Millionenhonorare: Alfred Gusenbauer, Sebastian Kurz und René Benko bei der Eröffnung des Signa-Hotels Park Hyatt in Wien im Jahr 2014.
Millionenhonorare: Alfred Gusenbauer, Sebastian Kurz und René Benko bei der Eröffnung des Signa-Hotels Park Hyatt in Wien im Jahr 2014.
imago/SKATA

Es gibt wahrlich glücklichere Investitionsentscheidungen. Gerade einmal zwei Monate bevor die Signa Holding Insolvenz anmeldete, soll ein unbekannter Investor ausländischer Herkunft hundert Millionen Euro ins Unternehmen gesteckt haben. Jetzt darf er wohl darauf hoffen, einen Teil seines Kapitals aus der Insolvenzmasse wiederzubekommen.

Woher man das weiß? Von jener Person, die den Investitionsdeal im Auftrag der Signa angeblich eingefädelt hat: Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP), 37 Jahre alt, inzwischen Unternehmensberater. Kurz’ Firma SK Management GmbH vermittelte Investoren an die Signa. Dafür verrechnete man dem Konzern auch Provisionen. Laut APA und "Kurier" soll die Signa dem Altkanzler rund 2,4 Millionen Euro Erfolgshonorar versprochen haben, wovon bisher nur eine Dreiviertelmillion beglichen worden sei. Deshalb zähle auch Kurz zu den Gläubigern in der Signa-Pleite, wie es zunächst hieß.

Kurz arbeitete für Signa-Subfirma

Auf der Liste der Gläubiger, die die Signa Holding dem Insolvenzverwalter übermittelt hat, finden sich aber weder Kurz noch sein Unternehmen. Das liegt daran, dass die drei Rechnungen, die "News" abgedruckt hatte, nicht an die insolvente Signa Holding gingen, sondern an eine Tochterfirma namens Signa Lime GmbH. Letztere ist zumindest vorläufig noch nicht zahlungsunfähig. Dieser Sachverhalt wurde am späten Freitagnachmittag von einem Sprecher des Exkanzlers erklärt.*

Fest steht jedenfalls, dass Kurz offensichtlich dick im Geschäft mit Benkos Signa stand. Das zeigen nicht nur die aufgetauchten Honorarnoten, sondern auch die Tatsache, dass Kurz und Benko bereits im Herbst 2022 zusammen in die Vereinigten Arabischen Emirate reisten. DER STANDARD berichtete im April darüber. Ziel der Mission: bei Mubadala, dem milliardenschweren Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi, wegen möglicher Investitionen vorzusprechen.

Sebastian Kurz ist nicht der einzige Altkanzler, der Millionen aus dem Benko-Reich bezieht. Noch länger – und wohl auch dicker – im Geschäft ist Alfred Gusenbauer (SPÖ), Bundeskanzler in den Jahren 2007 und 2008.

Millionenhonorare

Gerade einmal drei Wochen nach seinem Rücktritt als Kanzler heuerte Gusenbauer laut "News" bei der Signa an, als Mitglied des Beirats der Signa Holding, eines beratenden Gremiums. Jährliche Pauschale: 280.000 Euro, "wobei von einem Zeitaufwand von einer Arbeitswoche pro Monat ausgegangen wird". Inzwischen sitzt Gusenbauer neben dem Beirat auch in den Aufsichtsräten der wichtigsten Signa-Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development.

Und: Auch er kassierte Millionenhonorare. Für eine "Beratung" im Zusammenhang mit staatlichen Corona-Hilfszahlungen in Deutschland an die Benko-eigene Kaufhauskette Galeria Kaufhof etwa stellte der Altkanzler der Signa Holding im März 2020 drei Millionen Euro exklusive Umsatzsteuer in Rechnung. Im September 2021 waren es dann nochmals zwei Millionen Euro.

Pikant daran ist nicht nur, dass Gusenbauer im Juni 2022 in der ORF-Sendung "Eco" abstritt, dass er beratend für die Signa tätig sei. Auch lassen sich in seinen Engagements Interessenkonflikte ausmachen: Der Altkanzler berät neben Benko nämlich auch noch den Baukonzern Strabag von Hans Peter Haselsteiner, in dem er als Aufsichtsratsvorsitzender fungiert. Haselsteiner – er hält 15 Prozent der Signa Holding – liegt aber seit längerem im Streit mit Benko. Der Strabag-Gründer war federführend beteiligt an jenem Aufstand der Signa-Mitinvestoren Anfang November, der Benko von der Konzernspitze der Signa verdrängen sollte. Gusenbauer ist also geschäftlich, wenn man so will, auf beiden Seiten zu Hause.

Video: Signa Holding reicht Insolvenzantrag am Handelsgericht Wien ein.
APA

Gusenbauer als Gläubiger

Die Gläubigerliste zeigt, dass die Signa Holding Gusenbauer heute Geld schuldet. In der Aufzählung findet sich nämlich sein Name – im Gegensatz zu jenem von Sebastian Kurz. Gusenbauer ist gleich zweimal vertreten, einmal als Privatperson und einmal in Form seiner Firma, der Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH. Beträge weist die Liste nicht aus.

Gusenbauer ist der einzige Ex-Politiker auf der von der Signa erstellten Liste. Ansonsten fällt auf, dass zahlreiche Signa-Untereinheiten aufscheinen, an die Zahlungen offenbar gestoppt worden sind. Da wären unter anderem die Warenhauskette Galeria oder die Signa-Immobilientöchter Prime und Development. Auch die Familie-Benko-Privatstiftung kommt vor. Wie es dazu kommt, dass hier die Holding ihrem bedeutendsten Gesellschafter Geld schuldet, bleibt unklar.

Riesiger Schuldenberg

Und sonst? Neben vielen weiteren Personen und Unternehmen wären da etwa zahlreiche Anwaltskanzleien, Notariate und vor allem Banken: Erste Group, Anadi Bank, BNP Paribas, Raiffeisen-Regionalbanken oder das Schweizer Institut Julius Bär. Dazu kommen Einrichtungen wie ÖBB, Österreich Werbung und Wien Energie.

Nicht zuletzt finden sich Nespresso, Amazon und der Aktenvernichtungsbetrieb Reisswolf auf der Liste. Die Signa Holding schuldet also Gläubigern aus unterschiedlichen Branchen und Bereichen Geld – insgesamt fünf Milliarden Euro. (Joseph Gepp, Renate Graber, 1.12.2023)