Von links nach rechts: CSO Alexander Valtingojer und CEO Sean Sanders von Altify
Alexander Valtingojer (links) schließt sich ab sofort mit Coinpanion der Altify-Gruppe von Sean Sanders (rechts) an.
Altify

Das österreichische Krypto-Start-up Coinpanion ist bald Geschichte: Es schließt sich einer neuen Plattform namens Altify an, die über herkömmliche Krypto-Investments hinausgehen will. Mit dem Ziel, alternative Anlageformen für jedermann zu ermöglichen, sollen Kundinnen und Kunden künftig auch in Privatkredite, Immobilien und Risikokapital investieren können.

Altify ist aus dem Zusammenschluss von Coinpanion, Revix und Bitfund entstanden und verwaltet derzeit eine Community von mehr als 80.000 Investoren mit einem Kapital von 250 Millionen US-Dollar. Geleitet wird Altify von Sean Sanders, dem ehemaligen CEO von Revix. Alexander Valtingojer, ehemaliger CEO von Coinpanion, ist nun CSO von Altify und soll die Expansion der Gruppe in der EU vorantreiben. Was das für bestehende Coinpanion-Kunden bedeutet und welche Vision hinter Altify steckt, erklären die beiden im STANDARD-Interview.

STANDARD: Wie kam es zu dieser Allianz? Wie lernten sich Coinpanion und Revix.com kennen?

Valtingojer: Ich habe vor einiger Zeit bei einer Veranstaltung einen der Investoren von Revix kennengelernt und ihn gebeten, mich mit dem Management zu verbinden. Kurze Zeit später wurden Sean und ich einander vorgestellt und hatten ein sehr interessantes Gespräch. Ich würde sagen, wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, sofort eine gute Verbindung gespürt – und erkannt, dass sich unsere Geschäfte bemerkenswert ähneln: angefangen bei den Produkten, die wir anbieten, bis hin zur Programmiersprache und der Infrastruktur, die wir verwenden. Die Frage "Macht es Sinn, zusammenzuarbeiten?" beantwortete sich nach ein paar Gesprächen von selbst. Da haben wir auch gesehen, dass der Zusammenschluss zu Altify eine Win-win-Situation für alle Beteiligten ist.

STANDARD: Ist Altify ein Dach für Revix, Coinpanion und Bitfund oder soll es diese mittel- bis langfristig komplett ersetzen?

Sanders: Revix wurde tatsächlich in Altify umbenannt, Coinpanion und Bitfund haben sich der Gruppe angeschlossen. Wir werden auch versuchen, weitere Plattformen in die Gruppe zu integrieren: Wir sind derzeit in Kontakt mit verschiedenen anderen Investmentplattformen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Großbritannien und Europa, um sie in die Gruppe zu integrieren. Der Hauptgrund dafür ist, dass wir nicht nur mit Kryptowährungen in Verbindung gebracht werden wollen. Kryptowährungen sind unsere Ursprungsgeschichte und werden auch in Zukunft ein Teil unseres Angebots sein, aber wir wollen auch andere alternative Anlageformen anbieten.

Valtingojer: Am Beispiel von Bitpanda kann man sehr gut nachvollziehen, warum wir mit Altify einen neuen Weg gehen wollen. Das Unternehmen hat in den letzten zwei Jahren versucht, sein Angebot auf andere Anlageklassen und verschiedene Produkte rund um traditionelle Wertpapiere auszuweiten. Aber wenn man über Bitpanda spricht, ist es in der öffentlichen Wahrnehmung für die meisten Menschen immer noch eine Investitionsplattform für Kryptowährungen. Bei Altify haben wir intern bewusst die Diskussion geführt, ob es Sinn macht, einen der Namen zu behalten, die in der Öffentlichkeit als Krypto-Unternehmen wahrgenommen werden. Letztendlich haben wir aber entschieden, dass es mehr Sinn macht, eine neue Richtung einzuschlagen. Das gibt uns die Möglichkeit, das Bild in der Öffentlichkeit anders zu gestalten.

STANDARD: Ist Altify in gewisser Weise also eine Abkehr von der Kryptowelt?

