Wolfgang Godai ist viel herumgekommen, wie man so schön sagt. 169 Länder hat der Mann bisher bereist – privat, hauptberuflich, als freier Reisejournalist. Neugier, Sehnsucht, Abenteuerlust ... nennt er als Triebfedern. In jungen Jahren auch die Möglichkeit, lockere Mädels kennenzulernen, wie er freimütig bekennt.

Doch mit den Jahren kam er zu der Erkenntnis: Reisen ist eigentlich meistens eine Qual, manchmal Folter, oft gesundheits-, manchmal lebensgefährdend. "Das Reisen zwingt uns, Dinge zu tun, die wir eigentlich nicht tun wollen", schreibt er in seinem jüngst erschienenen Buch "Paradies gibt's nicht!". Es ist eine Abrechnung, neudeutsch: ein Rant. Denn das versprochene Paradies sei ein Fake.

"British Torture": An manchen Fluglinien lässt Wolfgang Godai kein gutes Haar (Symbolfoto).
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Selbstironisch und sarkastisch

Auf über 200 Seiten deckt der Weltreisende und langjährige ORF-Redakteur (drei Jahrzehnte nebenberuflich auch als Reisejournalist aktiv) die Diskrepanz zwischen den in Hochglanzkatalogen gemachten Versprechen der Reiseveranstalter und der bitteren Realität auf. Er nimmt die Leserin, den Leser mit auf eine Reise ins Herz der touristischen Finsternis, die in allen möglichen Weltgegenden lauern kann. Er erzählt über seine schlimmsten und skurrilsten Erfahrungen, mit viel Zynismus, aber auch Augenzwinkern. Das Buch ist selbstironisch, sarkastisch, greift viele Missstände auf, die den Urlaub zur Hölle machen können, es gibt aber auch genug zum Lachen.

Flughäfen sind für den Autor so etwas wie der Vorhof zur Hölle.
Flughäfen sind für den Autor so etwas wie der Vorhof zur Hölle.
APA/AFP/ANDRE PAIN

Der gebürtige Wiener, Jahrgang 1957, erzählt von Dingen, die in den Reiseprospekten oder auf den Fotos, die wir nach dem Urlaub sehnsüchtig betrachten, nicht zu sehen sind: von bösartigem Getier zu Luft und zu Wasser, von ganzen Bataillonen übersteuernder Lautsprecher vor dem Hotelzimmer oder von weltweit verbreiteter Zwangsklimatisierung aller öffentlichen Innenräume, die die meisten Mitteleuropäer ohne Antibiotika im Handgepäck binnen weniger Tage ins unbequeme Hotelbett befördert.

Die Vorhölle sind für ihn schon manche Flughäfen: In Parfumwolken gehüllte Servicewüsten mit fragwürdigen sanitären Einrichtungen. Zeit- und Nervenvernichter, deren kulinarisches Angebot jeder Beschreibung spottet. Godai lässt uns an dem Stress teilhaben, den er in Flughäfen in aller Welt erlebt hat, was er mit diversen Fluglinien und Passagieren mitmachte, mit Securitys in die USA, bei der Suche nach dem Transfergate, der Abzocke am Geld- oder Getränkeautomaten.

Das alles liest sich höchst amüsant. "Honiara, die Hauptstadt der Salomonen, ist ziemlich hässlich. Da kann sie wenig dafür. Der Flughafen und die nationale Solomon Airways können aber schon etwas für ihren Zustand. Der ist nämlich jämmerlich", schreibt er zum Beispiel. An British Airways ("British Torture") und KLM ("die service- und komfortloseste Airline") lässt er auch kein gutes Haar. Letztere hat ihm gar einmal eine "letzte Warnung" verpasst: Zu oft hat er sich während eines Langstreckenflugs beschwert.

Ausgeliefert

Godai lässt auch kein gutes Haar an Reiseagenturen. Er warnt: "Wer eine Pauschalreise bucht, glaubt sich auf der sicheren Seite. In Wirklichkeit ist man dem Veranstalter und den örtlichen Agenturen in jeder Hinsicht ausgeliefert." Selbstverständlich schildert der Vielgereiste einschlägige Erlebnisse, darunter die Episode, wie er von der Uno aus dem liberianischen Dschungel gerettet werden musste. Er berichtet von Angst, Krankheit und Schmerzen, lässt seiner Abneigung gegen Gruppenreisen freien Lauf, warnt aber auch vor Individualreisen, regt sich immer wieder – zu Recht – über Nepp und Wucher auf: "Individuell durch China reisen ist 1997 ein organisatorischer Horror. Nur eines funktioniert damals fast überall: unverschämte Abzocke."

Ganz schlimm wird's dann im Kapitel "Meine Albtraumreisen". "Es ist dunkel, feucht-warm, und ein paar Kakerlaken flitzen durch die Gegend – meine Gefängniszelle in Sansibar-Stadt in Tansania ist kaum schmutziger als mein Hostel, vor dem Gitter passt jemand auf mich auf, und Wasser bekomme ich auch genug. Trotzdem bin ich nicht wirklich gut drauf", beginnt er seine Erlebniserzählung "Im Häfn in Sansibar". Es ist dann doch alles gutgegangen, ebenso wie die Drogengeschichte in Kambodscha oder das mit den schwarzen Mambas in Somaliland ...

Um es kurz zu machen: Wer dieses Buch liest, denkt bei der Wahl des nächsten Urlaubsziels besonders lang nach. Denn, so die Hoffnung des Autors, "vielleicht lernen Sie daraus, wie Sie das Schlimmste vermeiden können". Und Wolfgang Godai selbst? Bleibt er ab jetzt zu Hause? Nein: Er muss reisen, er kann nicht anders. (max, 12.12.2023)