Lenovo Legion Go
Das ist nicht Johnny Silverhands Brille, dafür müsste sie deutlich cooler ausfallen. Lenovos tragbarer PC-Handheld Legion Go hat dafür ein paar andere Tricks auf Lager.
DER STANDARD/Brandtner

Totgesagte leben bekanntlich länger. Den tragbaren Spielekonsolen wurde mit der Verbreitung von Smartphones schon vor langer Zeit ein Verfallsdatum vorausgesagt. Für die Spieleindustrie hat sich damit zwar ein neuer Milliardenmarkt aufgetan, doch spätestens seit der Nintendo Switch kann vom Aussterben einer Geräteklasse keine Rede mehr sein. Im Gegenteil: Nach und nach versuchen namhafte Tech-Größen, das Erfolgsrezept von Nintendo zu kopieren - mit mäßigem Erfolg.

Während Sony offenbar lieber im stationären Konsolengeschäft bleibt und Microsoft sein Xbox-Label über eine App auf alle Systeme ausdehnen möchte, sind es vor allem die PC-Handhelds, die die Geräteklasse mit einer größeren Auswahl stärken wollen. Das Steam Deck von Valve ist hier das prominenteste Beispiel, das vor kurzem bereits ein Mid-Gen-Update erfuhr.

Nach dem Release des Asus ROG Ally im Juni ist nun ein weiterer Kandidat erschienen: Das Legion Go von Lenovo will zum stolzen Preis von 800 Euro vor allem mit Größe, Verarbeitung und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten punkten - sogar eine separat erhältliche OLED-Brille bietet Lenovo als Zubehör an. DER STANDARD hat sich angesehen, wie gut der Handheld gelungen ist.

Groß, größer, Legion Go

Wer schon einmal ein Steam Deck oder ROG Ally in der Hand hatte, wird schnell feststellen, dass diese Handhelds im Vergleich zum Legion Go deutlich kompakter sind. Dagegen wirkt Nintendos Switch fast schon winzig. Ein Blick auf die Abmessungen bestätigt diesen Eindruck. Mit einer Breite von knapp 30 Zentimetern, einer Höhe von 14 Zentimetern und einer Dicke von mehr als vier Zentimetern übertrifft der Legion Go alle Konkurrenten deutlich. Das trägt natürlich auch dazu bei, dass Lenovos Handheld kein Leichtgewicht ist - mit rund 850 Gramm bringt er 180 Gramm mehr als das Steam Deck und 250 Gramm mehr als das ROG Ally auf die Waage. Die Switch wiegt sogar weniger als die Hälfte dieses Goliaths.

Lenovo Legion Go im Vergleich
Andere Handhelds fallen im Vergleich zum Legion Go kompakter aus, auch das ROG Ally von Asus.
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Je nach persönlicher Vorliebe und Anatomie der eigenen Hände kann dies unterschiedlich empfunden werden. Dem Verfasser, der eher große Hände hat, kam die großzügige Bauweise im Testzeitraum sehr entgegen. Einzig das hohe Gewicht kann sich auf Dauer als etwas nachteilig erweisen. Unabhängig davon profitieren alle Nutzerinnen und Nutzer von der hochwertigen Verarbeitung des Gerätes. Dies spiegelt sich nicht nur in einem robusten Chassis mit abnehmbaren Controller-Einheiten wider. Auch die Anordnung und Haptik der Bedienelemente ist weitgehend gelungen und lässt keine Wünsche offen, doch dazu später mehr.

Offensichtliches Highlight ist der riesige IPS-Touchscreen mit einer Bildschirmdiagonale von 8,8 Zoll (22,35 Zentimeter) und einer Auflösung von bis zu 2.560 x 1.600 Bildpunkten. Deutlich überdimensioniert erscheint die Bildwiederholrate von bis zu 144 Hertz, die nur in den seltensten Fällen zum Einsatz kommen dürfte, zumindest dann nicht, wenn die interne Hardware des Gerätes das Display befeuern soll. Deutlich alltagstauglicher wäre hier eine VRR- oder Freesync-Unterstützung gewesen, wie sie Asus beim ROG Ally umgesetzt hat.

Aber auch im alternativen 60-Hertz-Modus und bei niedrigeren Auflösungen, die den Akku schonen, kann das Display IPS-typisch mit einer klaren, knackigen und ausreichend hellen Darstellung der Inhalte überzeugen. Dass Lenovo kein OLED-Display verbaut hat, wurde im Testzeitraum nicht vermisst. Das Panel kann auch mit einer geringen Blickwinkelabhängigkeit punkten, ist aber leider nicht entspiegelt. Mit einer Folie lässt sich dieses Manko auf Wunsch für wenige Euro leicht beheben.