Sanders: Wir werden uns den Markt für alternative Investments genau anschauen. Sowohl Coinpanion als auch Revix konzentrieren sich darauf, ETF-ähnliche Investmentprodukte in Kryptowährungen anzubieten, sodass es wirklich einfach ist, in Kryptowährungen zu investieren, so wie man es bei Aktien auch tun kann. Der durchschnittliche Anleger investiert nach wie vor kaum oder gar nicht in alternative Anlageformen. Wenn man zum Beispiel an Privatkredite, Immobilien oder Risikokapital denkt – und das sind nur einige der alternativen Anlagen –, dann ist das für den Normalbürger völlig uninteressant. Warum ist das so? Diese Anlageklassen machen den Großteil der Portfolios wohlhabender und institutioneller Anleger aus. Was wir bei Altify also versuchen, ist, die Psychologie der Anleger und die Zugänglichkeit bestimmter Anlageklassen zu verändern. Kryptowährungen werden weiterhin eine Anlageform sein, aber nur eine von vielen.

STANDARD: Wo steht Altify jetzt schon, und wohin wird es sich entwickeln? Können Sie Ihre Vision kurz skizzieren?

Sanders: Wir wollen den Zugang zu alternativen Anlageformen demokratisieren und Privatanlegern auch mit kleinen Investitionssummen den Zugang zu einem breiten Investmentangebot ermöglichen. Es gibt bereits eine Vielzahl kleinerer Plattformen, die Zugang zu bestimmten Angeboten bieten. Was heute aber wirklich fehlt, ist ein ausgefeiltes Investmentangebot, das diese Angebote unter einem Dach vereint. Wichtig ist aber auch, diese alternativen Anlagen von den bisherigen Hürden und dem Fachjargon zu befreien und für jedermann zugänglich zu machen. Das ist die große Vision. Wir glauben, dass sich damit für den Normalbürger Möglichkeiten der Vermögensbildung eröffnen, Alternativen zum Aktienmarkt, die sonst nur einer sehr vermögenden Klientel vorbehalten sind.

Valtingojer: Es gibt viele Studien, die zeigen, dass das traditionelle 60/40-Verhältnis eines Portfolios, bei dem 60 Prozent in Aktien und 40 Prozent in Anleihen investiert werden, überholt ist. Das war und ist für viele Anleger die Norm, es ist aber überholt. Das wollen wir als Altify ändern. So wie Kryptowährungen als erste öffentliche alternative Anlage gesehen werden können, die in der Lage war, die Sichtweise auf dieses Verhältnis zu durchbrechen, glauben wir, dass wir das weiter vorantreiben können, um im Grunde das gesamte Spektrum an Anlagemöglichkeiten zu öffnen.

STANDARD: Was bedeutet Altify für Coinpanion im Allgemeinen und für die bestehenden Kunden im Besonderen?

Valtingojer: Für die Kunden von Coinpanion wird der Übergang zu Altify nahtlos sein. Sobald Altify am 18. Dezember online geht, kann der bestehende Kundenstamm über Altify auf sein Portfolio zugreifen, so wie er es zuvor bei Coinpanion getan hat. Die Kundinnen und Kunden müssen dafür nichts unternehmen. Wichtiger für sie ist jedoch, dass sie in dem Moment, in dem Coinpanion Teil von Altify wird, von zahlreichen Vorteilen profitieren werden. Aktuell ist die Coinpanion-Plattform limitiert auf eine kleine Auswahl von ETF-ähnlichen Anlagen. Mit Altify wird unser Angebot aber massiv erweitert: Es wird von Anfang an auch eine breite Auswahl an Einzelanlagen geben, wie zum Beispiel die Möglichkeit, Bitcoin, Ethereum und andere Kryptowährungen einzeln zu kaufen. Die Kundinnen und Kunden profitieren zudem von besseren Konditionen, da Revix in den letzten Jahren einen speziellen Algorithmus entwickelt hat, um die besten Preise an verschiedenen Börsen zu erhalten.

STANDARD: Wäre es zu weit hergeholt zu behaupten, dass sich Altify zumindest in Österreich als Konkurrent von Bitpanda positionieren könnte?

