Sturla Holm Lägreid beim Zieleinlauf der Verfolgung am Samstag. Am Sonntag durfte er nicht starten.
AFP/FABRICE COFFRINI

Der Massenstartbewerb des Weltcups in Lenzerheide, Schweiz, ging am Sonntag ohne Sturla Holm Lägreid unfallfrei über die Bühne. Norwegen war auf seinen fünffachen Weltmeister nicht angewiesen, Johannes Thingnes Böe führte einen dreifachen Erfolg an. Felix Leitner kam im elitären 30er-Feld nur auf Platz 27, David Komatz belegte mit Rückenproblemen Rang 29. Tamara Steiner wurde als einzige ÖSV-Vertreterin im Frauenrennen Letzte. Lisa Hauser fehlte wegen eines grippalen Infektes.

Lägreid war vom Weltverband IBU wegen eines Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften ausgeschlossen worden. Der Verstoß war, wie sich herausstellte, durchaus massiv. Aus Lägreids Gewehr hatte sich bereits vor dem Sprint am Freitag während des Trockentrainings im Teamhotel der Norweger einen Schuss gelöst. Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand. Dennoch leitete die Biathlon Integrity Unit gemeinsam mit den Schweizer Behörden eine Untersuchung ein, weitere Maßnahmen könnten folgen.

Lägreid beschreibt Vorfall

"Ich bedauere diesen Vorfall zutiefst und entschuldige mich bei der gesamten Biathlon-Familie, meinen Teamkollegen und dem Hotelbesitzer für das, was passiert ist", ließ Lägreid wissen. "Es ist eine wichtige Erinnerung an unsere Routine, was die Sicherheit und den Umgang mit der Waffe angeht. Am Freitag wurde die Wettkampfmunition ins Hotel gebracht und nicht wie üblich in den Teamcontainer."

Und weiter: "Später wollte ich mein Trockenschießen machen. Dabei ist mir gar nicht aufgefallen, dass meine Magazine geladen waren, obwohl ich sie 30 Minuten vorher selbst nachgeladen hatte. Zum Glück haben wir eine Sicherheitsroutine, wenn es um das Trockenschießen geht, und wir handhaben die Waffe immer so, als ob sie geladen wäre. Der Schuss ging in eine Sitzgelegenheit und es war niemand in Gefahr." Im Interview mit dem norwegischen TV-Sender NRK brach Lägreid in Tränen aus.

Das norwegische Team habe den Vorfall selbst beim Weltverband gemeldet. Das sei "die Art von Dingen, die wir befürchten, und zum Glück passiert das sehr selten. Es kann schwerwiegende Folgen haben, und einmal ist einer zu viel. Wir werden unsere Routinen überprüfen", sagte Sportchef Per Arne Botnan der norwegischen Zeitung VG.

Zumindest außerhalb der Teamquartiere ist der Umgang mit der Waffe im Biathlon genau geregelt. "Am Schießplatz muss der Lauf des Kleinkalibergewehrs immer in Richtung der Zielscheiben schauen. Du kannst dich nicht umdrehen, mit Trainern reden oder die Zuschauer grüßen. Wenn du das machst, kannst du zusammenpacken und heimgehen", sagte Christoph Sumann, ehemals erfolgreicher Biathlet und heute Kommentator, dem STANDARD.

Verschluss immer offen

Fehler sind ganz selten, führen aber sofort zur Disqualifikation. Der Deutsche Florian Graf hatte einmal bei starkem Schneefall ein Blackout und schaut nach Reinigung seiner Zielvorrichtung kurzzeitig in den Lauf der geladenen Waffe. "Das war grob fahrlässig, das geht gar nicht", sagt Sumann. Graf blieb unversehrt.

Unfälle passierten bisher ausschließlich beim Putzen der Waffe. Die "Deseret News" aus Utah, USA, berichtete Anfang der 90er-Jahre vom Tod eines Biathleten, der bei einem Stehendschießen einen Zusammenbruch erlitt und sich im Hinfallen selbst anschoss. Sumann kennt keinen Fall, bei dem jemand am Schießplatz getroffen wurde.

Die wichtigste Regel im Biathlon ist, dass der Verschluss der Waffe abseits des Rennens stets geöffnet ist. Wäre eine Patrone im Lauf, würde sie herausfallen. Transporttaschen für die Waffen haben deshalb ein Sichtfenster. (sid, luza, lü, 17.12.2023)

Biathlon-Weltcup in Lenzerheide vom Sonntag:

Frauen, Massenstart (12,5 km): 1. Justine Braisaz-Bouchet (FRA) 36:04,6 Min (0 Schießfehler) - 2. Elvira Öberg (SWE) +5,5 Sek. (2) - 3. Hanna Öberg (SWE) +10,6 (2). Weiter: 30. Tamara Steiner (AUT) +4:51,3 (4)

Weltcup-Gesamtwertung (8 von 21 Rennen): 1. Braisaz-Bouchet 427 - 2. Ingrid Landmark Tandrevold (NOR) 417 - 3. E. Öberg 393. Weiter: 28. Steiner 86 - 32. Anna Gandler (AUT) 78 - 34. Lisa Hauser (AUT) 75

Männer, Massenstart (15 km): 1. Johannes Thingnes Bö (NOR) 35:00,1 Min. (2) - 2. Johannes Dale (NOR) +14,5 Sek. (1) - 3. Tarjei Bö (NOR) +21,8 (1). Weiter: 27. Felix Leitner +3:06,7 Min. (3) - 29. David Komatz +3:58,2 (3)

Weltcup-Gesamtwertung (8 von 21 Rennen): 1. J.T. Bö 484 - 2. T. Bö 411 - 3. Dale 366. Weiter: 28. Leitner 97 - 35. Simon Eder (AUT) 70 - 36. Komatz 64