Humanoider Roboter vor einer Stadtkulisse.
Der AI Act sieht die Einstufung von KI in verschiedene Risikoklassen vor.
DER STANDARD/Pichler/Midjourney

Durch den jüngsten Streit um die letzten Details des "AI Act" steht eine baldige Verabschiedung des Gesetzes zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf Messers Schneide. Sollten die voraussichtlich entscheidenden Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und EU-Staaten am Mittwoch scheitern, könnte die Europäische Union ihre mögliche Vorbild-Funktion bei der KI-Regulierung verlieren. Die Gespräche sollen am Nachmittag (16.00 Uhr MEZ) beginnen und werden sich voraussichtlich bis in die Morgenstunden am Donnerstag hinziehen.

Grundlagenmodelle

Der größte Knackpunkt im sogenannten Trilog ist der Umgang mit "Grundlagenmodellen". Diese Programme dienen als Basis, auf denen andere Firmen Chatbots für den Kundendienst oder digitale Assistenten für Ärzte entwickeln können. Deutschland, Frankreich und Italiens hatten vor wenigen Wochen vorgeschlagen, "Foundation Models" aus dem Gesetz auszunehmen und stattdessen auf eine verbindliche Selbstverpflichtung zu setzen. Verstöße dagegen sollten allerdings nicht geahndet werden. Forschende in Österreich hatten bereits im Sommer 2023 Bedenken geäußert, dass durch entsprechende Regulierung eine Bedrohung für die Zukunft freier Software in Europa entstehe.

Die Technologiebranche hingegen begrüßt die Initiative. Entwickler von Grundlagenmodellen könnten weder sämtliche Anwendungsgebiete ihrer Software noch deren Risiken vorhersehen, sagte Ralf Wintergerst, Präsident des deutschen Digitalverbands Bitkom: "Zudem sind die technischen Entwicklungen gerade auf der Ebene der Modelle rasant, so dass feste Regeln im AI Act schnell überholt wären."

Die Einstufung in Risikoklassen ist ein Eckpfeiler des "AI Act" und entscheidet über die Auflagen für KI-Anbieter. Experten kritisieren dagegen eine mögliche Verwässerung des AI Act. Vor einigen Monaten hatten namhafte Forscher, Entwickler und Manager wie der OpenAI-Chef Sam Altman vor einer Auslöschung der Menschheit durch KI gewarnt.

Biometrische Überwachung

Streit gibt es auch um das Thema biometrische Überwachung. Im Entwurf des Europäischen Parlaments wird beispielsweise die automatisierte Gesichtserkennung per KI verboten. Die EU-Staaten beharren dagegen auf Ausnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Verteidigung und für andere militärische Zwecke.

Insidern zufolge konnten die Meinungsverschiedenheiten bei Vorbereitungstreffen nicht ausgeräumt werden. Daher erwarten Experten als Ergebnis der aktuellen Verhandlungen lediglich ein Bekenntnis zu den Prinzipien des "AI Act". Die letzten Details würden wohl erst später festgezurrt. Ohne eine baldige Einigung könnte sich die Verabschiedung des Gesetzes bis nach der Europawahl im kommenden Jahr verzögern. (Reuters/red, 6.12.2023)