Valtingojer: Bis zu einem gewissen Grad gibt es im Investmentbereich immer Wettbewerb, auch wenn Altify sich mehr auf EFT-ähnliche Kryptoprodukte und die Demokratisierung von alternativen Investments für seine Kunden konzentriert, während Bitpanda sich aktuell noch auf einzelne Kryptowährungen und traditionelle Wertpapiere wie Aktien konzentriert. Der Unterschied kann jedoch auch anders formuliert werden: Bitpanda erfindet die traditionellen Finanzmärkte neu, also so wie sie aussehen würden, wenn sie im 21. Jahrhundert erfunden worden wären. Das bedeutet, dass viele Vorteile der Kryptowährung wie zum Beispiel 24/7-Handel auf die traditionellen Märkte übertragen werden. Altify hingegen geht in eine etwas andere Richtung: Wir wollen Vermögenswerte demokratisieren, die bisher nicht allen Kunden zur Verfügung standen.

STANDARD: Welche regulatorischen Herausforderungen erwarten Sie bei der Expansion in verschiedene Märkte, und wie bereitet sich Altify darauf vor?

Sanders: In Europa bereiten wir uns aktuell auf die kommende MiCA-Regulierung vor und sind bereits gut gerüstet. Schon heute betreiben wir einen registrierten VASP, heißt Kryptodienstleister, in der Europäischen Union und in Südafrika sind wir zudem als traditioneller Wertpapierhändler und Fondsmanager voll reguliert. Weiters warten wir gerade auf die erstmalige Ausgabe einer Krypto-Asset-Service-Provider-Lizenz in Südafrika. Aktuell gibt es in Südafrika ähnlich wie in Europa noch keine einheitliche Lizenz. Diese kommt nun ebenfalls wie MiCA, und wir werden einer der Ersten sein, die diese erhalten. Für Europa brauchen wir noch entsprechende Lizenzen, um zukünftig alternative Anlageprodukte anbieten zu können. Hier sind wir aktuell noch auf Kryptowährungen limitiert. Eine entsprechende Lizenz ist für uns der nächste große Schritt. Eine Lizenz ist hier auch insbesondere in der Zusammenarbeit mit klassischen Finanzinstitutionen entscheidend.

STANDARD: Altify will eine jüngere Zielgruppe ansprechen, vor allem Anleger zwischen 25 und 50 Jahren. Mit welchen Strategien wollen Sie diese Zielgruppe ansprechen?

Sanders: In der Vergangenheit haben wir eine Mischung aus klassischem Marketing- und Bildungsansatz verwendet. Einerseits teilen Menschen, denen unser Produkt gefällt, ihre Erfahrungen mit Freunden. Wir haben für sie ein Belohnungsprogramm entwickelt, das Anreize zum Weiterempfehlen bietet. Zum anderen versuchen wir, Bildungsangebote zu den Investments zu forcieren – das kann über ein bezahltes Advertorial, über Podcasts oder bezahlte Inhalte in den sozialen Medien geschehen. In erster Linie wollen wir die Kundinnen und Kunden über das Thema informieren, es dann aber auch mit unserem Angebot verknüpfen.

STANDARD: Inwieweit werden technologische Innovationen bei den Angeboten von Altify eine Rolle spielen, und gibt es konkrete Entwicklungen, über die Sie bereits berichten können?

Sanders: Diese Frage können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten. Anfang nächsten Jahres werden wir einige Innovationen ankündigen können. Ein großer Bereich, auf den wir uns technologisch konzentrieren werden, ist die Tokenisierung. Mit unserer Vision im Hinterkopf wird es wichtig sein, dass zum Beispiel ein Risikokapitalfonds oder ein Immobilieninvestitionsprojekt in Token umgewandelt wird und diese dann unseren Kundinnen und Kunden angeboten werden können. Eine der größten Chancen dafür sehen wir in Europa, weil Europa mit MiCA nicht nur regulatorisch führend ist – es gibt bereits viele Unternehmen, die an der Tokenisierung ihrer verschiedenen Fonds arbeiten. Das ist sozusagen eine Nische, in der wir uns bewegen werden.

Wir würden auch gerne etwas im Zusammenhang mit KI starten und arbeiten bereits im Hintergrund an Funktionen. Chatbots können die Art und Weise, wie Kunden mit Plattformen interagieren, bereits völlig verändern. Der nächste Schritt wäre, mit einem Chatbot zu sprechen, fast wie mit einem persönlichen Anlageberater. Man muss ihn nicht unbedingt um Rat fragen, das wird wohl erst in ferner Zukunft der Fall sein. Aber es ist durchaus denkbar, den Bot zu bitten, einen Trade auszuführen oder ein Performance-Update zu geben. (Benjamin Brandtner, 1.12.2023)