Darts, Michael Smith, Olympische Ringe
Weltmeister Michael Smith hat es aufs olympische Dabeisein abgezielt. "Darts wäre eine großartige Ergänzung."
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"Wir verdienen diese Anerkennung schon längst!" Für Mensur Suljovic steht außer Frage, dass Darts olympisch sein sollte. Die Sportart habe sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt, Suljovic (51), der viele Jahre lang Österreichs bester Spieler und Aushängeschild war, sieht sich selbst und viele andere als "absolute Spitzensportler. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in anderen Sportarten viele gibt, die mehr trainieren als ich." Derzeit ist der serbisch-stämmige Wiener drei bis vier Stunden täglich am Werfen. "Ich bin", sagt er dem STANDARD, "gut drauf." Dabei hatte er kürzlich die Qualifikation für die 31. WM verpasst, die am Freitag in Londoner Alexandra Palace ("Ally Pally") beginnt und bei der nun allein Rusty-Jake Rodriguez (22) für Österreich antritt. Suljovic ist erstmals seit elf Jahren nicht dabei, gesundheitliche Probleme haben ihn zurückgeworfen. "Aber 2024 starte ich durch, ans Aufhören denke ich keine Sekunde!"

Eher denkt er an die Olympischen Spiele. Eine Aufnahme ins Programm wäre jedenfalls "super für unseren Sport". Da stimmt er mit dem regierenden Weltmeister Michael Smith überein, der das Thema lanciert hatte. Nachdem er heuer zu Jahresbeginn im WM-Finale den Niederländer Michael van Gerwen nicht zuletzt dank eines Neun-Darters mit 7:4 bezwungen hatte, richtete der 33-jährige Engländer, genannt Bully Boy, einen Appell an die Verantwortlichen im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). "Darts wäre eine großartige Ergänzung", sagte Smith, den die PDC (Professional Darts Corporation) als Weltranglistenersten führt. "Und es könnte dem IOC eine Menge Geld einbringen."

Ins Schwarze getroffen?

Mag sein, dass Smith damit ins Schwarze getroffen hat und das IOC am Ende aus wirtschaftlicher Sicht entscheidet. Es hat jedenfalls schon bei den jüngsten Auflagen der Sommerspiele eine gewisse Öffnung angestrebt und auch realisiert. 2016 kamen, nach jahrzehntelanger Absenz, Golf und Rugby (7er) neu hinzu, 2021 wurden Baseball/Softball, Karate, Skateboard, Sportklettern sowie Surfen aufgenommen, 2024 in Paris wird auch Breakdance geboten. Also wieso nicht in absehbarer Zeit auch Darts? Weltmeister Smith bemüht sich, mit einem alten Vorurteil aufzuräumen. "Die Leute glauben immer noch, dass du ins Pub gehst und dich betrinkst, und dass das alles ist, was Darts ausmacht", sagt er. "Aber ich trainiere hart, wirklich hart."

Mensur Suljovic Darts
Der Wiener Mensur Suljovic glaubt nicht, dass er bei Olympischen Spielen noch als Aktiver mitmischen wird. "Aber wer weiß, vielleicht bin ich ja 2032 als Trainer dabei."
IMAGO/Jan Huebner

Freilich begeistert der Gedanke ans olympische Dabeisein nicht alle in der Dartsszene. Schon 2019 hatte der damalige PDC-Chef Barry Hearn betont: "Darts ist der einzige Sport der Welt, bei dem es eine richtige Party gibt." Und er gab sich skeptisch, ob diese Party mit all ihren Ingredienzien auch dem IOC genehm sein würde. "Wenn das IOC zu mir sagt, ihr könnt morgen ein olympischer Sport sein, doch es gibt, weil wir das so wollen, keinen Alkohol mehr, dann sage ich: Verpisst euch!"

Giftpfeile aufs IOC

Barry Hearn hat die PDC-Führung in der Zwischenzeit an seinen Sohn Eddie abgetreten, der sich noch nicht selbst zu Olympia geäußert hat. Wohingegen Werner von Moltke, PDC-Geschäftsführer für den deutschsprachigen Raum, bereits sehr deutlich formulierte, was er von den Darts-Gedanken-Spielen hält. "Olympia ist ein Verbrechen am Athleten", schoss Von Moltke quasi Giftpfeile aufs IOC. Und er kritisierte, dass es trotz Einnahmen in Milliardenhöhe bei den Spielen keine Preisgelder für die Sportlerinnen und Sportler gebe und diese zu wenig am Erfolg partizipierten. "Wenn man sich die bestverdienenden Sportler der Forbes-List anschaut: Da gibt es keinen Leichtathleten, keinen Schwimmer, keinen Turner", sagte Von Moltke. "Die klassischen olympischen Sportarten sind die Verlierer der vergangenen dreißig, vierzig Jahre."

Vielleicht wiegt am Ende aber das Wort der Superstars schwerer. Auch Van Gerwen plädierte unmittelbar vor WM-Beginn dafür, dass sich Darts um eine Aufnahme ins Olympia-Programm bemühen sollte, der dreimalige Weltmeister stärkte den olympischen Darts-Befürwortern Smith und auch Suljovic quasi den Rücken. "Wenn Schießen olympisch ist, warum dann nicht auch Darts?", sagte der Niederländer in einem Interview mit der "Sport Bild". Ihm sei klar, dass "das Körperliche fehlt. Aber mental ist Darts härter als alle anderen Sportarten. Es ist ein Eins-gegen-Eins-Kampf, Match für Match." Laut Van Gerwen (34) werde sich Darts noch entwickeln müssen, aber in zehn Jahren könnte Olympia durchaus ein Thema werden. Und: "Natürlich habe ich den Traum, Gold zu holen."

Dass Mensur Suljovic, genannt "The Gentle" und 17 Jahre älter als Van Gerwen, noch olympisch aktiv wird, kann er sich trotz seiner aktuellen Zuversicht freilich selbst schwer vorstellen. "Aber wer weiß", sagt er, "vielleicht bin ich ja 2032 als Trainer dabei." (Fritz Neumann, 15.12.2023)