Frau packt gerade ein Weihnachtsgeschenk ein und lächelt in die Kamera
Das Geschenkspapier ist neu gekauft, doch es würde sich auch ein großblättriges Zeitungspapier hervorragend zum Verpacken eignen. Sie wissen schon... Dann ist es auch secondhand - oder "upcycling"!
Regine Hendrich

Letztes Jahr zu Weihnachten: Meine Schwester öffnet gerade das Geschenk, das ich ihr überreicht habe. Vorsichtig nimmt sie den Schal aus der Schachtel, hebt ihn hoch und lugt unauffällig auf das Etikett. "Burberry???!" Ihre Stimme klingt entsetzt. "Gefällt er dir?", frage ich. "Jaaaa, aber Burberry, spinnst du? Der kostet doch ein Vermögen!" Dann sage ich den Satz, den ich nicht so gerne sage, weil er gefühlt dann doch irgendwie das Geschenk entwertet: "Der ist secondhand!"

Vor einigen Jahren war es noch ein No-Go, jemandem etwas Gebrauchtes zu schenken. Jetzt ist das anders. Laut aktuellen Umfragen können es sich die meisten Menschen vorstellen, ihre Geschenke secondhand zu besorgen. Gut so! Schließlich war es vor langer Zeit durchaus üblich, Dinge aus dem persönlichen Besitz weiterzuverschenken – und galt sogar als die höchste Form der Wertschätzung.

Für meine Schwester war der Kaschmirschal jedenfalls das wertvollste Geschenk, das sie an jenem Weihnachtsabend bekam. Neu kostet er knapp 500 Euro, gebraucht habe ich ihn für 100 Euro bekommen. Dinge aus zweiter Hand zu kaufen spart aber nicht nur Geld. Es schont die Umwelt. Vielleicht lassen Sie sich ja mit diesem Shoppingbericht inspirieren.

1) Airpods für Papa

Wie ein kleiner Bub redet mein Vater seit etwa zwei Jahren von kabellosen Kopfhörern. Gekauft hat er sich nie welche. Ich kenne den Grund dafür so gut, wie ich meinen Vater kenne: Er ist zu geizig, um für Kopfhörer mehr als 20 Euro auszugeben. Kabelkopfhörer gehen ja schließlich auch. Außerdem wäre da noch die Angst vor der Technik. Ohne Kabel bedeutet, dass man zwei Devices miteinander verbinden muss. Mag er nicht.

Muss er auch nicht, denn ich mache das für ihn. Und er wird sich sehr über seine neuen Apple Airpods Pro 2 freuen. Gekauft habe ich sie auf Refurbed, einem österreichischen Online-Marktplatz für gebrauchte Elektrogeräte, die zuvor aber geprüft und kategorisiert werden. Viele Produkte sind wie neu, zusätzlich erhält man meist eine zwölfmonatige Garantie. Preis: 120 Euro, neu: 250 Euro.

Eisenbahn, Lampe, Parfum, Kopfhörer, Koffer, Kleid und Sonnenbrille liegen auf dem Boden
Diese sieben Geschenke sind alle secondhand. Vielleicht hat man sogar selbst etwas Schönes zuhause, das man verschenken kann.
Regine Hendrich

2) Kleid für die Schwiegermutter

Wer auf der Suche nach ausgefallenen Kleidungsstücken ist, wird in einem Secondhandgeschäft sicher fündig. Dort gibt es Mode aus allen Jahrzehnten, aber auch neue Kleidung. Bei Humana, einem Verein, der mit den Einnahmen aus den Läden karitative Projekte umsetzt, suche ich eine Winterjacke für mich, finde aber ein Minikleid von Urban Outfitters. Es ist wie gemacht für meine Schwiegermutter. Ich adoptiere es und gebe von mir noch eine schwarze Bluse dazu, die ich sowieso aussortieren wollte. Das perfekte Geschenk! Preis: 18 Euro.

