Christian Kern mit Sakko.
Christian Kern ist Aufsichtsratschef eines deutschen Glasherstellers für die Solarindustrie.
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Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) rechnet in einem Gastkommentar in der deutschen Zeitung "Bild" mit der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Lage Deutschlands ab. "Ich sehe die Entwicklung in Deutschland mit großem Bedauern – als Ex-Politiker und als Aufsichtsratschef eines hoch spezialisierten deutschen Unternehmens. Man hat das Gefühl, dass die Deutschen nicht nur das Fußballspielen verlernt haben", schreibt Kern, der derzeit Aufsichtsratschef bei einem deutschen Glashersteller für die Solarindustrie ist. Deutschland stehe, so Kern, selbst verschuldet an der Schwelle zur schleichenden Deindustrialisierung.

"Man hätte über mehr als ein Jahrzehnt zu besten Zinskonditionen das Land und seine Infrastruktur bei Verkehr, Bahn, Telekommunikation und Bildung zukunftsfähig machen können. Das ist nicht geschehen und sollte nun auf einen Schlag nachgeholt werden. Offensichtlich scheitert das gerade grandios. Es scheint, als seien alle Sicherungen durchgebrannt: Die Zukunftschancen und Zukunftsjobs werden verspielt", heißt es im Gastbeitrag weiter. Kern war selbst sechs Jahre Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).

Deutschland fehlen 60 Milliarden

Für den ehemaligen Parteivorsitzenden der SPÖ ist Deutschlands Finanzkrise aber nicht nur ein "deutsches Problem". "Wer in Europa glaubt, das sei nur ein deutsches Problem, der irrt gewaltig: Das deutsche Problem ist ein Europa-Problem. Deutschland ist die Lokomotive, die nicht ausfallen darf!", so Kern im Bild-Gastbeitrag.

Mitte November kippte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den von der Ampel kurz nach ihrem Amtsantritt eingebrachten Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 und beschied: 60 Milliarden Euro an nicht benötigten Kreditoptionen aus einem "alten" Corona-Topf hätte die Ampel nicht einfach in einen Klimafonds umbuchen dürfen, weil ein solches Vorgehen nicht mit dem Grundgesetz gedeckt ist. Das heißt: Der deutschen Regierung fehlen 60 Milliarden Euro. Diese Woche hat der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärt, die Schuldenbremse im Jahr 2023 nachträglich auszusetzen und einen Nachtragshaushalt vorzulegen. (red, 26.11.2023)