Ein Handheld mit Maus

Was den Legion Go deutlich von der tragbaren PC-Konkurrenz abhebt, sind die vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten. Dafür sorgen vor allem die abnehmbaren Controller-Einheiten, die der Handheld von Nintendos Switch abgeschaut hat. Zu diesem Konzept gehört auch ein breiter Standfuß an der Haupteinheit, der das Display äußerst stabil und stufenlos in die gewünschte Position bringt.

Lenovo Legion Go
Kann den gleichen Trick wie Nintendos Switch, aber zusätzlich auch eine Maus imitieren.
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Anders als bei der Switch lassen sich die abgenommenen Controller über einen Schalter an der Unterseite in einen so genannten FPS-Modus versetzen, der an das Spielen mit Maus und Tastatur erinnern soll. Den "WASD"-Part übernimmt zwar nach wie vor nur der linke Analogstick, die rechte Einheit lässt sich aber mittels eines mitgelieferten Gleitfußes in eine vertikale "Maus" verwandeln. Dies erwies sich im Test zwar als gewöhnungsbedürftig, funktionierte aber nach individueller Tastenbelegung und kurzer Eingewöhnungszeit überraschend gut - in manchen Fällen, wie z.B. bei Echtzeit-Strategiespielen, kann dies der Grund sein, ein Genre überhaupt erst in Betracht zu ziehen, von dem man sonst auf Handhelds eher Abstand genommen hätte.

Lenovo Legion Go
Bei den Controllereinheiten stört eigentlich nur der M3-Button rechts außen (links). Der Mechanismus zum Andocken und Loslösen der Einheiten wirkt gerade für Switchbesitzer konfus, funktioniert aber hervorragend, wenn man ihn mal verinnerlicht hat (rechts).
DER STANDARD/Brandtner

Hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeiten ist nicht nur hervorzuheben, dass der Legion Go als erster Handheld über driftfreie Hall-Effekt-Analogsticks verfügt. Auch ein Trackpad und individuell konfigurierbare Tasten auf der Rückseite erleichtern die Bedienung. Lediglich der "M3"-Knopf an der rechten Außenseite wirkte im Test deplatziert bis störend, lässt sich aber im Menü problemlos deaktivieren, wenn er stört. Dies gilt natürlich auch für alle anderen Sondertasten.

Anschlussfreudig

Vielseitigkeit beweist der Legion Go nicht nur bei der Steuerung, sondern auch mit zwei USB-C 4.0-Anschlüssen, von denen sich einer auf der oberen und einer auf der unteren Längsseite des Geräts befindet. Das ermöglicht etwa nicht nur schnelles Aufladen des Akkus (von Null auf 75 Prozent in 45 Minuten), sondern auch den optionalen Anschluss externer Displays. Theoretisch kann das Legion Go auch mit einer externen GPU betrieben werden, was im Test jedoch mangels entsprechenden Equipments nicht ausprobiert werden konnte.

Lenovo Legion Go
Das Layout des Legion Go ist gut durchdacht und lässt kaum Wünsche offen.
Lenovo

Wenig überzeugend wirkte am USB-C-Anschluss jedenfalls die OLED-Brille als optionales Zubehör: Hinter der Bezeichnung "Legion Glasses" verbirgt sich das Konzept, den Bildschirminhalt des Legion Go über kleine OLED-Displays in einer Brille direkt ins Sichtfeld der Nutzerinnen und Nutzer zu projizieren. Auch wenn die über USB-C verkabelte Brille für andere Geräte wie Smartphone, Laptop oder Tablet genutzt werden kann, war im Test kein echter Mehrwert in der Nutzung erkennbar - schon gar nicht für eine unverbindliche Preisempfehlung von 500 Euro. Das Zubehör wird daher wohl nur als exotisches Gadget in Erinnerung bleiben.

Leistung vorhanden? Ja, aber …

Herzstück des Legion Go ist - wie beim ROG Ally von Asus - der Ryzen-Z1-Extreme-Prozessor von AMD und eine integrierte Radeon-Grafikeinheit. Das ist zwar derzeit die stärkste Handheld-Lösung auf dem Markt, man sollte sich aber nicht von den theoretischen Teraflop-Angaben blenden lassen - sie entsprechen nicht der Realität auf dem Bildschirm.

