Der Pakt ist geschlossen: Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), dahinter Vertreter der Länder.
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Nach einem Jahr an Verhandlungen musste es plötzlich schnell gehen: Mit einer halben Stunde Vorlaufzeit luden die Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden am Dienstagabend die Fotografen der Medien ins Bundeskanzleramt in Wien, um den großen Moment festzuhalten. Als Motiv bot sich die Unterzeichnung des Paktums zum Finanzausgleich. Für den Bund ergriffen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) den Füller, für die Länder die Landeshauptleute Thomas Stelzer, Markus Wallner (beide ÖVP) und Michael Ludwig (SPÖ). Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) gab den Moderator.

Der Finanzausgleich legt fest, wie der Großteil der staatlichen Steuereinnahmen in den nächsten fünf Jahren verteilt wird. Daran gekoppelt ist diesmal aber auch eine Gesundheitsreform, die in den vergangenen Wochen für politischen Aufruhr sorgte. Die Ärztekammer lief Sturm gegen die von Rauch anvisierte Beschneidung ihrer Mitbestimmungsrechte - und drohte mit einer zehn Millionen Euro teuren Gegenkampagne.

Mehrere Abmilderungen

Der Protest zeigte offenbar Wirkung. Wie der STANDARD aus dem Gesundheitsministerium erfuhr, ist die Regierung der Kammer auf dem letzten Drücker entgegen gekommen. Die Idee, dass Ärzte statt eines konkreten Arzneimittels künftig nur mehr einen Wirkstoff verschreiben soll, wurde wieder ad acta gelegt. Entgegen Rauchs Plänen wird die Gesundheitskasse (ÖGK) auch künftig keine Einzelverträge mit Ärzten abschließen können; am mit der Kammer vereinbarten Gesamtvertrag führt kein Weg vorbei. Die ÖGK-Vertreter hatten gehofft, auf diese Weise ohne Einigung mit der Interessensvertretung alternative Angebote zur klassischen Arztpraxis durchsetzen zu können.

Gestrichen wurde auch ein Drohszenario, um bei der Kammer einen Gesamtvertrag mit österreichweit einheitlichen Tarifen durchzusetzen. Sollte dieser bis Ende 2025 nicht ausverhandelt sein, wollte der Bund die Honorare für die Ärzte einfrieren. Das ist nun nicht mehr geplant.

Durchgebracht hat Gesundheitsminister Johannes Rauch hingegen etwas, das er für einen Knackpunkt hält: Die Ärztekammer verliert Vetomöglichkeiten. Gegen die Stellenpläne zur Verteilung des ärztlichen Angebots im Land und gegen die Errichtung von Ambulatorien kann sie nun nicht mehr sperren.

Geld mit Mascherl

Konfliktreich war auch das Feilschen ums große Ganze des Finanzausgleichs verlaufen, allerdings war bereits im Oktober eine Einigung auf die Grundzüge gelungen. Zwar bleibt der Verteilungsschlüssel der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – 68 zu 20 zu zwölf Prozent – entgegen den Forderungen letzterer beider Gebietskörperschaften gleich. Jedoch hat sich die Bundesregierung zu stattlichen Extrazahlungen verpflichtet.

Konkret werden Länder und Gemeinden pro Jahr um 2,4 Milliarden Euro mehr als bisher erhalten; inklusive Extrazahlungen an die Sozialversicherung für den Ausbau der ärztlichen Versorgung und für die Pflegereform summiert sich der Mehraufwand auf 3,4 Milliarden Euro. Gemäß dem inoffiziellen Motto "kein Geld ohne Mascherl" sollen die Mittel aber nicht bedingungslos fließen: Zwei Drittel sind laut Darstellung der Regierung an konkrete Ziele geknüpft.

Das gilt vor allem für den "Zukunftsfonds", auf den 1,1 Milliarden Euro der Gesamtsumme entfallen. Dieses Geld soll in drei Bereiche investiert werden:

In der Mitte und am Ende der Finanzausgleichsperiode soll der Fortschritt evaluiert werden. Sanktionen sind im Fall verfehlter Ziele allerdings nicht vorgesehen. Dafür ist ein Mechanismus gegen Geldverschwendung geplant. Bei neuen Förderungen sei nun verpflichtend zu prüfen, welche Subventionen es in diesem Bereich bereits gibt, lässt das Bundeskanzleramt wissen.

Die von Rauch betriebene Gesundheitsreform inkludiert auch Investitionen. Diese sollen unter anderem eine umfassendere ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich, verbesserte Leistungen in den Spitälern, einen Fokus auf Telemedizin und andere digitale Angebote sowie die Fortsetzung und den Ausbau der Pflegereform bringen. Durchschnittlich sind für diese Zwecke zusätzlich 2,8 Milliarden pro Jahr veranschlagt.

All das will die Regierung am Mittwoch im Ministerrat beschließen und noch am selben Tag im Nationalrat einbringen. Der finale Beschluss ist für Dezember geplant. (Gerald John, APA, 21.11.2023)