Leonore Gewessler hat eine herausragende Fähigkeit, die sie für die Politik prädestiniert, wie wir sie kennen: Sie lässt in demonstrativer Ruhe kritische Fragen mit einem Lächeln abperlen und bleibt bei ihrer Formulierung von Erfolg.

Da kann Armin Wolf Gewesslers Befund vom "riesigen Schritt" über das Abschlussdokument der Weltklimakonferenz noch so hartnäckig hinterfragen: vom – nach seinen Worten – "banalen" Vergleich der Welt mit einem Lungenkrebspatienten bis zum "politischen Pallawatsch" und "peinlichen politischen Schauspiel" (Wolf) mit Gewesslers von der ÖVP wieder aus Brüssel zurückgepfiffenen Entwurf für einen Energie- und Klimaplan.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler aus Dubai zugeschaltet in die
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler aus Dubai zugeschaltet in die "ZiB 2" mit Armin Wolf.
ORF "ZiB 2" Screenshot

"Großer Schritt"

Wäre Teflon nicht ein ökologisch schwieriges Material, es böte ein treffendes Bild für Österreichs Klimaministerin von den Grünen. Vor der nächtlichen Kulisse von Dubai, eher kein energiesparendes Szenario, sitzt Gewessler und beantwortet mit ihrem Mantra jeden Anlauf des "ZiB 2"-Anchors. Den Vorwurf etwa, sie habe den Energie- und Klimaplan nicht mit Kanzleramt und Finanzministerium abgestimmt, wischt Gewessler weg: "Selbstverständlich waren in dem nationalen Prozess für den Klimaplan andere Ministerien einbezogen. Wir haben auch Vorschläge übernommen." Und gleich biegt sie ab: "Ich sitze hier in Dubai. Wir haben heute auf einer globalen Konferenz einen wirklich wegweisenden großen Schritt im Klimaschutz gemacht."

"Wenn ich Lungenkrebs habe und dringend aufhören muss zu rauchen, ist es kein riesiger Schritt nach vorn, wenn ich erkläre, ich werde einen Übergang weg vom Nikotin einleiten." Den Übergang, weg von fossilen Brennstoffen hin zu nichtfossilen Energieträgern, sieht der Mittwoch erzielte Kompromiss bei der Uno-Weltklimakonferenz im Emirat vor.

"Großer Schritt"

"Das, was heute hier gelungen ist, ist tatsächlich ein Grund zur Freude. Es ist ein großer Schritt im Klimaschutz", hebt Gewessler an. "Ich weiß, es klingt unglaublich. Es ist die 28. Klimakonferenz, und es ist erstmals gelungen, die Ursache der Klimakrise in diesem Dokument deutlich zu benennen. Es sind die fossilen Energien, Öl, Kohle, Gas, die die Klimakrise anheizen. Und nicht nur die Ursache zu benennen, sondern auch klarzumachen, was wir damit tun: Die ganze Welt bewegt sich weg von fossilen Energien. Das ist klar und deutlich in diesem Beschluss festzuhalten, und deswegen ist das auch ein Grund zur Freude, dass das gelungen ist in einer schwierigen Ausgangsposition. Nach mühsamen, schwierigen, anstrengenden, lange andauernden Verhandlungen hat sich die Welt auf diesen Konsens geeinigt."

Die Welt, wendet Wolf ein, habe nur angekündigt, dass sie sich wegbewegt von fossilen Energieträgern. Er bringt Al Gore ins Spiel, der US-Klimaschützer und Ex-Vizepräsident der USA sprach von Halbheiten, es gebe keine Termine, schon gar keine Sanktionen.

"Großer Schritt"

"Als ich hier angekommen bin bei dieser Konferenz, ich hab immer gesagt, es wird dieses Jahr ganz besonders schwierig, in diesem Bereich einen Durchbruch zu erzielen. Wir sind in einer Zeit großer geopolitischer Spannungen, Kriege, Krisen, das macht eine Einigung in einem Prozess, in dem es darum geht, Konsens zu erzielen, nicht einfacher. Und ich habe damals gesagt vor einer Woche: Ich bin schon froh, wenn diese Konferenz Handlungsfähigkeit beweist. Wenn wir einen Beschluss fassen können, um im Klimaschutz weiterzukommen." Spätestens an dieser Stelle schwenkt Gewessler auf das vertraute Gleis: "Und wir haben einen großen Schritt weitergemacht. Wir haben gesagt: weg von den Fossilen, sodass wir im Einklang mit der Wissenschaft 2050 CO2-neutral sind, global. Dieses Datum hat es in der Deutlichkeit nicht gegeben."

Selbst die Enttäuschung der österreichischen Wirtschaftskammer über ein zu wenig weitgehendes Abschlussdokument und die entspannte Zustimmung des saudischen Energieministers werden Gewessler nicht von ihrer Freude darüber abbringen, ebenso wenig der vereinbarte Ausbau von Atomenergie. Aber ja doch, sagt Gewessler, das ist ein Kompromiss. Und ja: "Wir sind noch nicht am Ziel." PS: "Auch wir haben noch viel zu tun." (fid, 14.12.2023)