
Bei den zahlreichen diplomatischen Bemühungen rund um den Krieg im Nahen Osten gibt es seit Montag einen neuen Akteur: Japan. Hintergrund ist die Entführung eines Frachtschiffs durch die vom Iran unterstützten jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer. Das Schiff namens Galaxy Leader fährt zwar unter der Flagge der Bahamas, gechartert wurde es aber von einer japanischen Firma. Japans Regierung verurteilte die Entführung vom Sonntag "aufs Schärfste" und will nun vermitteln. Tokio stehe "in Kontakt mit Israel", erklärte die japanische Außenministerin Yoko Kamikawa am Montag – und sprach von einer "direkten Kontaktaufnahme mit den Huthis". Ziel sei die "baldige Freilassung des Schiffes und der Besatzungsmitglieder".
Die Huthi-Rebellen im Jemen sehen sich – ähnlich wie die ebenfalls vom Iran unterstützte libanesische Hisbollah – als Teil einer "Achse des Widerstands" gegen Israel. Damit stehen sie an der Seite der radikalislamischen Hamas, deren Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober am Anfang der derzeit eskalierenden Gewalt im Nahen Osten steht. Seither haben die Huthis schon mehrfach Drohnen und Raketen auf Israel abgefeuert. Zuletzt hatten sie immer wieder mit Angriffen auf "sämtliche Schiffe" mit Bezug zu Israel gedroht.
"Globale Tragweite"
Nach Angaben einer maritimen Sicherheitsfirma handelt es sich beim Eigentümer des gekaperten Schiffs um ein Frachtunternehmen, dessen Muttergesellschaft einem israelischen Geschäftsmann gehört. Israel bestritt die Darstellung, wonach es sich um ein "israelisches Schiff" handle. Demnach war der Frachter zwischen der Türkei und Indien unterwegs. Die 25-köpfige Besatzung bestehe aus Ukrainern, Bulgaren, Philippinern und Mexikanern. Israelische Staatsbürger seien nicht an Bord gewesen. Die Entführung bewertete Israel als "schwerwiegenden Vorfall von globaler Tragweite". Das Außenministerium sprach zudem von einem "iranischen Terrorakt". Teheran wies den Vorwurf, an der Entführung beteiligt zu sein, umgehend zurück.
Die israelische Armee hat Aufnahmen von Überwachungskameras veröffentlicht, die zeigen sollen, dass die radikalislamische Hamas am Tag ihres Großangriffs auf Israel Geiseln in das Al-Schifa-Spital in Gaza brachte. Sie zeigte auch Bilder von einem entdeckten Tunnel unter dem Klinikkomplex.
Währenddessen gingen am Hauptschauplatz des Konflikts, im dicht besiedelten Gazastreifen, die Kämpfe weiter. Am Sonntag hatte Israels Armee im Zusammenhang mit ihrem umstrittenen Einsatz beim Al-Shifa-Spital, dem größten Krankenhaus des Küstenstreifens, die Entdeckung eines 55 Meter langen "Terrortunnels" gemeldet. Er sei mit einer bombensicheren Tür gesichert. Solche Türen sollten demnach israelischen Soldaten den Zutritt zu Kommandozentren der Hamas verwehren. Zudem habe man in einem Holzverschlag auf dem Spitalsgelände einen Schacht gefunden, der als Zutritt zum Tunnel diene.
Kampf um weiteres Spital
Aufnahmen von Überwachungskameras sollen zeigen, dass die Hamas am 7. Oktober israelische Geiseln in das Al-Shifa-Krankenhaus gebracht habe. Die Videos, die sich zunächst nicht unabhängig verifizieren ließen, seien ein Beleg dafür, dass die Hamas das Spital bereits "am Tag des Massakers als terroristische Infrastruktur nutzte", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des israelischen Militärs und der Geheimdienste. Israel wirft der Terrororganisation vor, auch andere Krankenhäuser im Gazastreifen für militärische Zwecke zu nutzen – und damit Patientinnen und Patienten sowie medizinisches Personal als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.
Zu diesen Spitälern soll nach Angaben der Armee auch das indonesisch finanzierte Krankenhaus im Norden des Gazastreifens gehören. Unter ihm soll ebenfalls ein Tunnelsystem der Hamas liegen. Am Montag meldete die Hamas, dass beim Beschuss der Klinik durch die israelische Armee mindestens zwölf Menschen getötet worden seien. Dutzende weitere seien verletzt worden. Auch diese Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. Die indonesische Regierung verurteilte den Beschuss jedenfalls scharf: Es handle sich dabei um einen "eindeutigen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht", erklärte Außenministerin Retno Marsudi. (Gerald Schubert, 20.11.2023)