Daniel Woo ist laut Medienberichten ein Strippenzieher des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit (MSS), der Politiker von europäischen Rechtsparteien für die Interessen Chinas einspannt. In einer umfangreichen Recherche des deutschen "Spiegel", der britischen "Financial Times" und der französischen "Le Monde" wird anhand eines jahrelangen Chatverlaufs detailliert geschildert, wie Woo dabei vorgegangen ist.

Chinas Flagge bei einer Parade. 
Chinas Flagge ist in Europa offenbar über dubiose Kreise hochgehalten worden.
AP/Chan Long Hei

Auf der einen Seite des Chats befindet sich eben Geheimagent Woo, auf der anderen Frank Creyelman, Politiker des Vlaams Belang (VB), einer rechtsextremen belgischen Partei. Dem Nachrichtenaustausch ist zu entnehmen, dass der 62-jährige Belgier immer wieder mit mehreren Tausenden Euro dafür bezahlt wurde, kleine und größere Aufträge durchzuführen.

Anfragen in Parlamenten

Klein, das war etwa, ein Profil von Charles Michel zu erstellen, also politische Ansichten, Hobbys und Ähnliches zusammenzufassen. Der belgische Politiker ist seit 2019 Präsident des Europäischen Rats. Groß, da geht es darum, im Sinne Chinas Anfragen in europäischen Parlamenten stellen zu lassen.

Den Chats zufolge war Woo vor allem darauf aus, bei den für China so wichtigen Themen wie Taiwan und Tibet, der Behandlung der Uiguren in Xinjiang oder der Nähe Europas zu den USA Inputs zum Vorteil Pekings zu erreichen.

Wissenschafter im Visier

Einmal ging es laut den Berichten auch darum, den Ruf des deutschen Wissenschafters Adrian Zenz zu zerstören, weil dieser China bei der Behandlung der Uiguren immer wieder scharf kritisierte. "Ich habe den Auftrag erhalten, den Ruf von Adrian Zenz zu attackieren", schrieb Woo an Creyelman im Jänner 2021.

In einer anderen Nachricht schrieb Woo an Creyelman: "Unser Hauptziel ist, die Beziehung zwischen den USA und Europa auseinanderzutreiben. Alles, was das Verhältnis zwischen EU und China mehrdeutig macht und die USA stört oder besorgt, ist willkommen."

Den Berichten zufolge haben sich auch AfD-Politiker dafür eingesetzt, Chinas Sichtweise zu verbreiten. Der Bundestagsabgeordnete Stefan Keuter etwa hat im Frühjahr 2021 im Parlament eine Kleine Anfrage gestellt. Es ging um eine angebliche Flüchtlingswelle aus Hongkong – und dass dadurch gewaltbereite Aktivisten ins Land drängen würden. Die Chats legen nahe, dass er dazu von Woo und Creyelman angestiftet wurde.

Behörden gehackt

Auch sonst gibt es Versuche, über die AfD weiteren Einfluss zu gewinnen. Zudem berichtet der "Spiegel" in einem weiteren Artikel, dass China in Deutschland Computer von Firmen und Behörden hackt und Desinformation verbreitet.

Außerdem belegen die Chatnachrichten, dass man stets versuche, weitere Kräfte zu rekrutieren. Offenbar hat man es auch bei Martin Selmayr probiert, einst Kabinettschef des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und heute Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Wien. Den Berichten zufolge hatte man aber keinen Erfolg. Auch Selmayr selbst sagt dem "Spiegel", dass er keinen Kontakt zu Creyelmann, zu Woo oder zu Vertretern chinesischer Geheimdienste hatte.

Mehrere Anfragen des "Spiegel" bei Woo, Creyelman und der chinesischen Botschaft in Berlin blieben unbeantwortet. (ksh, 15.12.2023)