Von den insgesamt 16 GB Arbeitsspeicher, die leider fest verlötet und somit nicht erweiterbar sind, sind ab Werk 3 GB für die Grafik reserviert (lässt sich im BIOS auf bis zu 8GB erhöhen), der Rest steht Windows 11 und den darauf laufenden Programmen zur Verfügung. In der europäischen Version stehen 512 GB Festspeicher über eine SSD zur Verfügung, optional kann die SSD (im Formfaktor M.2 2242) direkt gegen bis zu zwei Terabyte getauscht werden. Alternativ kann der Speicher über einen MicroSD-Kartenslot um bis zu zwei Terabyte erweitert werden.

Lenovo Legion Go
Ein großes Gehäuse hat immerhin den Vorteil, dass sich Komponenten nicht so rasch erwärmen.
Lenovo

Nun könnte man vermuten, dass beide Geräte gleich gut abschneiden, tatsächlich zeigt der Legion Go trotz sehr ähnlicher Kernkomponenten etwas bessere Werte als der ROG Ally. Wie bei anderen Geräteklassen üblich, dürfte dies auf das großzügigere und damit "luftigere" Gehäuse und möglicherweise auf die allgemein bessere Kühlung zurückzuführen sein.

Ähnlich wie beim ROG Ally können verschiedene Leistungsmodi gewählt werden, die immer in einen Kompromiss münden: Viel Leistung bedeutet mehr Stromverbrauch und mehr Wärmeentwicklung, was sich wiederum in einem lauten Lüfter und einer geringeren Akkulaufzeit bemerkbar macht. Drosselt man die Leistung, wechselt der Legion Go in den Flüstermodus und hält länger durch. Je nach Spiel, Displayeinstellungen und Leistungsmodus schwankt die Akkulaufzeit zwischen weniger als einer Stunde und maximal drei Stunden.

Vielseitig bespielbar

Und wie spielt es sich auf dem Legion Go? Wenig überraschend ist die native Auflösung des Bildschirms (2.560 x 1.600) für Spiele nicht zu empfehlen, schon gar nicht bei einer Bildwiederholrate von 144 Hertz. Je niedriger die Auflösung, desto besser das Spielerlebnis - eine pauschale Antwort lässt sich aber nicht geben. Im Alltag entwickelt man je nach persönlichen Vorlieben schnell ein Gefühl dafür, was mit dem System geht und was nicht - und wenn man zum Beispiel ein grafisches Feature haben möchte, worauf man dafür besser verzichtet. Gerade bei neueren Titeln zeigt sich, dass die "Steam Deck"-Auflösung (1.280 x 800, 800p) auch für den Legion Go derzeit am besten geeignet scheint.

"Forza Horizon 5" sah auf dem Legion Go im 15-Watt-Modus nicht nur gut aus, sondern spielte sich in 800p auch recht nahe an der 50-FPS-Grenze. Ähnlich verhielt es sich bei "EA Sports WRC", Ruckler "gönnte" sich das neue Rallye-Spiel von Electronic Arts nur ab und zu. Auch der Shooter "Robocop Rogue City" lief an sich recht gut im Bereich von 40 Frames, allerdings stürzte das Spiel immer wieder ab.

Lenovo Legion Go
"Cyberpunk 2077" ist natürlich nicht so schön wie auf einem Desktop-PC, sieht am Legion Go aber gut aus – und spielt sich weitgehend auch so.
Screenshot/Brandtner

Das Action-RPG "Cyberpunk 2077" lief in der aktuellen Version und den "Steam Deck"-Voreinstellungen von CD Projekt Red grundsätzlich problemlos im oberen 30-FPS-Bereich, neigte aber in überfüllten Szenen oder bei dichtem Verkehr zum Stottern. "Lords of the Fallen" hingegen verweigerte auf seine Weise den Dienst: Das Spiel ließ sich zwar starten, zeigte aber die Fehlermeldung an, dass der Festspeicher zu langsam sei, nervte mit absurd langen Ladezeiten und einer unterirdischen Performance auf dem Bildschirm. Wer Souls-Spiele mag, sollte also auf ältere Titel zurückgreifen - generell zeigte sich, dass Spiele mit der Unreal Engine 5 für PC-Handhelds (noch?) nicht uneingeschränkt zu empfehlen sind.

Einwandfrei laufen Indie-Titel und ältere Spiele, hier kann der Legion Go leicht auftrumpfen: Das große Display stellt die Inhalte ansprechend dar, und weil die Hardware kaum gefordert wird, bleibt sie angenehm leise und hält länger durch. Das gilt auch für das Streaming von Spielen - da Wi-Fi 6E unterstützt wird, lieferte der Legion Go im Test mit Xbox Cloud Gaming über den Game Pass Ultimate das bislang überzeugendste Erlebnis auf einem Handheld. Die kostenlose Nutzung dieses Dienstes ist übrigens beim Kauf des Handhelds für drei Monate inklusive.

