Rathaus Wien
Am 1. Dezember ist Welt-Aids-Tag. Diese Aufnahme aus Wien stammt vom 1. Dezember 2022.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – ÖVP, SPÖ, Neos und die Grünen wollen, dass der Zugang zur HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) kostenlos wird. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das von HIV-negativen Personen, die erhöhtem Risiko einer Ansteckung ausgesetzt sind, vorbeugend eingenommen wird. Zudem soll das Test- und Beratungsangebot ausgebaut werden, heißt es in dem der APA vorliegenden Entschließungsantrag, der von den vier Parteien im nächsten Plenum eingebracht wird. Am Freitag ist Welt-Aids-Tag.

Bei richtiger Einnahme verringert die PrEP das Risiko, sich mit dem HI-Virus zu infizieren, um 99 Prozent und ist damit gleich sicher wie das Kondom. Im günstigsten Fall kostet die Einnahme derzeit 46 Euro pro Monat, dazu kommen oftmals privat zu finanzierende Untersuchungen bei einem HIV-Spezialisten oder einer -Spezialistin.

Kosten

"Wirksame HIV-Prävention darf niemals vom Geldtascherl abhängen – sexuelle Gesundheit ist immer eine soziale Frage", sagte SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner am Freitag zur APA. Aktuell seien es laut Antrag in Österreich rund 2.300 Personen, die mit der Einnahme von PrEP zumindest begonnen hätten. Um das Medikament zu bekommen, sind immer eine ausführliche Beratung sowie eine Reihe an Tests im Vorfeld und während der Einnahme notwendig.

Die Kostenerstattung für die PrEP ist den Parteien zufolge auch kosteneinsparend. Laut einer Euro-Surveillance-Analyse betragen die Jahreskosten der PrEP-Versorgung einer Person in Deutschland durchschnittlich 824 Euro, dem gegenübergestellt belaufen sich die Kosten der Versorgung einer HIV-positiven Person – bezogen rein auf die medikamentöse Versorgung ohne etwaige stationäre Aufenthalte, sonstige Therapien et cetera – auf 17.016 Euro.

Der Vergleich internationaler Studien und Forschungsarbeiten zeigt außerdem, dass eine Kostenerstattung der PrEP keine Änderung des Sexualverhaltens und keine Zunahme der sexuell übertragbaren Infektionen mit sich bringt. "Mit der niederschwelligen Möglichkeit zur Prä-Expositions-Prophylaxe kann die Ausbreitung der HIV-Infektion nun weiter eingedämmt werden. Als Gesundheitssprecher und als Arzt begrüße ich diese Maßnahme – zum Schutz der Risikogruppen und zum Schutz der Gesamtbevölkerung", betonte ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle. Vor allem für die LGBTIQ-Community sei die kostenlose PrEP ein "Durchbruch", betonte die grüne Menschenrechtssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic.

Neben dem niederschwelligen und kostenfreien Zugang zur PrEP fordern ÖVP, SPÖ, Neos und Grüne in dem Entschließungsantrag auch, den Zugang zu Test-, Beratungs- und Behandlungsangeboten im Kontext der sexuellen Gesundheit zu verbessern und kostenfreie Testungen auf sexuell übertragbare Krankheiten sicherzustellen. Besonders sei dies in den Bundesländern gefragt, wo es nach wie vor große regionale Unterschiede gebe. "Offen ist dann klarerweise die Ausgestaltung, aber wenn wir damit die Verbreitung von so folgenschweren Krankheiten wie HIV eindämmen können, ist schon ein guter Anfang gesetzt", so Neos-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler.

473 HIV-Neudiagnosen im vergangenen Jahr

Laut der Österreichischen Aids-Gesellschaft wurden allein im vergangenen Jahr österreichweit 473 HIV-Neudiagnosen gestellt. Pro Jahr seien es durchschnittlich zwischen 300 und 400 Neudiagnosen.

Am 1. Dezember, dem Welt-Aids-Tag, wird jährlich Aufmerksamkeit auf die Immunschwächekrankheit gelenkt, die durch das HI-Virus ausgelöst wird. 1,3 Millionen Neuinfektionen weltweit gab es im Vorjahr laut dem Uno-Programm UNAIDS, circa 39 Millionen Menschen leben mit HIV. In Österreich sind es geschätzt 8.000 bis 8.600 Betroffene. HIV ist mittlerweile gut therapierbar, sodass Aids nicht im Körper ausbricht und die Behandelten nicht ansteckend sind.

Diskriminierung und Stigmatisierung

Dennoch gibt es noch viel Diskriminierung und Stigmatisierung, auch hierzulande. 21 Prozent meinen, dass HIV-Positive eine Gefahr für die Gesellschaft sind, zeigte eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Pharmakonzerns Gilead. Fast ein Drittel (31 Prozent) der 1.000 befragten Österreicherinnen und Österreicher glaubt fälschlich, dass HIV über einen Kuss übertragbar ist. 13 Prozent nehmen dies auch für Insektenstiche an, und immerhin noch zwölf beziehungsweise zehn Prozent fürchten zu Unrecht eine Ansteckung über die gemeinsame Benützung von Geschirr beziehungsweise von Toiletten. HIV ist dabei in erster Linie eine sexuell übertragbare Infektion, einfachsten Schutz bieten Kondome.

Am Freitag wird die Fassade des Parlamentsgebäudes in Wien mit dem Red Ribbon angestrahlt. Außerdem kann noch einmal Life-Ball-Luft geschnuppert werden. 2019 hatte Gery Keszler das Aus des Charity-Events verkündet. Anlässlich seines 60. Geburtstages und weil vor 30 Jahren der erste Life Ball stattgefunden hat, wird am diesjährigen Welt-Aids-Tag im Wiener Palais Auersperg noch einmal der bunte Event auferstehen. Zunächst feiert Keszler seinen Geburtstag mit geladenen Gästen, danach geht die Hommage 30 Jahre Life Ball über die Bühne. (APA, 1.12.2023)