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Human-Computer-Interaction (HCI) versucht sich daran, Menschen die Bedienung von Technologien wie Ticketautomaten zu erleichtern. So können sich auch unerfahrenere Fahrgäste auf einfachem Wege Tickets holen.
APA/AFP/POOL/ANDREW MATTHEWS

Wer beim Begriff "Human-Computer-Interaction" (HCI) ratlos einen Computer befragen muss, dem springt HCI-Experte Manfred Tscheligi mit humanem Trost und Rat zur Seite: "Es geht um das Zusammenspiel von Menschen mit technologischen Lösungen und Artefakten." Technologie müsse nicht nur dabei helfen, ein Ziel zu erreichen oder eine Aufgabe zu lösen. Vielmehr müsse man sich beim Benutzen wohlfühlen, und die Technologie müsse so funktionieren, wie man es sich vorstelle. Auf der einen Seite stehen also die Wünsche und Erfahrungswelten des Menschen, auf der anderen digitale Produkte.

Zwei Sphären, ein Labor

Diese beiden Sphären zusammenzubringen hat man sich bei der Eröffnung des III.Labs (Triple I Lab) im heurigen September auf die Fahnen geschrieben, wobei die drei I für Intelligent, Interfaces und Innovation stehen. Die insgesamt rund 70 Mitarbeitenden setzen sich aus den bestehenden Forschungsteams des Center for Technology Experience des Austrian Institute of Technology (AIT) und des Forschungsbereichs Human-Computer-Interaction der Paris-Lodron-Universität Salzburg (PLUS) zusammen.

Geleitet werden sie von Tscheligi, der bereits fest an beiden Institutionen verankert ist – in Wien am AIT als Zentrumsleiter, in Salzburg als Professor für HCI. Das eigentliche Team des III.Lab am Campus Itzling der Uni Salzburg bilden vorerst als "Brückengruppe", um das Wort Schnittstelle nicht überzustrapazieren, acht Personen – darunter eine noch zu besetzende Position als AIT Principal Scientist beziehungsweise als Plus-Stiftungsprofessur.

Videocall und Klimakrise

Mit dem neu in Salzburg angesiedelten Forschungszentrum will Salzburg seine Rolle im Bereich Human-Computer-Interaction ausbauen, vorangetrieben auch von Innovation Salzburg, der Agentur für Innovation und Standortentwicklung in Stadt und Land Salzburg. Die Interaktion zwischen Menschen und Technik sei seit Smartphones für uns alltäglich geworden, funktioniere intuitiv und einfach, sagt Geschäftsführer Walter Haas. "Die technischen Möglichkeiten werden jedoch immer umfangreicher, wie zum Beispiel in der Industrieautomatisierung mit AI-Unterstützung, mit autonomem Fahren und vielem mehr, was wir uns womöglich noch gar nicht vorstellen können", sagt er.

Virtual Reality
Virtual und Augmented Reality eröffnen neues Potenzial, aber auch Hindernisse bei der Bedienung.
imago stock&people

"Das Ziel des Triple I Lab ist es, Dinge neu zu denken", sagt Tscheligi. Das fängt grundsätzlich schon bei besseren Lösungen für Videocalls an und geht bis zu Maschinen in Fabrikshallen. Thematisch stehen aber auch gesellschaftliche Herausforderungen aller Art, wie Klimakrise oder Pflege, zur Debatte und wie man dabei helfen kann sie zu lösen. Da wie dort soll die Benutzerfreundlichkeit von Schnittstellen erhöht und die Belastung des Menschen reduziert werden. "Je komplexer die Anforderung, desto weniger klare Lösungen gibt es, und deswegen ist auch der Forschungsbedarf in diesen komplexen Themen stärker gegeben."

