Der Obmann der Metalltechnischen Industrie in der Wirtschaftskammer Christian Knill und Chefverhandler Stefan Ehrlich-Adám. 
Der Obmann der Metalltechnischen Industrie in der Wirtschaftskammer Christian Knill und Chefverhandler EVVA-Chef Stefan Ehrlich-Adám.
APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Acht Verhandlungsrunden und 24-Stunden-Streiks in mehr als hundert Unternehmen der Metallindustrie haben sich aus Sicht der Gewerkschaft gelohnt: Die Löhne und Gehälter von 137.000 Beschäftigten in der Maschinen- und Metallwarenindustrie werden rückwirkend mit 1. November um bis zu zehn Prozent erhöht. Das ist erheblich mehr, als in den vorangegangenen Metallerrunden seit Anfang Oktober jemals im Gespräch war.

Allerdings wird ein Deckel eingezogen: Die Bruttobezüge dürfen nicht mehr als um 400 Euro pro Monat steigen. Das trifft weit mehr als die Hälfte der Industrieangestellten, ihre Gehaltserhöhungen bleiben unter der für die Metaller maßgeblichen Inflationsrate von 9,7 Prozent.

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Das gaben der Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie und Arbeitgeberchefverhandler Stefan Ehrlich-Adám am Abend in der Wirtschaftskammer bekannt.

Erstmals gibt es eine Vereinbarung für zwei Jahre. 2023/24 steigen Löhne und Gehälter um zehn Prozent, maximal jedoch um 400 Euro pro Monat. Das bedeute im Durchschnitt aller Beschäftigungsgruppen in der Metalltechnischen Industrie ein Plus von 8,6 Prozent, rechneten die Arbeitgeber vor.

Zweijahresabschluss fixiert

Darüber hinaus steht auch der Abschluss 2024/25 in den Grundzügen fest: Die Lohn- und Gehaltserhöhung wird auf Basis des Durchschnittsverbraucherpreisindex (VPI) im maßgeblichen Zeitraum vorgenommen plus einem Aufschlag von einem Prozent. Das sollte die maßvolle Steigerung bei den Angestelltenbezügen heuer mehr als ausgleichen, denn nächstes Jahr gibt es keine Deckelung mehr.

"Der Deckel heuer erfordert in hohem Maße Solidarität seitens der Besserverdiener", appellierte der für die Industrieangestellten zuständige GPA-Bundesgeschäftsführer Karl Dürtscher. "Dieser Abschluss tut manchen weh, aber es ist ein herzeigbarer Abschluss." Man habe die von der Industrie vehement geforderten Einmalzahlungen abgewehrt.

Wette auf die Inflation

Für die Arbeitgeber stellt der Zweijahresabschluss in gewisser Weise eine Wette dar. Bleibt die Inflation hoch – aktuell hält der VPI noch immer bei 5,4 Prozent, das ist deutlich mehr als im Durchschnitt der Euroländer –, ist die volle Inflationsabgeltung in Stein gemeißelt. Sinkt die Inflation, hält sich die Belastung in Grenzen. Für Fachverbandsobmann Knill ist der Vorteil an dieser Regelung: Der Lohnkostenauftrieb ist bis zu einem gewissen Maß kalkulierbar.

Die Kehrtwendung hin zu diesem gemessen an bisherigen Vorschlägen hohen Abschluss erklärte Knill so: Man habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass man mit 2,5 Prozent plus Fixbeträgen und Einmalzahlungen in diesem Umfeld nicht durchkomme. Mit diesem Umfeld ist die Regierung gemeint, die nicht einmal bei hohen Pensionen und Beamtenbezügen die von ihr selbst vorgeschlagenen Einmalzahlungen zum Einsatz brachte. Der hohe Abschluss der Metaller schwäche nun die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie.

Freizeit statt Prozente?

Als Innovation pries man die sogenannte Wettbewerbssicherungsklausel für Betriebe mit hoher Personalkostenbelastung. Deren Modalitäten stehen im Detail zwar noch nicht fest, aber die Klausel ermögliche es, bis zu drei Prozent der Erhöhung als Einmalzahlung oder in Form von Freizeit auszuzahlen. Das soll dem Mittelstand helfen, der unter den stark gestiegenen Lohnstückkosten leide, sagte EVVA-Chef Ehrlich-Adám.

Der Abschluss im größten Metallfachverband, der Metalltechnischen Industrie, darf als richtungsweisend für die gesamte Metallindustrie betrachtet werden. Die nachfolgenden Verhandlungen der Branchen Bergbau/Stahl, Nicht-Eisen-Metalle, Gas/Wärme waren quasi eine Formsache, auch hier machten Arbeitgeber und Gewerkschaft am Donnerstag den Sack zu.

Noch nicht alle an Bord

Am Freitag folgen die ultimativen Lohnrunden in Gießerei- und Fahrzeugindustrie, bei denen die nun teils doch über der für die Metaller maßgeblichen Inflationsrate von 9,7 Prozent liegende Abschluss der Metallverarbeitungsindustrie angesichts der konjunkturell angespannten Lage noch zu Diskussionen führen könnte. Hier dürfte die oben genannte Härtefallregelung mit Ausnahmen für Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ebenfalls großes Thema sein. Denn bei den Gießereien belaufen sich die Personalkosten auf rund 40 Prozent, in der Stahlindustrie sind es hingegen rund 15 Prozent.

Lob für die Sozialpartner in der Metallindustrie kam von Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr. Er meinte in der "ZiB 2": "Das ist wirklich ein guter Abschluss." Beide Seiten hätten sich auf Neues eingelassen und "Innovationskraft" bewiesen, die Flexibilitätsklausel sei eine gute Sache. "Das war ein ganz wichtiges Signal, dass unsere Sozialpartnerschaft noch funktioniert", so der Ökonom. (Luise Ungerboeck, 30.11.2023)