Fitness schön und gut, aber wie bei allem im Leben gilt auch hier: Wer es übertreibt, kann Schaden nehmen. Mittlerweile eine Fülle von Studien fand einen augenscheinlichen Zusammenhang zwischen einem sportlich aktiven Lebensstil und einem gesünderen Immunsystem. Regelmäßiges, nicht zu intensives Training stärkt die Abwehrkräfte, darüber herrscht weitgehender Konsens.

Aber auch zu möglichen Folgen von übertriebener Anstrengung gibt es Ergebnisse, nur ist man sich da deutlich weniger einig. Einige Untersuchungen weisen auf eine allgemein gesteigerte Verbreitung von Infektionen bei Hochleistungssportlern hin, mit entsprechend hohen krankheitsbedingten Ausfallszahlen. Man schloss daraus: Außerordentlich fordernde körperliche Belastung kann das Immunsystem schwächen und das Infektionsrisiko erhöhen. In der Sportmedizin kennt man das Phänomen als Open-Window-Effekt.

Feuerwehr, Waldbrand, Immunsystem
Feuerwehrleute, die sich um Waldbrände kümmern, sind häufig extremen Belastungen ausgesetzt. Das könnte sich auch auf das Immunsystem auswirken.
Foto: AFP/LOUISA GOULIAMAKI

Waldbrandbekämpfer

Eine andere, nicht minder geforderte Berufsgruppe liefert nun neue Erkenntnisse über mögliche Zusammenhänge zwischen Immunsystem und extremer Anstrengung: Ein Team um Ernesto Nakayasu vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland (Washington) hat an Feuerwehrleuten untersucht, was mit dem Immunsystem unmittelbar nach einer körperlich sehr aufreibenden Aktivität geschieht.

Elf Feuerwehrmänner, deren Spezialgebiet die Bekämpfung von Waldbränden ist, haben sich für diese im Fachjournal "Military Medical Research" veröffentlichte Studie bereiterklärt, Blutplasma, Urin und Speichel zu spenden. Die Proben wurden den Teilnehmern vor und nach der 45 Minuten dauernden, fordernden Übung entnommen, bei der sie rund 20 Kilogramm Ausrüstung über hügeliges Gelände schleppen mussten.

"Wir wollten einen detaillierten Blick auf die Vorgänge im Körper werfen und sehen, ob wir in der Lage sind, die Gefahr einer Erschöpfung im frühesten Stadium zu erkennen", sagte Kristin Burnum-Johnson, bioanalytische Chemikerin am PNNL. "Erkenntnisse in diesem Bereich können dabei helfen, das Risiko für Ersthelfer, Sportler und Militärangehörige bei sehr kräfteraubenden Übungen zu verringern."

Verbesserter Gasaustausch

Bei der Analyse der Proben nach der Übung fand das Team tatsächlich Hinweise darauf, durch welche Prozesse intensive körperliche Aktivitäten auf das Immunsystem einwirken. Zunächst beobachteten Nakayasu und seine Kolleginnen und Kollegen erwartbare Werte für Vorgänge, die dem Körper dabei helfen, den gesteigerten Bedarf an Flüssigkeit, Energie und Sauerstoff zu decken. Daneben aber stellten die Forscher einen Rückgang der an Entzündungen beteiligten Moleküle fest. Dies ging mit einem Anstieg von Opiorphin einher, einer Substanz, die zur Erweiterung der peripheren Blutgefäße beträgt.

Was diese Veränderungen letztendlich für die kurzfristige Funktion des Immunsystems bedeuten, ist nicht ganz klar, aber die Forschenden haben einen Verdacht: "Das Opiorphin könnte die Durchblutung der Muskeln während des Trainings steigern, um die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen zu verbessern", schreibt das Team. "Wir vermuten, dass der Rückgang der Entzündungsmoleküle, den wir nach dem Training im Speichel beobachtet haben, ein Mechanismus zur Verbesserung des Gasaustauschs ist. Er tritt vermutlich als Reaktion auf den höheren zellulären Sauerstoffbedarf auf."

Verändertes Mundbiom

Auch das Mikrobiom im Mund der Brandbekämpfer veränderte sich, wahrscheinlich als Folge einer Zunahme von antimikrobiellen Peptiden. Die Forschungsgruppe vermutet, dass dieser Prozess die Immunsuppression nach den harten Übungen kompensieren soll. "Der Anstieg der antimikrobiellen Peptide hatte jedoch keinen Einfluss auf die Hemmung des E. coli-Wachstums", sagte Nakayasu. "Das deutet auf eine begrenzte Kapazität der antimikrobiellen Peptide in der Mundhöhle zum Schutz vor Wirtsinfektionen hin."

Nicht alle Fachkollegen sind mit solchen Schlussfolgerung einverstanden. Manche sehen in den Resultaten vielmehr einen gesteigerten Zustand der Immunüberwachung. Nakayasu und sein Team räumen ein, dass ihre kleine Stichprobe keine weitreichenden Schlussfolgerungen zulässt. Zusammen mit früheren Studienergebnissen weist die Untersuchung auf einen Zusammenhang zwischen schwerer körperlicher Belastung und einem erhöhten Auftreten von Atemwegsinfektionen hin. (tberg, 21.11.2023)