Wien - Magische Traumkorridore, Strände aus Eis, ein rosarotes Puppenhaus. Die Österreicherin Jana McKinnon (Wir Kinder vom Bahnhof Zoo) spielt eine junge Frau, die durch fremde Träume wandert. Mit Silber und das Buch der Träume hat Helena Hufnagel den ersten Teil von Kerstin Giers Romantrilogie charmant verfilmt. Ein bisschen Traumpiraterie von "Inception" mit "Harry Potter"-Vibes für Teenager. Nun abrufbar auf Amazon Prime Video.

Silber - Trailer | Prime Video
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Amazon Prime Video Deutschland

Ganz neu war die Idee nicht, als die deutsche Schriftstellerin Gier 2013 ihre Fantasyjugendbuchtrilogie "Silber" veröffentlichte. Schließlich hatte Leonardo DiCaprios Traumdieb schon drei Jahre zuvor in Inception virtuose Reisen ins Land des Schlummerns unternommen. "Silber und das Buch der Träume" ist dann zum Glück aber nicht ganz so verschachtelt wie das bildgewaltige Kopfkino von Christopher Nolan. Amazons Literaturverfilmung ist natürlich familiengerechter, muss sich aber in Sachen Optik nicht verstecken. Auch hier öffnen sich surreale Räume: eine Tür, hinter der sich ein mit Schnee bedeckter Sandstrand befindet, oder eine mit sich verbiegenden Meereswellen.

Gefangen unter der Eisdecke

Der Film beginnt unter Wasser. Die Korneuburgerin Jana McKinnon spielt Liv, die seit dem Tod ihres Vaters vor einigen Jahren einen wiederkehrenden Albtraum hat, in dem sie unter einer Eisdecke gefangen ist. Wenn sie wach ist, dann will die 17-Jährige trotzdem am liebsten wieder schlafen, denn die deutsche Mutter (Nicolette Krebitz) hat Liv und ihre Schwester (Riva Krymalowski) nach London verpflanzt. Da trifft sie in der neuen Schule eine Burschentruppe (Chaneil Kular, Efeosa Afolabi, Théo Augier Bonaventure und Rhys Mannion), die in der Lage ist, die Träume von Fremden zu besuchen. Optisch eindrucksvoll ist der endlos lange Traumkorridor allemal, mit seinen unzähligen Türen, die sich nur öffnen, wenn die Traumtouristen im Besitz eines persönlichen Gegenstands der Träumenden sind.

Sie erzählen Liv von einem Ritual, das ihre Träume wahr werden lässt: ein Profibasketballspieler werden, die große Liebe finden, Schulsprecher werden. Aber die Jungs brauchen noch eine "Jungfrau", also willigt das Mädchen ein, mitzumachen, stellt sich aber auch als Einzige die Frage, wo der Haken an der Sache ist. Tatsächlich hat jeder Wunschtraum seinen Preis: Die schlimmsten Albträume der Fünf werden ebenfalls Realität. Nur Liv kann den Fluch stoppen.

Wie überlebe ich das alles?

Deutsche Science-Fiction hat keinen besonders guten Ruf. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Filmen technisch und monetär nicht so gut ausgestattet sind wie Hollywood. Aber im Gegensatz zu den Kinoadaptionen von Giers "Edelstein"-Trilogie scheint Amazon hier tiefer in die Taschen gegriffen zu haben. Die visuellen Effekte schaffen beeindruckende Bilder, von denen es ruhig mehr geben könnte.

Natürlich ist das Ganze nicht besonders neu. Verstorbene Eltern, magische Welten und Gruppenzwang in einer englischen Schule erinnern unweigerlich an Harry Potter und ähnliche Geschichten. Liv ist die "Auserwählte" von ihnen, und Jana McKinnon bringt die dafür notwendige Ausstrahlung mit. Eine Teenieromanze darf natürlich auch nicht fehlen, sowie eine böse Ex-Freundin (Josephine Blazier). Denn am Ende bereitet die ganze Konstruktion um magische Korridore, Verschwörungen und Blutrituale nur die Bühne für die "eigentlich" wichtigen Fragen im Leben eines jungen Erwachsenen: Was ziehe ich für mein erstes Date an? Wie finde ich neue Freunde? Und wie überlebe ich das alles? (APA, 11.12.2023)