3) Vintagebrille für die Freundin

Ich liebe Flohmärkte. Nicht, weil ich dort immer nützliche Dinge finde, sondern weil ich das Flair liebe. Ehrlich gesagt, ich kaufe eher selten etwas auf dem Flohmarkt. Diesmal hatte ich aber riesiges Glück – und genau deswegen sind Flohmärkte so spannend. Ein kleiner Tisch voller Sonnenbrillen, alle waren billiges Plastik, dazwischen ein Unikat. Eine echte Gianni-Versace-Sonnenbrille aus den Siebzigern. Der nette Mann hat sie mir um 50 Euro verkauft. Später recherchierte ich, dass solche Brillen im Netz um mindestens 200 Euro gehandelt werden. Ich habe eine Freundin, die Vintage-Versace sehr zu schätzen wissen wird.

4) Eisenbahn für die Kinder

Spielzeug kaufe ich nur gebraucht. Heuer habe ich in einem Secondhand-Spielzeug-Geschäft in Wien eine Coca-Cola-Eisenbahn mit Geräuschen und Licht, ein Quiz-Spiel und Kinderbücher erstanden. Preis: 25 Euro.

5) Trolley für den Gatten

Meinem Mann ist egal, welches Auto er fährt oder ob auf seine Jacke ein Logo gestickt ist. Aber einen richtig guten Koffer, einen mit dem Namen Rimowa darauf, hätte er schon gerne. Insgeheim. Er hat es nur einmal gesagt. Ein einziges Mal. Und ich glaube, es war ihm schnell peinlich. Denn sind wir uns ehrlich: Die silbernen Koffer sind vor allem Prestigeobjekte. Super Qualität, ja, unzerstörbar und wasserdicht. Aber ein Koffer um 1000 Euro oder mehr? Prestige. Auf diversen Secondhand-Plattformen landen sie nur selten. Und wenn, kosten sie zumindest die Hälfte des Originalpreises – Dellen und Kratzspuren inklusive. Man kann also von Glück sprechen, dass eine sehr liebe Freundin gerade umzieht und Dinge loswerden möchte. Unter anderem ihren Rimowa-Trolley, der noch sehr gut in Schuss ist und den ich als Anlage betrachte, wie eine Designertasche. Freundschaftspreis: 450 Euro, neu: 1250 Euro.

6) Parfum für Mama

Das hier ist mein absoluter Geheimtipp: Auf Secondhand-Plattformen finden Sie viele originalverpackte Parfums! Laden Sie sich die App Vinted (ehemals Kleiderkreisel) herunter, da können Sie selbst verkaufen oder kaufen. Man findet Kleidung, Taschen, Schmuck, Parfums, Kosmetik u. v. m. Das Lieblingsparfum meiner Mutter etwa, verschweißt, habe ich mit 30 ml um 40 Euro bekommen. Neupreis: 75 Euro.

7) Tischlampe für die Schwester

Ich weiß nicht, wie Sie Sachen besorgen – aber bei mir ist es so: Ich brauche einen neuen Haarföhn, also schaue ich auf Willhaben. Das kleine Kind braucht einen Buggy, also schaue ich auf Willhaben. Das große Kind braucht einen neuen Schneeanzug, also schaue ich auf Willhaben. Die Verfügbarkeit von praktisch allem, das ich für die Familie besorgen muss, wird immer zuerst auf der Kleinanzeigenplattform geprüft.

Meine Schwester und ihr Mann sind gerade in eine neue Wohnung gezogen, naheliegend, dass ich ihnen ein Möbelstück schenke. Die Lampe für den Schreibtisch war schnell gefunden. Angeblich von Westwing mit einem Neupreis von 150 Euro, Preis: 70 Euro.

PS: Bitte nichts meiner Familie weitererzählen, die glauben (fast) alle noch ans Christkind! (Nadja Kupsa, 15.12.2023)