Der Schuldirektor Christian Klar, der eine Brennpunktschule in Wien-Floridsdorf leitet, redet nicht lange um den heißen Brei herum: Zu glauben, eine Wiener Mittelschule bedeute das Ende für die Bildungskarrieren vieler Kinder, sei falsch. Zwei Drittel seiner Schülerinnen und Schüler gehen später in eine höhere oder mittlere Schule oder absolvieren eine Lehre. Für grob gesagt ein Drittel ende der Weg allerdings wie bei den Eltern beim AMS. Ein Grund sei die fehlende Beherrschung der deutschen Sprache. Wenn mit den Eltern Türkisch, Polnisch oder Afghanisch geredet wird und mit Freunden auch, "dann bleiben nur fünf Stunden am Tag, um Deutsch zu sprechen, und das ist einfach zu wenig. Wir müssen einfordern, dass die Kinder deutsch leben."

Prompt kommt allerdings ein Einwand: Das Problem baden nur die Kinder aus, Ursache des Übels sei, dass Kinder in Österreich so früh, mit zehn, auf unterschiedliche Schultypen aufgeteilt werden, sagt Dzana Schütter, die mit acht Jahren aus Bosnien nach Österreich kam und den Sprung von der Hauptschule aufs Gymnasium schaffte. Durch die frühe Trennung sei keine soziale Durchmischung möglich, weil österreichische Eltern ihre Kinder nicht in Schulen schicken wollen, in denen viele Kinder mit Migrationshintergrund lernen.

Dzana und Klar, der nebenbei auch Bildungssprecher der ÖVP in Floridsdorf ist, waren zu Gast in der neuen Ausgabe des Videotalks "STANDARD mitreden". Das Thema: Warum ist Österreich das Land, in dem die Kluft zwischen Schülern aus privilegierten und benachteiligten Haushalten am größten unter allen Industrieländern ist? Die Ergebnisse des neuen Pisa-Tests haben gezeigt, dass die Schere bei den Leistungen auseinandergeht. Zugleich gelingt es nicht einmal, die Elitenförderung ordentlich hinzubekommen, in vielen Ländern ist die Gruppe der starken Schüler viel größer.

Sechs Jahre Volksschule?

Österreich begnüge sich zu viel mit Mittelmaß, sagte Andreas Schleicher, der Bildungsdirektor bei der Industriestaatenorganisation OECD. Und er lässt mit einer Ansage aufhorchen: "Wir haben in vielen Ländern den Fehler gemacht zu glauben, dass Schule ohne Elternhaus auskommen kann, also die Schule ausgleichen kann, was vom Elternhaus nicht kommt. Was leistungsstarken Bildungssystemen gelingt, ist, das Elternhaus aktiv einzubinden." Wie das funktionieren könnte? Schleicher erzählt unter anderem von den Erfahrungen in einer Schule in China. Wie die Aussehen? Die Antworten gibt es im Video.

Außerdem: Die Experten und Bildungsaktivisten diskutieren jede Menge Vorschläge, was sich an den Schulen ändern könnte. Der Ex-Politiker Matthias Strolz, der sich im Rahmen der MEGA-Bildungsstiftung für Bildungsinitiativen starkmacht, hält Debatten über die Gesamtschule für sinnlos – die komme ohnehin nie. Aber eine sechsjährige Volksschule sei machbar. Und: Elementarpädagogik gehöre endlich ernst genommen. "Nur lieb zu den Kindern sein reicht nicht", so Strolz.

Weiters im Talk: Braucht es eine bessere Verteilung der Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache? Wieso beklagt Direktor Klar, dass es keine Anreize für engagierte Lehrerinnen und Lehrer gibt, in schwierigen Brennpunktschulen wie seiner zu arbeiten – und warum braucht es seiner Meinung nach mehr Förderung für Kinder in fremden Muttersprachen. Sehen Sie außerdem, warum die Elitenförderung in Asien besser gelingt und was sich Österreich da abschauen könnte. Schließlich geht es um die Frage: Sind unsere Lehrer gut und engagiert genug? Alle Antworten gibt es im Video. Moderation: András Szigetvari. (Video: Laura Schmidt, 17.12.2023)

i