Der Amarok neigt zur Schräglage. Zumindest dieser da direkt vor uns, und gleich sind wir an der Reihe, in der verschneiten Schottergrube (mit Kies(eln) aus der Würmeiszeit; was mögen die Menschen damals wohl eine Erderwärmung ersehnt haben), die zur Demonstration der gesteigerten Geländefähigkeiten des Amaroks dienen sollte.
Ja eh, so was muss ein Pick-up halt können, beim Heer in den Gefechtsübungen haben wir mit dem Puch G dramatischere Schieflagen hinbekommen. Aber. Der neue Amarok kann in der Hinsicht deutlich mehr als bisher, mehr als in der Kiesgrube abzufragen war, und das hat seine Gründe im Wechsel vom Vogel-V auf das Fenster-F, von Volks- auf Ford-Wagen, dazu unten noch ein Wort.
Die Böschung, der Winkel
Statt bisher 50 kann der Amarok jetzt 80 Zentimeter tief waten, beim Toyota Hilux, dem wichtigsten Gegner, wären es 70. Der Längen- (plus 9,6 cm) und Radstandszuwachs (plus 17,3) kommt den Insassen der Doppelkabine durch Platzgewinn entgegen, verschlechtert aber die Wendigkeit, wohingegen die besseren Böschungswinkel (30 Grad vorne, 26 hinten) ganz prinzipiell für mehr Wahlheimat Wildnis sprechen. Wer dort einmal im Schlammloch stecken bleibt, kann neuerdings ohne viel Aufwand rausgezogen werden, zwei gut zugängige Bergeösen an der Front bereinigen das bisherige Defizit.
Zur Geländekompetenz passt auch die optionale mechanische Hinterachssperre, und beim – stets zuschaltbaren – Allradantrieb stehen zwei Systeme zur Auswahl: eins mit drei, eins mit vier Antriebsarten. Man wechselt per Drehwahlknopf zwischen 2H, 4H und 4L – die Aktivierung der Untersetzung geht nur im Leerlauf –, 4A kommt bei der Topversion hinzu, wo sich der Allrad per Lamellenkupplung ohne manuellen Eingriff je nach Untergrundbedingungen automatisch zu- oder wegschaltet.
Für den Vortrieb zuständig sind drei Dieselaggregate, zwei kernig klingende Zweiliter-Vierzylinder mit 170 und 205 PS sowie ein Dreiliter-V6 mit 240 PS. Letzterer ist Luxus, den man in diesem Pick-up nicht zwingend braucht, wie der direkte Vergleich bei der Präsentation im bayerischen Aschheim zeigte. Die etlichen Tausender Preisunterschied kann man gut anderseitig in Pick-up-Zubehör investieren. Bei den Getrieben ist der Einstiegsdiesel nur manuell mit sechs Gängen zu verwalten, der V6 nur mit 10-Gang-Automatik, den mittleren gibt's mit sowohlalsauch.
Und wenn Sie jetzt vorhaben, eine Europalette nach Afrika, in die Mongolei oder nur ums Eck zu transportieren, dann geht das im Amarok erstmals auch quer. 1,19 Tonnen Gewicht sollte das Transportgut auf der Pritsche aber nicht überschreiten – immerhin 190 kg mehr als bisher. Sechs Ösen links und rechts mit kombinierter Zuglast von 400 kg sorgen für fixe Ladung. Ja, und auch hinten dran geht ganz schön was, bei 3,5 Tonnen Anhängelast steht dem Pferdhänger-, dem Motorbootstransport oder was sonst an Einsatzmöglichkeiten Sie aushecken mögen, nichts im Wege.
Das mit den vielen Aufbaugestaltungsmöglichkeiten muss nicht extra erwähnt werden, mit einigem Stolz verweist der Hersteller auf über 20 neue Assistenzsysteme, manches davon mag man für den Alltag auch als Drohung empfinden, aber das ist ein allgemeines Phänomen, und damit noch kurz zum Design: Eindeutig VW, außen wie innen, das hat Mercedes bei der Adaption des Nissan Navaras so nicht hinbekommen.
Der alte, echte VW Amarok wird übrigens in Argentinien weitergebaut, der neue für Europa und viele weitere zusätzliche Märkte stammt aber aus Südafrika und ist, wie gesagt, ein – wenn auch gekonnt umetikettierter –Ford Ranger. So was passiert, wenn eine Konzernführung nur mehr den Profit im Auge hat. (Andreas Stockinger, 21.12.2023)