Im Iran wird Homosexualität rigide verfolgt.
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Tiad F.* wirft dem Außenministerium vor, seine Sexualität an den Iran exponiert zu haben – und fordert Schadenersatz. Dafür gebe es keine Hinweise, urteilte nun das Wiener Zivillandesgericht. Der Hintergrund: Der Iraner F. hat den Österreicher Robert F.* geheiratet. Er wollte seine Familie zu dem Anlass nach Österreich einladen. Dafür mussten diese ein Visum beantragen und dabei auch einen Grund für ihre Reise angeben. Da Tiad F. in Deutschland und nicht in Österreich als Arzt tätig ist und deswegen nach eigenen Angaben die Papiere nicht selbst organisieren konnte, ließ er dies Robert F. tun.

Visumsprozesse werden im Iran üblicherweise, wie auch in vielen anderen Ländern, nicht in der österreichischen Botschaft in Teheran abgewickelt, sondern zu dem privaten Unternehmen VFS Global ausgelagert. Aus Sorge bat das Ehepaar Vertreter des Außenamts mehrfach darum, den Visumsantrag aufgrund der Sensibilität des Falles direkt bei der österreichischen Botschaft in Teheran abzuwickeln. Homosexualität wird im Iran mit dem Tod bestraft. Dies sei allerdings abgewehrt worden, die Familie habe vor VFS Global vorsprechen müssen und sei auch zu F.s Sexualität befragt worden.

Weil VFS Global im Iran dem iranischen Recht unterliegt und auch vorwiegend iranische Staatsbürger dort beschäftigt sind, glaubt er, dass die Geheimpolizei von seinem Beziehungsstatus erfahren haben dürfte. Daher könne er nie wieder in sein Heimatland einreisen.

"Verrat steht nicht fest"

Das Gericht orientiert sich in seinem Urteil an der Argumentation der Vertreterinnen der Republik: "Ein tatsächlicher Verrat der persönlichen Daten des Klägers oder auch nur eine darauf gerichtete Absicht steht nicht fest", heißt es in dem Urteil, das dem STANDARD vorliegt. Es sei aufgrund der Situation im Iran zwar verständlich, dass eine "Nervosität und Ängstlichkeit" in der Familie hervorgerufen wurde, jedoch sei daraus nicht abzuleiten, dass Fragen zur Lebenssituation von T. gestellt wurden, um ihn vor der iranischen Geheimpolizei zu exponieren. Dafür gebe es keine konkreten Belege. Der österreichischen Botschaft stehe es frei, Visaanträge auszulagern und nicht selbst zu bearbeiten. Daher werde der Antrag auf Schadenersatz abgelehnt, und der Kläger habe die Gerichtskosten zu zahlen.

Tiad F.s Ehemann Robert zeigt sich über das Urteil "maßlos enttäuscht und frustriert". Das Paar bedauert, nie wieder in den Iran einreisen zu können, da stets die Angst vorliege, von der iranischen Geheimpolizei verhaftet zu werden. Noch haben die beiden sich nicht final entschieden, aber sie werden das Urteil voraussichtlich nicht anfechten. "Es macht keinen Sinn, sich mit einem kranken System auseinanderzusetzen", findet der Unternehmer.

Im Vorjahr hat sich die Volksanwaltschaft mit dem Fall befasst – und ein Fehlverhalten des Außenamts festgestellt. Das Vorgehen lasse nicht auf die "gewünschte und angebrachte Sensibilität bzw. Landeskunde schließen, zumal die Ausübung von Homosexualität im Iran immer noch mit der Todesstrafe geahndet wird", hieß es damals. Sie empfahl eine Entschuldigung. Das Außenministerium widersprach, es habe rechtmäßig gehandelt und müsse sich daher auch nicht entschuldigen. (Muzayen Al-Youssef, 21.11.2023)