Aufarbeitung ist das Wort dieser Tage und um Aufarbeitung ging es auch am Freitag in der "ZiB 2". Diesmal arbeitet Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober, damals ab Frühling 2020 Chefmanager der Pandemie, seine politische Arbeit auf und sich auch daran ab. Wir erinnern uns, wie immer wieder davon gesprochen wurde, dass die nächsten Wochen die entscheidenden seien. Diese Sätze haben wir alle noch im Ohr, zu hören bekamen wir sie immer wieder zwischen Februar und September 2020.

Ex-Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) war zu Gast bei Margit Laufer in der
Ex-Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) war zu Gast bei Margit Laufer in der "ZiB 2".
Foto: Screenshot ORF-TVThek

Der Babyelefant oder auch der Kurz-Sager, wonach "bald jeder von uns jemanden kennen wird, der an Corona gestorben ist", kommt einem da auch noch in den Sinn. Immer wieder wurde versucht, die Bevölkerung auf die Richtigkeit von Lockdowns und andere Maßnahmen einzuschwören. "Das habe ich versucht auch rhetorisch ein bisschen zuzuspitzen", sagt Anschober heute dazu. Was sein persönlich größter Fehler war, will ORF-Moderatorin Margit Laufer wissen. Auf diese Fragen hat Anschober Fragen. "Sind wir richtig bei den Schulen vorgegangen? Sind wir richtig bei den Altenheimen vorgegangen?" Es gebe hier "kein schwarz oder weiß".

Der Ausritt der FPÖ

Zu Beginn habe die politische Zusammenarbeit gut funktioniert, vor dem ersten Lockdown im März 2020 etwa habe es innerhalb von eineinhalb Stunden den Konsens mit allen Partien und allen Landeshauptleuten gegeben. Doch dann habe die "Verpolitisierung" begonnen und die FPÖ sei zuerst "ausgeritten". Weil man sich offenbar erwartet habe, "dass man bei den Unzufriedenen, bei den Maßnahmengegnern, fischen kann und Stimmung machen kann mit dieser Stimmung", so Anschober. Aus Sicht der FPÖ ist dieses Fischen wohl gelungen, zumindest wenn man sich die aktuellen Umfragewerte ansieht.

Anschober erinnert sich und damit auch uns an den Impfwettbewerb, "wer kommt früher dran?", die Impfung habe "uns ja enorm viel geholfen", er wehrt sich dagegen, die Impfung "jetzt zu diskreditieren". Was lief falsch? Ein Fehler sei, dass "wir den Diskurs über die Pandemie und über Pandemiemaßnahmen zu lange, zu stark den Maßnahmengegnern überlassen haben", sagt Anschober und wünscht sich einen zweiten Teil einer Aufarbeitung.

ZIB 2: Ex-Gesundheitsminister Anschober zu Corona-Aufarbeitung
ORF

"Ich würde wieder genauso handeln", sagt Anschober und meint damit die erste Phase der Pandemie. Dann - in Phase zwei - würde er die Opposition stärker einbeziehen. "Das ist schon auch eine Bringschuld natürlich seitens der Regierung" sagt er da, um gleich darauf zu relativieren, "aber wir waren damals extrem unter Druck, wir haben versucht, das Beste zu machen", eine Partei habe sich der Einigkeit irgendwann verweigert. Die anderen Oppositionsparteien lobt er, SPÖ und Neos hätten sich "hochkonstruktiv" verhalten. Dass Aufarbeitung passiert, begrüßt er, es gehe darum, besser zu werden und da müsse man genau hinschauen, "keine Regierung war fehlerlos in dieser schwierigen Phase".

"Bisschen kindische" Entschuldigungen

Und dann geht es auch noch (in der Langfassung des Interviews) um Entschuldigungen, die ja etwa die FPÖ vom derzeitigen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) fordert. Ob er sich entschuldigt, will Laufer von Anschober wissen. "Ich fordere ja auch nicht von der FPÖ, dass sie sich entschuldigt", sagt er da in Richtung der Blauen, die ja diese Einigkeit zerstört hätten. Mit Entschuldigungen zu arbeiten, hält er "für ein bisschen kindisch".

Hier gibt sich Anschober dann ganz lösungsorientiert: "Besser müssen wir werden", es gehe darum, Fehler, die gemacht wurden, zu analysieren, "schonungslos auf den Tisch legen" und sie dann zu korrigieren, etwa durch ein neues Pandemiegesetz, durch Verbesserungen bei der Digitalisierung, durch einheitlichere Maßnahmen bei einer "man weiß es nicht, irgendwann einmal kommenden nächsten Krise". Bleibt die Hoffnung, dass dieses Irgendwann in weiter Ferne liegt. (Astrid Ebenführer, 23.12.2023)