Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einer Pressekonferenz.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will Rumänien und Bulgarien aktuell nicht vollständig im Schengen-Raum haben.
APA/EVA MANHART

Brdo/Wien – Nach der am Wochenende bekannt gewordenen möglichen Lockerung des österreichischen Schengen-Vetos gegenüber Rumänien und Bulgarien sieht Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) nun Brüssel gefragt. Er habe der EU-Kommission "klare Bedingungen" gestellt, die es gelte umzusetzen. Erst dann würde er auch einem Aufheben der Grenzen im Flugverkehr, dem sogenannten "Air Schengen", zustimmen, erklärte Karner am Montag im Ö1-"Morgenjournal". "Die Kommission ist jetzt am Zug."

"Es geht darum, dass wir Fortschritte brauchen im Bereich des EU-Außengrenzschutzes", betonte Karner. Konkret fordert er von der Kommission eine Verdreifachung der Grenzpolizisten. Geld für die Grenzschutz-Infrastruktur müsse von der EU-Kommission fließen. Es brauche eine technische Aufrüstung vor allem an der bulgarisch-türkischen und an der rumänisch-serbischen Grenze.

Außerdem verlangt Karner verstärkte Grenzkontrollen an den Landgrenzen sowie die Übernahme von Asylwerbern durch Rumänien und Bulgarien, insbesondere von Afghanen und Syrern. Die Forderung nach weiteren Landgrenzkontrollen begründete Karner mit einer "Problematik mit den Schleppern". Von etwas mehr als 50.000 Asylanträgen in Österreich seien nur knapp 150 Migranten über Flughäfen gekommen, erläuterte der Innenminister.

Bulgarien will Schengen-Vollbeitritt

Man habe Karners Ankündigung zur Kenntnis genommen und freue sich, dass sich die Dinge in eine gute Richtung entwickeln, kommentierte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel. Der Schutz der EU-Außengrenzen sei für die Kommission "essenziell". Sie bleibt aber grundsätzlich bei ihrer Einschätzung, dass Rumänien und Bulgarien die Bedingungen für einen Schengenbeitritt erfüllen.

In Bulgarien ist man indessen wenig begeistert von Karners Vorstoß. Bulgarien erwarte einen Schengen-Vollbeitritt, sagte Parlamentspräsident Rossen Scheljazkow am Montag vor Journalisten. "Wir erfüllen alle Kriterien", kommentierte er den österreichischen Vorschlag. "Ich glaube nicht, dass ein einzelner Mitgliedsstaat in der Lage ist, irgendwelche Bedingungen zu diktieren, denn das würde bedeuten, dass es im Namen aller EU-Länder spricht ohne das Mandat dafür zu haben", kritisierte er. "Ich glaube nicht, dass irgendein Land von der EU-Kommission, dem Europaparlament und den anderen Mitgliedsstaaten damit beauftragt wurde, Bedingungen zu stellen, die über die geltenden Standards für eine Schengen-Mitgliedschaft hinausgehen."

In Rumänien, das im Vorjahr deutliche Kritik am Schengen-Veto geübt hatte, fielen die Reaktionen hingegen positiver aus. So sagte Innenminister Catalin Predoiu laut bulgarischer Nachrichtenagentur BTA dem Nachrichtensender Digi24 am Montag, Karners Ankündigung sei "für uns nicht überraschend, wir haben sie erwartet. Die wichtigste politische Bedeutung ist, dass Österreich seine Position geändert hat. Von nun an begeben wir uns auf das Feld der technischen Diskussionen. Sie werden im Rahmen des Salzburg Forums, im Rat Justiz und Inneres und auf bilateraler Ebene stattfinden. Es wird auf mehreren Ebenen diskutiert – bilateral mit Österreich, trilateral mit Bulgarien, quadrilateral mit der Europäischen Kommission und multilateral mit allen EU-Ländern", sagte Predoiu.

Treffen am Montag geplant

Er hoffe, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung getroffen und ein Kompromiss erzielt werde. Der rumänische Innenminister verwies überdies auf weitere Schritte: "Der erste ist die Abstimmung im niederländischen Parlament, das Mandat, das die dortige Regierung in Bezug auf die Reformen im bulgarischen Justizsystem erhalten wird. Diese Gespräche werden parallel dazu geführt, auch mit den bulgarischen Kollegen."

Karner reist am Montag nach Slowenien, um bei einem Treffen mit den Innenministern des sogenannten Salzburg-Forums über die Zukunft von Schengen zu beraten. Österreich hat am 8. Dezember des Vorjahrs eine Erweiterung des grenzkontrollfreien Schengen-Systems um Rumänien und Bulgarien blockiert und dies mit den hohen Asylzahlen begründet. Auch die Niederlande stellten sich gegen einen Schengen-Beitritt Bulgariens. Mitglieder des Salzburg-Forums sind außer Österreich, Bulgarien und Rumänien auch Kroatien, Tschechien, Ungarn, Polen, die Slowakei und Slowenien. Auch die Westbalkanstaaten und die Republik Moldau sind vertreten. (APA, 11.12.2023)