Bei Massenveranstaltungen wie dem Silvesterpfad in Wien könnte 5G mmWave zum Einsatz kommen und für schnelle mobile Datentransfers sorgen. Hauptanwender solcher Campus-Netzwerke dürfte aber die Industrie sein.
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Wiener Silvesterpfad, tausende Leute tummeln sich auf engstem Raum, und natürlich will jeder und jede Einzelne den Liebsten ein Foto mit besten Wünschen für das neue Jahr schicken. Doch das Bild per Whatsapp will nicht gleich durch, und die Nachricht bleibt irgendwo im Äther hängen. Das liegt daran, weil mit den tausenden Menschen auch ihre Smartphones (und auch viele Zweitgeräte) sich in dieselbe Mobilfunkzelle einwählen. Da sich aber alle die gleiche Bandbreite teilen, kann es schon sein, dass es zu Störungen kommt. Die Lösung könnte 5G mmWave darstellen. In Österreich laufen aktuell die Versteigerungen der Frequenzen, und die Anwendungsgebiete umfassen noch mehr als die Lösung von vermeintlichen Luxusproblemen.

Hohe Bandbreite, kurze Reichweite

Im Mobilfunkstandard 5G werden die Frequenzen um 26 Gigahertz als mmWave bezeichnet. Dabei handelt es sich, wie der Name bereits andeutet, um Millimeterwellen, weil sie eine Wellenlänge von einem bis zu zehn Millimetern erreichen können. Diese extrem hohe Frequenz hat den Vorteil, dass die Bandbreite steigt und damit große Datenmengen schneller transportiert werden können als etwa bei WLAN-Frequenzen von 2,4 oder 5 Gigahertz. Im 26-Gigahertz-Bereich werden bei 800 Megahertz Bandbreite je nach Konfiguration Datenübertragungsraten zwischen 800 MBit/s bis knapp 2 GBit/s erreicht

Auch die Latenz, also die Verzögerung der Übertragung des Signals, ist gering. Aber wie jeder Hobby-Fernmeldetechniker weiß: Je höher die Frequenz ist, umso geringer ist die Reichweite. Im Fall von mmWave sind das 600 Meter, und das gilt nur unter Laborbedingungen und auf offener Fläche bei freier Sicht. Zudem ist die Dämpfung durch Wände oder Bäume sehr stark. Das bedeutet auch, dass dieses Frequenzband sich nicht zum flächendeckenden Einsatz eignet.

Aber: Es gibt trotz der technischen Grenzen dennoch sinnvolle Anwendungen, die man im Digitalisierungsstaatssekretariat auch gerne betont. So wäre der Einsatz der Technologie überall dort denkbar, wo sich viele Menschen auf engem Raum aufhalten, etwa in belebten Einkaufsstraßen. Fußballstadien sind ebenfalls so ein Ort oder eben der Wiener Silvesterpfad. Die Industrie könnte Maschinenhallen oder Produktionslinien mit einem eigenen schnellen Mobilfunknetz ausstatten und so etwa Roboter oder autonom fahrende Stapler bedienen. Außerdem wird es in Montagehallen einfacher, Maschinen umzustellen, weil man nicht mehr kilometerlange Netzwerkkabel verlegen muss.

Frequenzverkauf läuft

Dass man im Digitalisierungsstaatssekretariat gerade die Vorzüge der Technologie hervorhebt, passiert nicht ganz zufällig: Denn die Frequenzen gibt es aktuell käuflich im Rahmen einer Auktion zu erwerben, in der die Mobilfunkanbieter Angebote abgeben können.

Erstmals dürfen aber auch andere Unternehmen mitmachen. "Bislang gab es immer wieder große Kritik, dass nur Netzbetreibern Frequenzbereiche zur Verfügung gestellt werden. Jetzt können auch klassische Unternehmen die Frequenzen für einen örtlichen Bereich kaufen", erklärt Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) am Freitag. Damit schaffe man ein neues Feld für die Privatwirtschaft, die damit ein Stück weit unabhängig von den Mobilfunkanbietern werden kann. Genau diese Abhängigkeit habe in der Vergangenheit selten zu Jubelstürmen geführt, wie Tursky anmerkt. So steht der Frequenzbereich zwischen 24,3 und 24,9 Gigahertz der Privatwirtschaft für diese sogenannten Campusnetze zur Verfügung.

Die Frequenzbereiche von 25,5 bis 25,9 Gigahertz und 26,5 bis 27,5 Gigahertz werden an Netzbetreiber vergeben, die auch bereits Interesse signalisiert haben, so Tursky. Als Beispiel nennt der Staatssekretär etwa sportliche Großveranstaltungen wie das Hahnenkammrennen. Provider können dank mmWave die Netzbandbreite dort mit geringerem Aufwand als bisher die Bandbreiten des Mobilfunknetzes erhöhen, wenn etwa tausende Videos von der Abfahrt gleichzeitig hochgeladen werden. In dem am Montag gestarteten Bieterverfahren werden die Frequenzen noch in 200 Megahertz großen Abschnitten bis 11. Februar vergeben.

Ein großer Geldsegen für die Staatskasse ist aber nicht zu erwarten. Ging es bei den bislang insgesamt 22 Frequenzauktionen in Österreich oft um Milliardenbeträge, geht man bei 5G mmWave von Einnahmen im Bereichs eines geringen Millionenbetrags aus. Auch dass die Technologie Österreich im Ranking der Netzabdeckung weit nach vorne katapultiert, ist eher nicht zu erwarten, da sie nur lokal begrenzt eingesetzt werden kann. "Es geht auch nicht darum, möglichst viel Geld einzunehmen, sondern dass die Technologie zur Verfügung steht und auch genutzt wird", so Tursky.

Tursky droht mit Strafen

Auch im bereits bestehenden 5G-Bereich will man jetzt genauer hinschauen. Bei der Vergabe der Frequenzen verzichtete der Bund auf 100 Millionen Euro, erlegte den Providern aber Versorgungsauflagen auf. Sprich: Sie müssen bis 2026 insgesamt 1.702 unterversorgte Katastralgemeinden mit 5G versorgen. Aktuell wird geprüft, ob diese Auflagen auch eingehalten werden. Tursky stellt auch Sanktionen in Form von Geldstrafen in den Raum, sollte sich herausstellen, dass die Vereinbarung nicht eingehalten wurde. Wie hoch die Strafen sein werden, ist noch unklar. Aber sie würden wehtun, so Tursky. (Peter Zellinger, 15.12.2023)