Sie ist vierzehn Jahre alt und wäre gerne wie andere Mädchen, vor allem schön. Doch Arielle hat kaum Haare auf dem Kopf, nur wenige Zähne und kann auch im heißen Sommer nicht schwitzen. Ihre Erbkrankheit liefert nicht die besten Voraussetzungen für eine Karriere als Influencerin. Auch wenn sie selbst kein Profil hat, bestimmt Instagram auch ihr Leben. Die beste Freundin etwa retuschiert "Ari" aus den gemeinsamen Selfies heraus, um mehr Likes für ihre Bilder im Netz zu bekommen.

Die Protagonistin von Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art, dem ersten Roman des Salzburger Autors Matthias Gruber, hat nicht nur mit Schönheitsidealen und dem Druck in sozialen Medien zu kämpfen. Die Probleme ihrer Eltern lasten ebenso auf ihr: Ihre labile Mutter lebt zurückgezogen und macht ihr Glück vom Erfolg als Frischeberaterin in einem Pyramidensystem abhängig. Ihr Vater ist auf dem Schrottplatz und in Wohnungen von Verstorbenen auf der Suche nach Kryptowährungen auf weggeworfenen Festplatten, um die Familie durchzubringen.

Matthias Gruber, "Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art". € 24,– / 366 Seiten. Jung & Jung, Salzburg 2023
Jung und Jung

Arielle stöbert auf den Festplatten in den Leben anderer Menschen herum und stößt dabei auf einem entsorgten Handy auf die Fotos von Pauline. Das unbekannte Mädchen bietet ihr die Chance, selbst am Aufmerksamkeitsmarkt der sozialen Medien mitzumischen.

Matthias Gruber ist ein mitreißender Debütroman gelungen, den man aufgrund der klaren Sprache, die Bilder im Kopf entstehen lässt, verschlingt. Der Autor ist in Salzburg kein Unbekannter: Mit seiner Frau Eva Krallinger gründete er das junge Stadtmagazin fraeuleinflora.at. Sein erster Roman berührt, wobei das Nichtgesagte teilweise am heftigsten nachhallt. Ein Coming-of-Age-Roman aus der Perspektive eines Mädchens am Rande der nur auf Likes ausgerichteten Social-Media-Gesellschaft. Ari versucht durch Oberflächlichkeit, ein Teil davon zu werden, findet aber erst durch ihre Einzigartigkeit wirklich zu sich. (Stefanie Ruep, 12.12.2023)