"Man fühlt sich behütet und gleichzeitig freigelassen"

Der deutsche Schauspieler Nick Romeo Reimann über ein seltenes Stück, mit dem er das Schnäppchen seines Lebens gemacht hat.
Berauschende Substanzen
Foto: Katharina Gossow

Diese Lederjacke ist nicht irgendeine Lederjacke. Sie ist aus der Hauptlinie von Yohji Yamamoto, meinem absoluten Lieblingsdesigner. Seine Stücke sind sehr rar und leider auch sehr teuer. So teuer, dass ich mir das nicht leisten kann. Auch gebraucht meistens nicht. Ich habe diese Lederjacke im Internet gefunden und dachte, es handelt sich um ein Fake-Angebot. Deshalb habe ich zuerst nicht zugeschlagen.

Dann bin ich irgendwann zu einem Termin gefahren, um etwas secondhand zu kaufen, und dort hing plötzlich diese Jacke. Ich habe gefragt: 'Hattest du die vor einem halben Jahr inseriert?', und der Verkäufer meinte: 'Ja, aber die wollte keiner kaufen.' Dann hat er sie mir um hundert Euro angeboten. Das war so ein Once-in-a-lifetime-Fund, den ich nie wieder machen werde. Da war ich tatsächlich in einem Rauschzustand, als ich sie nach Hause geschleppt habe.

Mittlerweile hat sich die Jacke zu einem Schutzpanzer entwickelt. Bei der Kleidung von Yamamoto hat man das Gefühl, dass der Designer zum Körper der Person spricht. Er gibt so viel Raum, wie man braucht, aber gleichzeitig so viel Support, dass man sich nicht allein fühlt. Man fühlt sich behütet und gleichzeitig freigelassen. (RONDO, Protokoll: Anna Haubiz, 25.12.2023)

Nick Romeo Reimann war einst in der Filmreihe "Vorstadtkrokodile" zu sehen. Er ist Ensemblemitglied am Volkstheater Wien und wurde mit dem Nestroy-ORF-III-Publikumspreis 2023 geehrt.

"In einen Schreibrausch zu geraten ist selten und etwas Besonderes"

Die Autorin Hannah Oppolzer hält Ideen in einem ihrer vielen Notizbücher fest.
Berauschende Substanzen
Foto: Christian Schörg

Ich habe ziemlich viele Notizhefte – wie viele, weiß ich gar nicht so genau. So gut wie alle meine Texte beginnen jedenfalls mit Ideen, die ich in einem Notizbuch festhalte. Meist passiert das entweder kurz vor dem Schlafengehen oder morgens vor dem Aufstehen. Im Halbschlaf kommt mir eine Idee für eine Szene, manchmal schreibe ich das halbe Kapitel im Kopf auf. Das geschieht allerdings selten, lässt sich nicht erzwingen und ist etwas Besonderes. Texte, die in einem solchen Rausch entstehen, fühlen sich im Nachhinein meist richtiger an als alles, was ich nach mühsamem Nachdenken zusammengepuzzelt habe. Der Zustand, in dem ich mich in dieser Zeit befinde, ist für mich eine nahezu heilige Sache.

Es wäre schön, wenn ich nur auf einen Knopf drücken müsste, um in einen solchen Rausch zu geraten. Dann würde sich ein Buch wie von selbst schreiben. Meist aber ist der Prozess anstrengend, eine Art Kampf mit den Figuren und der Handlung. Mein aktuelles Notizbuch ist fast vollgeschrieben, zum Glück stapeln sich schon viele neue im Schrank, mir werden ständig welche geschenkt. Ich bin aber recht heikel – das Notizbuch hat einen Einfluss auf den Schreibprozess, so ungewöhnlich das klingt. (RONDO, Protokoll: Anne Feldkamp, 25.12.2023)

Hannah Oppolzer ist aus Baden bei Wien. Ihr erstes Buch "Verpasst" erschien vergangenen Herbst. Derzeit studiert Oppolzer Literarisches Schreiben und Lektorieren in Hildesheim.

"Es geht um das Gewinnen des ganz neuen Blicks"

Petra Schaper Rinkel, Rektorin der Wiener Angewandten, empfindet vor allem das Reisen in alle Welt als einen rauschartigen Zustand.
Berauschende Substanzen
Foto: Katharina Gossow

Die Globen, die auf dem Bild zu sehen sind, stehen für mich für das Verreisen. Es sind Reisen, die mich aus der Routine reißen und mir berauschende Erlebnisse bringen. Das kann ein Rausch an Erkenntnis sein, der sich aus der Loslösung der täglichen Selbstverständlichkeit ergibt, manchmal ist es ein Rausch der Farben an fremden Orten. Ich denke dabei zum Beispiel an Indien.

Ich reise viel, und Reisen ist wichtig für meine wissenschaftliche Arbeit. Die polnische Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk hat in einem ganz anderen Kontext einmal von den wichtigen 'Übungen im Fremdsein' geschrieben. Das ist für mich das Reisen. Es geht um das Gewinnen des ganz neuen Blicks. Rausch hat auch damit zu tun, sich auf einem schwankenden Terrain zu befinden und sich auf das Unbekannte, Unfassbare einzulassen. Auf den Moment. Das bedeutet für mich 'in der Welt sein'. Der Rausch setzt für mich mit dem nicht Kontrollierbaren, dem Unerwarteten nach dem Ankommen ein. Ich mag dieses Gefühl. (RONDO, Protokoll: Michael Hausenblas, 25.12.2023)

Petra Schaper Rinkel ist Rektorin der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie betreibt interdisziplinäre Forschung zum digitalen Wandel.