Datenleitung eines Computers.
Österreich liegt mit einer Quote von 8,2 Prozent aller Festnetz-Breitbandanschlüsse im internationalen sowie im EU-Vergleich weit zurück.
imago/Gerhard Leber

Im Gastbeitrag erklären die Juristen Jasna Zwitter-Tehovnik und Martin Navara, wie die EU zu anderen Weltregionen aufschließen will.

In den letzten Jahren hat der Glasfaserausbau in der Europäischen Union erhebliche Fortschritte erzielt und spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung moderner Kommunikationsinfrastrukturen. Dennoch ist die Abdeckung mit einer schnellen und stabilen Netzverbindung in Europa nach wie vor nicht flächendeckend.

Österreich liegt mit einer Quote von 8,2 Prozent aller Festnetz-Breitbandanschlüsse im internationalen sowie im EU-Vergleich weit zurück. So sind in Singapur, dem Staat mit der aktuell schnellsten Internetgeschwindigkeit, bereits 99,9 Prozent aller Haushalte an ein Glasfasernetz angeschlossen, China als zweitbevölkerungsreichtes Land der Welt hat eine Haushaltsanschlussquote von 80 Prozent. EU-weit steht immerhin 37 Prozent der Haushalte ein Glasfasernetz zur Verfügung.

Die Mitgliedstaaten erhielten jedoch mit dem Digitalen Kompass 2030 der EU einen Impuls und Wegweiser für den Glasfaserausbau und das Erreichen der Zielsetzung, bis 2030 einen Gigabit-Anschluss für jeden EU-Einwohner bereitzustellen.

Zudem setzte die Kommission einen Eckpunktevorschlag für den Gigabit Infrastructure Act (Gigabit-Infrastrukturgesetz) auf. Die Verordnung sieht einen Mindestharmonisierungsstandard vor. Somit bietet diese einen Mindestrahmen und Anforderungen an die Mitgliedstaaten, welche in der Folge optimierte und – im Idealfall – bessere Lösungen verabschieden sollen.

Offener Zugang

Der EU-Gesetzesvorschlag aktualisiert die Kostensenkungsrichtlinie von 2014 und passt diese an den Ausbau von Hochleistungsnetzen an. Netzbetreiber werden gezwungen, ihre Glasfaserverbindungen anderen Unternehmen zur Mitbenutzung zu fairen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Eine Ablehnung kann nur auf Grundlage von festgelegten eingeschränkten Gründen wie dem Schutz kritischer Infrastruktur erfolgen, bedarf einer ausführlichen Begründung und unterliegt der Möglichkeit einer unabhängigen behördlichen Prüfung.

Zwecks Förderung eines offenen Zugangs und einer dahingehenden Kooperation der Netzbetreiber macht das Gesetzesvorhaben auch Vorgaben bei Zugangspreis und Vertragsbedingungen. Indem die Ausnahmebedingungen eindeutig festgelegt werden und es wenig Interpretationsspielraum gibt, könnte der durch die derzeit zunehmend vorkommenden Open-Access-Kooperationen geförderte Überbauschutz allerdings geschwächt werden. Dieser soll verhindern, dass jeder Netz-Anbieter eigene Hochleistungsnetze in populationsreichen und dadurch profitablen Gebieten, und damit zu Lasten weniger bewohnter Gebiete, ausbaut.

Anschluss in Gebäuden

Für Neubauten und generalsanierte Gebäude müssen gebäudeinterne physische Infrastruktur für Glasfaser und Zugangspunkte für Netzbetreiber bereitgestellt werden. Netzbetreiber haben dabei das Recht, ihr Netz bis zum Zugangspunkt auszubauen. Der Zugang zur gebäudeinternen Infrastruktur muss in der Folge fair und nichtdiskriminierend bleiben. Technische Standards und ein "fibre ready label" sind erforderlich. Ob "fibre ready", also fasertauglich, oder "gigabit ready", sprich Gigabit-tauglich, maßgeblich werden, ist allerdings noch in Diskussion.

Genehmigungen für den Ausbau von Hochleistungsnetzen sind von den Mitgliedstaaten EU-weit zu vereinheitlichen und elektronisch über den erwähnten "single information point" beantragbar zu machen.

Einfachere Genehmigung

Strittig ist das Prinzip der "stillen Zustimmung" (Erhalt einer Genehmigung bei Stillschweigen der Behörde), welche auf den Zweck der Förderung der schnellen Bereitstellung von Glasfaser-Hochleistungsnetzen in der EU zurückgeht. Offen bleiben in diesem Zusammenhang die mögliche Verfassungswidrigkeit einer solchen stillen Zustimmung in manchen Mitgliedstaaten sowie Instrumente für das anhaltende Problem der Verzögerung des Glasfaserausbaus in ländlichen Gebieten.

Netzwerkanbieter sind gut beraten, die gefragten Open Access Vereinbarungen und Finanzierungen unter Berücksichtigung von Subventionen im Einklang mit der existierenden Regulierung vorzubereiten und zukünftige Entwicklungen mitzubedenken. Sollte das Versprechen der EU eingelöst werden, wird der Glasfaserausbau EU-weit massiv zunehmen. (Jasna Zwitter-Tehovnik, Martin Navara, 16.12.2023)