zum Dollar stoppen will.
AFP / Luis Robayo

Dollarisierung nennt man diesen Schritt, den Schwellenländer meist unternehmen, um eine massive Inflation in den Griff zu bekommen. Da es keine Zentralbank gibt, die per Druckerpresse Geld schöpfen kann, geht die Inflationserwartung, die die Teuerung anfeuert, zurück und pendeln sich die Preise dann notgedrungen ein. Anders ist nur Panama: Dort wurde der Dollar bereits bei der Unabhängigkeit 1904 eingeführt – als Zeichen der festen Bindung an die USA, die das Land rund um den Panamakanal jahrzehntelang kontrollierten.

Panama hat mit der Dollarnutzung meist gute Erfahrungen gemacht, andere Staaten weniger. Das Problem ist, dass ein Land dann keinerlei Kontrolle über seine Landeswährung hat, aber auch die US-Notenbank Federal Reserve keine Rücksicht auf seine Bedürfnisse nimmt. Dollarisierung ist nicht verboten, wird aber in Washington nicht gerne gesehen.

Videoporträt: Der ultraliberale Wirtschaftsexperte Javier Milei präsentiert sich als Anti-System-Kandidat und kündigt an, mit einer "parasitären Politiker-Kaste" in dem von einer schweren Wirtschaftskrise gebeuteltem Land aufzuräumen.
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Schwieriges Krisenmanagement

Wenn der Dollarkurs gegenüber anderen Weltwährungen steigt, werden Exporte aus dem dollarisierten Land teurer; steigen die US-Zinsen, dann gilt das für alle Kredite, auch wenn die Wirtschaft eigentlich niedrigere Zinsen benötigen würde. Regierung und Notenbank können in einer Wirtschaftskrise dann kaum gegensteuern, was oft zu schwachem Wachstum führt.

Ein weiteres Problem ist die Versorgung mit Bargeld: Als Ecuador im Jahr 2000 auf den Dollar wechselte, reisten Beamte der Notenbank und des Finanzministeriums nach New York, füllten ihre Koffer mit Dollarnoten, die sie von den Bankkonten, die der Staat dort hielt, abhoben, und flogen zurück nach Quito. Dollarmünzen sind in solchen Ländern kaum vorhanden, auch Ein-Dollar-Scheine sind oft knapp. Wechselgeld zu erhalten ist daher mühsam, was für Käufer teuer werden kann.

In Afrika führte Simbabwe nach einer katastrophalen Hyperinflation 2009 den Dollar und den südafrikanischen Rand als neue Währungen ein, kehrte aber zehn Jahre später zur eigenen Währung zurück, die dann rasch wieder an Wert verlor.

Argentiniens Dollar-Erfahrung

Der US-Dollar war bereits einmal de facto die Währung in Argentinien, aber nicht ganz. 1991 fixierte der damalige Präsident Carlos Menem unter dem sogenannten Konvertibilitätsplan den Peso zu einem Wechselkurs von 1:1 mit dem Dollar; jeder Peso im Umlauf war durch einen Dollar in den Währungsreserven der Notenbank voll gedeckt. Auch dies diente dem Kampf gegen die Hyperinflation und war für einige Jahre recht erfolgreich.

In der Finanzkrise von 2001 und 2002 brach dieser feste Wechselkurs allerdings zusammen, mit katastrophalen Folgen für das Land, unter denen die Argentinier bis heute leiden. Eine solches "Currency Board" betreibt Hongkong seit Jahrzehnten mit dem Dollar, Bulgarien und Bosnien-Herzegowina mit dem Euro.

Durch die Aufgabe der nationalen Währung verzichtet ein Land technisch auf die Möglichkeit einer Abwertung; eine Währungskrise ist damit ausgeschlossen. Der Preis dafür ist oft schwaches Wachstum und zu wenig Geld für Sozialausgaben. Das stört Rechtskonservative wie Milei allerdings nicht. (Eric Frey, 21.11.2023)