Die Jungs von
Die Jungs von Echt:Gunnar Astrup,Andreas "Puffi" Puffpaff, Kim Frank, Florian "Flo" Sump undKai Fischer.
Foto: SWR/Mathias Bothor

Als er noch jung war, seien Echt eine seiner absoluten Lieblingsbands gewesen, schwärmte Jan Böhmermann vergangenen Freitag gegen Ende von ZDF Magazin Royale, die Band habe der Welt "einen Sack voller Hits hinterlassen". Um gleich darauf den Echt-Song Du trägst keine Liebe in Dir anzustimmen. Und dann, Überraschung, bekommt Echt-Sänger Kim Frank seine Bühne und erinnert auch an weitere Songs wie die Rio-Reiser-Coverversion Junimond oder Weinst Du.

Für manche ein echter Gänsehautmoment, Textzeilen wie Sag mal, weinst du / Oder ist das der Regen, der von deiner Nasenspitze tropft? haben sich in ein kollektives Gedächtnis eingebrannt. Zumindest bei vielen, die in den 90er-Jahren mit "Bravo", MTV und Viva groß wurden. Sein Besuch bei Jan Böhmermann ist Franks erster Auftritt nach dem Ende der Band vor mehr als 20 Jahren. Und dieser Auftritt ist freilich auch Promotion für eine neue ARD-Doku über die Band, drei Teile von Echt – Unsere Jugend. Eine dokumentarische Coming-of-Age-Trilogie sind seit Freitag in der ARD-Mediathek abrufbar.

240 Stunden Archivmaterial

Produziert wurde die Doku von Echt-Sänger Kim Frank himself, er dreht seit Jahren für Musikvideos, war mit einem Spielfilm (Wach) auch für den Grimme-Preis nominiert. 240 Stunden Filmmaterial, die die Echt-Buben selbst während ihrer rund vier Jahre Bandgeschichte ab 1998 aufgenommen haben, standen ihm zur Verfügung. Keine leichte Aufgabe, daraus eine Dokureihe zu destillieren. "Wir waren eine Band, die vielen Menschen viel bedeutet hat", sagt er zu Beginn, "aber keinem hat sie so viel bedeutet wie uns, denn es war die aufregendste Zeit unseres Lebens."

ECHT – Unsere Jugend | TRAILER
ARD

Und diese aufregende Zeit begann für die fünf Jungs aus Flensburg als klassische Schülerband. Später bei ihrem ersten Auftritt für Bravo TV waren Kim, Kai, Flo, Gunnar und Puffi zwischen 15 und 17 Jahre alt. Buben also, mitten in der Pubertät, mit vielen Pickeln (die sie offenbar damals ziemlich beschäftigt haben), ersten Räuschen, nicht wenigen Joints, kreischenden Mädchen und auch ersten Verkaufserfolgen, die dazu führten, dass sie die Schule schmissen um sich voll und ganz auf ihre Band und ihre Musik zu konzentrierten.

Die Kamera ist immer on, auch im Whirlpool mit Masturbationsgeschichten.
Foto: SWR/Echt

Keine Castingband

Gespeist wurde dieser Erfolg von zahlreichen TV-Auftritten, sie nahmen alles, was sie kriegen konnten – ganz oft Bravo TV, auch MTV und Viva. Klar, Social Media gab es nicht. Schon damals haderten sie mit ihrem Image einer Boygroup, stand der Ausdruck doch für zusammengewürfelte Castingbands, die die langjährigen Freunde nie waren. Immer wieder kommt durch, wie sehr sie sich wünschten, als ernsthafte Band wahrgenommen zu werden, nicht nur als "Teenie-Band" gesehen zu werden.

Echt - Du trägst keine Liebe in dir (ZDF-Fernsehgarten 05.09.1999)
Thomas Nobel

Dass die Dokureihe keine allzu kitschig-nostalgische Retro-Zeitreise in Richtung 90er-Jahre wird, liegt auch Kim Franks ziemlich gescheiter Auswahl und seiner Einordnung, die mit Kritik am Musikbusiness (zum Beispiel ihr Kampf gegen Playback-Auftritte oder fatale Management-Entscheidungen) und auch an Medien nicht spart. Erhellend ist etwa eine Szene, als Harald Schmidt Frank in der ersten Sendung nach dem 11. September 2001 auflaufen lässt wegen eines Sagers über die Taliban und die "Bild"-Zeitung daraufhin fragt: "Wie dumm darf ein Popstar sein?" Oder auch, wie seine Beziehung zur damaligen Viva- und dann Bravo-TV-Moderatorin Enie van de Meiklokjes öffentlich abgehandelt wurde.

Kim Frank mit Platzwunde nach einem Flaschenwurf auf die Bühne.
Kim Frank mit Platzwunde nach einem Flaschenwurf auf die Bühne.
Foto: SWR, Echt

Identitätskrisen und psychische Probleme

Der Doku kommt auch zugute, dass die Echt-Buben schon damals während ihrer größten Erfolge – ihr Album Freischwimmer landete auf Platz eins – einzeln befragt wurden. Dieses Material war bisher nicht zu sehen. Und schon damals sprachen sie offen über Identitätskrisen, fehlende Kommunikation untereinander, Panikattacken. Und auch darüber, dass vor allem Frontman Kim Frank im Mittelpunkt steht. Für ihr drittes Album Recorder schrieben sie erstmals ihre Songs selbst, das Album floppte, die Tournee ebenso. Das war dann das Ende von Echt, 2002 gaben sie ihre Trennung bekannt. Freunde sind sie bis heute. (Astrid Ebenführer, 24.11.2023)