Stell dir vor, der Handel startet mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft, und keiner geht hin. Ganz so war es natürlich nicht, wie man an verschiedenen Shopping-Hotspots oder in der Wiener Innenstadt erkennen konnte. Das tiefwinterliche Wetter kam wie bestellt – es hatte aber auch Auswirkungen auf die Shoppinglust.

In den Bundesländern blieben am ersten Einkaufswochenende viele daheim. Aus Einkaufszentren in Linz, Vöcklabruck und Ried waren etwa bei einem APA-Rundruf Klagen über dürftigen Besucherandrang zu hören. Nimmt man das Verkehrsaufkommen rund um die Shopping City Süd in Vösendorf als Indikator, dürften die Wetterkapriolen kaum gebremst haben. Aus dem City Center in Amstetten kommen optimistische Töne, auch wenn "die Besucherfrequenz am Samstag spürbar von den winterlichen Bedingungen" beeinflusst worden sei, meint Centerleiter Hannes Grubner. Das Wetter werde die Konsumlaune noch beflügeln, ist man in der Tullner Rosenarcade überzeugt.

Blick auf die Mariahilfer Straße in Wien am 2. Dezember.
Das Schneetreiben erstickte bei manchen etwaige Einkaufsgelüste im Keim. Die Händler hoffen, dass das weihnachtliche Wetter die Herzen und Geldbörsel der Konsumwilligen noch öffnet.
APA/GEORG HOCHMUTH

Abgerechnet wird nach Weihnachten. Das Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) an der Johannes-Kepler-Uni in Linz geht davon aus, dass die Österreicher und Österreicherinnen heuer etwas mehr für Geschenke ausgeben. Angesichts der Inflation wird dies allerdings für weniger Geschenke als im Vorjahr reichen. Das IHaM rechnet mit einem Anstieg der Ausgaben um zwei Prozent auf 2,32 Milliarden Euro bei einem gleich hohen Rückgang der Menge.

Unter Druck

Die steigenden Kosten würden die Gewinne im Handel unter Druck setzen, urteilt IHaM-Experte Ernst Gittenberger. Der Handel gehört auch zu den besonders betroffenen Branchen in der Pleitestatistik, sagt Cornelia Wesenauer, Expertin beim Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). Seit Jahresbeginn haben laut dem Gläubigerschutzverband bereits 3050 Unternehmen Insolvenz angemeldet, bis zum Jahresende könnte der höchste Wert seit zehn Jahren erreicht werden. Dieser Tage hat die Modekette Jones erneut Insolvenz angemeldet, man will weitermachen. Jones sei ein Beispiel für all das, was die Branche derzeit belaste: hohe Energie- und Personalkosten, zurückhaltende Konsumenten.

Solange sich die Inflation, die in Österreich partout nicht zurückgehen wolle, nicht beruhige, werde sich die Lage nicht entspannen. Durchwachsene Aussichten also. Vor diesem Hintergrund gilt es, die Gräben zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei den Lohnverhandlungen zuzuschütten. Die letzte und vierte Runde am vergangenen Donnerstag ist wie berichtet gescheitert. So fanden auch am Samstag punktuell Warnstreiks statt – etwa bei der Buchhandlung Thalia auf der Mariahilfer Straße in Wien oder in einem Modegeschäft in der Linzer Landstraße und in einem Supermarkt in Ried im Innkreis. Am 7. Dezember wird weiterverhandelt.

Warnstreik im Handel vor einer Thalia Filiale in Wien.
Hier wird gestreikt. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen sind Arbeitergeber- und Arbeitnehmervertreter bislang auf keinen grünen Zweig gekommen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Die Arbeitgebervertreter machten im Vorfeld klar, dass sie von diesen Arbeitskämpfen wenig halten. Wenig hilfreich sei dies in der wirtschaftlich angespannten Lage der Betriebe. Viele von ihnen hoffen nun auf den Marienfeiertag am 8. Dezember. Nicht alle Kaufleute und Händler werden ihre Geschäfte offenhalten – wie sie dies seit 1995 dürfen. Knapp 30 Jahre später polarisiert das Thema immer noch. Das ergab eine Umfrage des IHaM. Die Kernaussage: Die Zahl der Gegner und Gegnerinnen wird kleiner. Aber: Die Mehrheit ist immer noch dagegen, dass die Geschäfte am 8. Dezember offen sind.

Ihr Konsumenten kommet

Sprachen sich im Vorjahr noch 74 Prozent der Befragten gegen offene Geschäfte am Feiertag aus, so trifft dies heuer "nur" mehr auf 57 Prozent zu. Im Vorjahr dürfte bei der großen Ablehnung auch die Energiekrise eine Rolle gespielt haben. Die Akzeptanz ist auch eine Altersfrage. Während Jüngere gerne auch am Feiertag shoppen, sprechen sich Ältere häufiger gegen den "Einkaufsfeiertag" aus. Was die Hoffnung des Handels betrifft, den Konsumenten könnte an diesem Tag das Geldbörsel besonders locker sitzen, so dürfte diese nur teilweise berechtigt sein. Zwar sprechen sich 43 Prozent für offene Geschäfte aus, einkaufen will am Feiertag aber nur knapp ein Viertel. (Regina Bruckner, 4.12.2023)

Anmerkung: Die KV-Verhandlungen im Handel werden am 7. Dezember weitergehen - nicht am 5. oder 6. 12, wie es ursprünglich im Artikel hieß.