Nicht zuletzt sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass der Handheld mit ein wenig Feintuning eine fantastische Emulationszentrale für andere Spielkonsolen sein kann. Wie gut das bereits aussieht, soll hier aus verständlichen Gründen nur ein Vorgeschmack auf Youtube zeigen.

Das Problem nennt sich Windows

Die Entscheidung von Lenovo, Windows 11 als Basis für den Legion Go zu verwenden, führt leider zu erheblichen Problemen bei der Benutzerfreundlichkeit. Man merkt von Anfang an, dass das Betriebssystem nicht für Handhelds konzipiert wurde. Die Tatsache, dass Windows den Handheld als Tablet erkennt, hat zwar Vorteile, stellt den Benutzer aber auch immer wieder vor Schwierigkeiten.

Das beginnt schon bei der Bedienung des Touchscreens auf dem 8,8-Zoll-Monster und der Schwierigkeit, den Mauszeiger mit dem Analogstick richtig zu steuern. Man fühlt sich schnell unwohl auf dem kleinen Desktop und spürt eine gewisse Ungeduld, weil man in trägen Lösungen für die Bewältigung einfacher Aufgaben gefangen ist, die man auf dem herkömmlichen Desktop über die Jahre mit einem Augenzwinkern gelernt hat. Besonders enttäuschend ist die virtuelle Tastatur, die nicht selten unzuverlässig reagiert.

Sieht als Screenshot harmlos aus, auf einem Handheld wird Windows 11 aber rasch ungemütlich.
Lenovo Legion Go

Im Vergleich zum Steam Deck, das auf dem Linux-basierten SteamOS läuft und ein recht homogenes und glattes Nutzererlebnis bietet, wirkt Windows 11 auf dem Legion Go wie ein Fleckerlteppich aus vielen Einzellösungen, die für sich genommen zwar ganz nett, in Kombination aber leider ein Graus sind. Microsofts Betriebssystem hat zwar den Trumpf im Ärmel, dass Windows-Spiele nativ und ohne Emulation laufen. Das kann neben der hohen Kompatibilität manchmal auch zu einer besseren Performance führen. Aber die "Dualität" von Windows als Spiele- und allgemeine Desktop-Plattform, wenn man so will, stellt das System im Handheld-Format schon bei vermeintlich einfachen Hürden vor ernsthafte Probleme, zum Beispiel beim Umschalten zwischen Spielen.

Da die verschiedenen Spiele-Launcher nicht nahtlos in das System integriert sind und auch kein durchgängiges Bedienschema haben, muss der Benutzer oft umdenken und umständliche "Wege" in Kauf nehmen. So führt der Ausstieg aus einem Spiel direkt zurück zum Desktop, an anderer Stelle muss der Touchscreen benutzt werden, weil der Controller plötzlich nicht mehr reagiert. Solche Beispiele verdeutlichen die Schwierigkeiten bei der Anpassung eines herkömmlichen Betriebssystems an ein reines Handheld-Spielformat. Ironischerweise funktioniert der Big-Picture-Modus von Steam auf dem Legion Go am besten von allen Launchern, was für die Qualität spricht, die Valve mittlerweile erreicht hat. Das Steam Deck richtet an dieser Stelle liebe Grüße aus.

Bemühte Korrektur …

Neben der Möglichkeit, die Controller des Legion Go losgelöst vom Korpus zu nutzen, will Lenovo vor allem mit einer eigenen Software die Bedienungslücken von Windows schließen. Legion Space, so der Name der Software, kann das Gesamterlebnis deutlich verbessern - das Problem ist nur, dass die Nutzer für bestimmte Funktionen und Einstellungen eben immer noch auf das Windows-System zurückgreifen müssen.

Lenovo hat bei der Anpassung der Software für sein Handheld-Gerät in der Theorie gute Arbeit geleistet. Die integrierten Controller des Lenovo-Geräts verfügen über zwei Tasten, die als Schnellzugriff auf die Legion-Space-App (links oben) und allgemeine Einstellungen des Geräts (rechts oben) dienen.

Lenovo Legion Go
Die Legion-Space-App will beim Umgehen der Windows-Oberfläche helfen, das gelingt aber leider nicht immer.
Screenshot/Brandtner

Diese App ermöglicht das Starten von Spielen aus einer gemeinsam gelisteten Library, den direkten Zugriff auf Spieleplattformen von Drittanbietern oder auch das schnelle Anpassen von Einstellungen. An sich ein cleverer Ansatz, doch die praktische Umsetzung von Lenovo ist teilweise fehlerhaft oder verwirrend: Nach einem Update der App waren beispielsweise alle Spiele aus der Library verschwunden. Man konnte die Ansicht nicht mehr aktualisieren und Titel nur mühsam manuell hinzufügen.

