Ich nehme meine Waffe und lasse eine Salve auf das Fenster im vierten Stock los, das Stück für Stück samt Rahmen zerbirst. Per schießbaren Kletterhaken ziehe ich mich durch die Öffnung. Und dort steht, mitten im Raum, das Ziel meiner Reise. Ein gelber "Tresor", den ich mehrere Sekunden lang anzapfe, um an seinen Inhalt zu kommen. Er spuckt eine gelbe Kiste aus, die ich nun – diese auffällig vor mir hertragend – zu einer Einlösemaschine mehrere Häuserblöcke entfernt bringen muss. Dafür gibt es dann Geld und damit Punkte für mich und meine zwei Mitstreiter im Online-Egoshooter "The Finals" (Windows, Xbos Series S/X, Playstation 5).

Das Problem an der Sache: Zwei andere Teams haben genau das gleiche Ziel vor Augen. Während ich mich vom Fenster aus auf die Dächer schwinge, stürzt über mir die Decke ein. Fünf Sekunden, ein paar Explosionen und mittelschweren Kugelhagel später bin ich die wertvolle Box los und die Konkurrenz unterwegs, um sie einzucashen. Derweilen schaue ich gebannt auf den Respawn-Timer, um mich wieder ins Chaos unter den gleißenden Lichtern der "Las Vegas"-Arena zu stürzen.

The Finals - Launch Trailer | PS5 Games
PlayStation

C(r)ash Boom Bang

Momente wie diese spielen sich im Free2Play-Game "The Finals" am laufenden Band ab. In bekannten Städten nachempfundenen Arenen – neben der US-Glücksspielhauptstadt sind dies auch noch Monaco und Seoul sowie das eher "generisch städtische" Skyway Stadium" – wetteifern drei Teams vor virtuellem Publikum um die Geldbeute.

Und als wären weitgehend zerstörbare Levels gepaart mit hoher Bewegungsfreiheit nicht schon stressig genug, gibt es auch noch Varianten der Map, bei denen sich etwa die Tresore (Vaults) oder Cashout-Stationen auf sich bewegenden Plattformen befinden, ein Teil der Arena durch ein riesiges Entenmaskottchen zerstört wurde oder der zentrale Bereich der Karte stark erhöht wurde. Dazu kommen Zufallseffekte, die mit wenig Vorlauf während einer Partie temporär eingeschaltet werden. So kämpfen die Teams beispielsweise auf einmal bei verminderter Schwerkraft, was natürlich erweiterten Bewegungsspielraum gibt.

Trotz aller Hektik funktioniert das Spielprinzip offenbar, denn seit das Spiel nach mehreren Betatests am 8. Dezember offiziell gestartet ist, können sich die Betreiber starker Teilnehmerzahlen erfreuen. Schon am ersten Tag konnte man zeitgleich bis zu 200.000 Spieler versammeln und musste zwischenzeitlich sogar den Zugang begrenzen, um die Server nicht zu überfordern. Vier Tage später zeigt sich bei SteamDB eine steigende Tendenz. Der bisherige Rekord (Stand dieser und aller weiteren Zahlen: 12.12., 15 Uhr) wurde am 11. Dezember mit 242.000 parallel partizipierenden Spielern gemessen.

THE FINALS is blowing up right now...
Tomographic

Hype und Lob

In den offiziellen Steam-Charts konkurriert man mit "Naraka: Bladepoint" und "GTA 5" um Position 5. Bei den "Topsellern", also Games die gerade besonders oft neu installiert werden, rangiert man auf Platz 2 hinter "Counter-Strike 2". Auf Twitch schauten schon bis zu 124.000 Menschen dem Gameplay gleichzeitig zu. Für Twitch werden über 55.000 parallele Zuseher in den letzte 24 Stunden geschätzt. Eine offizielle Zahl gibt es für die Streamingplattform noch nicht, weil deren Datenbank noch keinen eigenen Eintrag für "The Finals" besitzt.

Dennoch kann man unzweifelhaft sagen, dass das Game, das schon zum ersten Playtest einigen Hype erfuhr, derzeit ein Phänomen ist. Neben dem recht frischen Teamshooter-Konzept begeistert es auch mit schöner Grafik, vor allem aber mit der Verwüstung, die man der Umgebung angedeihen lassen kann und die durchaus von taktischer Bedeutung für die Teams ist. Dass die meisten Wände demoliert werden können, erfordert neue Konzepte für Angriff und Verteidigung. Und Geschick mit Tastatur und Maus beim Laufen, Springen und Klettern durch die zunehmend von Waffengebrauch gekennzeichneten Häuserschluchten.

In den Rezensionen auf Steam gibt es dafür "größtenteils positive" Wertungen. Aber auch Kritik ist vereinzelt zu finden. Abseits von Spielerinnen und Spielern, die mit dem Spielkonzept nichts anfangen können, gibt es etwa Beschwerden über die Zulosung inkompetenter Mitspieler und Cheater. (gpi, 13.12.2023)