"La finta giardiniera" bringt Fernsehshowfeeling in die WienerKammeroper.
Herwig Prammer

"Ich glotz‘ TV", schrie Nina Hagen einst rotzig der Welt entgegen. In der Kammeroper steht zwar eigentlich Mozarts La finta giardiniera auf dem Programm, aber schon zu Beginn ertönt die (neue) Kennmelodie der Sendung Aktenzeichen XY… Ungelöst. Ahso, eine Anspielung auf die zurückliegende Gewalttat des eifersüchtigen Grafen Belfiore an der Marchesa Onesti. Das Kuddelmuddel der folgenden amourösen Irrungen und Verwirrungen ereignet sich dann im Rahmen der Fernsehshows Fit for Flirt, Lovebird, Nardo Nascht und Love & Justice. Arminda trällert eine Arie, während sie die Langhantel stemmt. Ihr Onkel Don Anchise schnulzt den Roy-Black-Schlager Du bist nicht allein ins verchromte Mikro. Von der kleinen Bühne quellen grelle Bilderwelten in den Zuschauerraum, die ähnlich überfordernd wirken wie jene der 250 TV-Kanäle am Heimgerät. Hilfe! Wo ist hier die Aus-Taste?

Verwirrend

Anika Rutkofsky hat in ihrer Inszenierung (Bühne und Kostüm: Adrian Stapf) von Mozarts früher Karnevalsoper auf eine verwirrende Handlung eine noch verwirrendere Neudeutung draufgesetzt. Leider. Immerhin unterhält ihre Arbeit mit Tempo und präziser Personenführung. Auch der Einsatz und die Spielfreude der singenden Akteure sind Pluspunkte dieser Produktion: Paul Schweinester (Podesta), Carina Schmieger (als gärtnernde Marchesa), Adrian Autard (als grenzwahnsinniger Belfiore), Michaella Cipriani (als sportliche Arminda), Valerie Eickhoff (als edler Cavaliere Ramiro) sowie Elisabeth Freyhoff und Anton Beliaev (als TV-Crewmitglieder Serpetta und Nardo) singen nicht nur großteils einnehmend und kraftvoll, sondern strudeln sich auch sensationell ab.

Das turbulente, sinnliche Geschehen im Orchestergräbchen (Clemens Flick leitet das karg besetzte La Folia Barockorchester) kennt Licht und Schatten: Auf große Leidenschaften folgt der eine oder andere kleine Lapsus. Dennoch in Summe zumindest musikalisch eine gute Unterhaltung. (Stefan Ender, 3.12.2023)