Auch wäre eine klarere Trennung der Inhalte hinter den Spezialbuttons wünschenswert gewesen, dafür hätte man das Overlay der Schnelleinstellungen über den rechten Button übersichtlicher gestalten können. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass die Befehle in den Einstellungen im laufenden Betrieb teilweise nicht vom Spiel entkoppelt sind, was natürlich zu ungewollten Aktionen im Spiel führt. Hier besteht noch deutlicher Nachholbedarf über zukünftige Software-Updates.

… mit kleinem Rettungsanker

Der größte Vorteil des Lenovo Legion Go, auch gegenüber dem ROG Ally, im "Kampf" gegen Windows ist das Trackpad auf der rechten Controllereinheit. Ähnlich wie die Touchpads beim Steam Deck ermöglicht es die Steuerung eines Cursors mit dem rechten Daumen. Dies ist vor allem bei der Bedienung kleinerer Elemente in der Windows-Benutzeroberfläche oder bei der Navigation in Menüs hilfreich, die nicht auf klassische Controller-Eingaben ausgelegt sind.

Und so kommt das Trackpad öfter zum Einsatz als man denkt, etwa wenn Steam im Desktop-Modus und nicht im Big-Picture-Modus startet oder Spiele unerwartet auf den Windows-Desktop zurückkehren und man sich mühsam wieder in eine Auswahl hangeln muss. Mit etwas Geduld lässt sich zwar vieles in den Einstellungen anpassen, aber dass Windows auf einem Handheld eher eine Notlösung ist, lässt sich auch mit den Gegenmaßnahmen Lenovos nicht beheben.

Fazit

Wie ist der Handheld von Lenovo also einzustufen? In der Praxis gefiel mir der Legion Go in vielen Situationen besser als der ROG Ally von Asus. Obwohl die Abmessungen des Geräts riesig ausfallen, liegt es angenehmer in der Hand, hat driftfreie Joysticks, ein tolles Display und ist mit abnehmbaren Bedienelementen und aufstellbarem Korpus deutlich flexibler einsetzbar. Die OLED-Brille als optionales Zubehör ist angesichts des geringen Mehrwerts lediglich als exotisches und teures Alleinstellungsmerkmal zu betrachten, das nicht als Vorteil herangezogen werden kann.

Der Legion Go hat (wie auch das ROG Ally) zwei grundsätzliche Nachteile, weshalb der Handheld nur eingeschränkt empfohlen werden können. Zum einen können je nach Systemeinstellungen die Akkulaufzeit zu kurz und die Lüfterlautstärke zu hoch sein. Spielt der Legion Go seine technischen Vorteile gegenüber einem Steam Deck voll aus, ist der Akku nach weniger als einer Stunde Betriebszeit leer. Mit viel Geduld lässt sich für jedes Spiel individuell ein sinnvoller Kompromiss finden, aber das setzt eine Suche voraus, die vermutlich nur wenige Spielerinnen und Spieler auf sich nehmen wollen. Dies führt zum nächsten, schwerwiegenderen Nachteil.

Windows 11 ist von seiner hohen Spielekompatibilität abgesehen einfach nicht für dedizierte Handhelds geeignet. Gerade der Legion Go stellt trotz zahlreicher Bedienmöglichkeiten unter Beweis, dass Windows im Kleinstformat beim besten Willen nicht so spontan zu bedienen ist, dass man "schnell mal" etwas spielt. Auch die eher nur bemüht wirkende Software von Lenovo kann nicht kaschieren, dass betroffene Hardware-Hersteller gut beraten wären, sich für einen eigenen Handheld-Modus von Windows starkzumachen, den es bei Microsoft zumindest als erste Skizze ohnehin schon gibt.

Wer viel Zeit investiert, kann aus dem Legion Go sicherlich viel Spielspaß herausholen. Ob einem das 800 Euro wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. So sehr ich mir am Handheld-Markt eine vielfältigere, buntere Landschaft wünschen würde und manche Ansätze von Lenovo für sehr gelungen halte – mit einer Nintendo Switch oder mit Valves Steam Deck kann man sich je nach Interesse und vorhandener Spielebibliothek wesentlich einfacher darauf konzentrieren, worauf es wirklich ankommt: das Spielen. (Benjamin Brandtner, 10.12.2023)