Fokus auf Zielgruppen

Angetrieben wird die Forschung einerseits von Anforderungen wie Barrierefreiheit und Zugänglichkeit, aber auch sich stärker diversifizierenden Benutzervorstellungen und -wünschen. Dabei gelte es, immer kleinere Zielgruppen zu bedienen und immer mehr von ihren Charakteristiken zu kennen. Andererseits bekommt die sogenannte Immersion immer stärkeres Gewicht, also das vollkommene Eintauchen in virtuelle Welten – von Virtual bis Managed Reality, unter dem Gesamtbegriff Extended Reality. Hinter diesen Fachbegriffen steht die hybride Verschmelzung der realen mit der virtuellen Welt.

"Im Triple I Lab wollen wir zunächst einmal verstehen, was Hybridität überhaupt ist – und das ist eine ganz fundamentale Auseinandersetzung", sagt Tscheligi: "Zusätzlich zum Ort, an dem ich physisch bin, habe ich eine simulierte, eingeblendete Realität." Obwohl natürlich keineswegs darauf beschränkt, kann das einen praktischen Nutzen überall dort haben, wo es im weitesten Sinn um Sicherheit geht.

Mixed Reality für Notfälle

Bei dem internationalen Projekt MED1stMR unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird etwa eine Mixed-Reality-Lösung für Notfallsanitäterinnen und -sanitäter entwickelt, um komplexe Notfälle in einer virtuellen Umgebung zu trainieren. Dabei simuliert eine Hightech-Puppe ("grünes Mannequin") eine verletzte Person, die über KI-Mechanismen auf die Ersthilfe reagiert.

"Der Ersthelfer hat eine Brille auf, und über Extended Reality wird die Puppe zum Leben erweckt", erklärt Tscheligi das Szenario, bei der der Mensch sowohl die reale Puppe sieht als auch ein virtuelles Szenario eingeblendet bekommt. Das multimodale Erleben ist das Entscheidende, erklärt der Experte. "Ich habe etwas zum Angreifen, etwas Taktiles, das ich körperlich spüre, und gleichzeitig habe ich den Zusatzaspekt der Virtualität." Die Puppe kann virtuell zu bluten beginnen oder einen Atemstillstand erleiden, und darauf müsse dann rasch reagiert werden. Maßgeblich sei dabei, dass die Situation möglichst real erscheint. "Trainieren kann ich am besten, wenn ich auch Stress empfinde", erläutert Tscheligi.

Roboter benutzeroberfläche
Damit Roboter in die Gesellschaft integriert werden können, muss ihre Benutzeroberfläche intuitiv sein.
IMAGO/Yoshio Tsunoda

In einem interdisziplinären Zusammenspiel aus Informatik, Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Soziologie, Kognitionswissenschaft sowie aus Grafik, Design und Ergonomie haben sich die Forschenden insgesamt fünf Schwerpunktthemen – Human in the Loop, Intelligent Interaction Artefacts, Next Generation Human Centered Design, Societal Interfaces und Hybrid Futures – vorgenommen. Dass daraus gleich revolutionäre Schnittstellen hervorgehen, glaubt Tscheligi nicht.

Alle Sinne ansprechen

Die Entwicklung im Bereich neuer Interfaces sei eine sehr langfristige, man denke nur an Computermäuse oder Touchscreens, die schon vor Jahrzehnten entwickelt wurden und noch immer im Einsatz sind. Potenziale sieht er eher im Bereich der multimodalen Interaktion, wenn auch nicht von heute auf morgen: "Multimodalität heißt: Das Ansprechen beziehungsweise Nutzen aller Sinne, also Sprache, visuell und taktil. De facto geht es darum, einfach mehr mitzukriegen, was in der Realität passiert."

Gefragt nach den Zielen für das vom Land Salzburg kofinanzierte III. Lab in fünf Jahren, will Tscheligi dann Prototypen und Demos herzeigen, statt nur darüber zu reden. Was den Forscher selbst antreibt, ist "riesengroße Neugier und Spannung beim Finden neuer Formen, wie Mensch und Maschine synergetisch zusammenwirken können", letztlich aber auch, neue Technologien immer aus der Perspektive der optimalen Umsetzung für den Menschen zu sehen. (Mario Wasserfaller, 2.1.2024)