Ein Gamer mit blutverschmierten Händen, Sohn einer Bildhauerin mit Neigung, auch den Nachwuchs zu formen, eine tote, Gamerin, mit deren Ableben der Sohn nichts zu tun haben will. Das ist der Ausgangspunkt des vorletzten "Tatort" aus Frankfurt mit den Ermittlern Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) am Dienstagabend alleine in der ARD. Der Feiertagskrimi scheidet die Geister der TV-Kritik. Aber wie sehen Sie den "Tatort: Kontrollverlust"?

"Psychokrimi-Gesamtkunstwerk"

Heike Hupertz trauert schon jetzt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" um das Ermittlerduo des Hessischen Rundfunks, dem nach "Kontrollverlust" noch noch ein Fall bleibt: "Herausragend gespielt von Jeanette Hain als kontrollierender Schöpferin und Béla Gábor Lenz als Geschöpf (und Mensch mit Eigensinn), wird dieser "Tatort" nicht nur als Mutter-Sohn-Drama, sondern als Gesamtkunst aller Gewerke in Erinnerung bleiben. Nur noch ein Mal, dann geht für den Frankfurter "Tatort" mit Janneke und Brix das Licht aus. Wie groß der Verlust sein wird, sieht man bereits hier."

"Kontrollverlust" im vorletzten "Tatort" mit den Ermittlern Anna Jannecke und Paul Brix, im Bild: Bela Gábor Lenz als Lucas Baer.
HR/Bettina Müller

"Plumpe Figuren aus Gips"

Torsten Wahl beklagt in der "Berliner Zeitung" nicht nur, aber besonders an der Rolle des Hausmeisters mit "Aufwachen"-Shirt aus der sächsischen Heimat auch der getöteten Gamerin, und vor allem an seinem "Kurzreferat zum Thema entmündigter und gedemütigter Osten halten. Bitter beklagt der Hausmeister den Verlust der Elitejobs und erklärt, seine Generation habe nur die Depressionen der Eltern geerbt. Dieses hölzerne politische Traktat bleibt ein störender Fremdkörper – ist aber nur eines der vielen unstimmigen Elemente dieses weitgehend spannungslosen Krimis."

Kritiker Wahl nervt auch "die Beschwörung von Künstlerseelen, die nur als neurotische Wesen jenseits der Norm echte Kunst erschaffen können. So will die übergriffige Bildhauerin Annette nicht nur Skulpturen kreieren, sondern aus ihrem Sohnemann Lucas einen Künstler formen. Eine ästhetische Befreiung für den Zuschauer ist es, als im Finale ihre Armee plumper Gipsfiguren endlich zu Bruch geht."

Jeanette Hain im
Jeanette Hain im "Tatort" als Mutter des Buben, der zum "Kontrollverlust" neigt.
HR/Bettina Müller

"Traumschiff" statt "Tatort"

Gewaltig gelangweilt hat der "Tatort: Kontrollverlust" auch STANDARD-Kritikerin Birgit Baumann: "Die Mutter leidet, der Sohn leidet, man weiß sowieso, wer es war. Also leidet man als Zuseherin auch – vor allem wegen platter Sätze wie: 'Kinder werden groß, das tut weh." Baumann seufzt über das "Finale aus dem Krimi-Setzkasten" und schaut sich verzweifelt nach Alternativen um: "Das ist der Moment, an dem man schaut, was der ORF am Stefanitag so bietet. Ah, das Traumschiff. Warum nicht? Schlimmer als der Tatort kann es nicht werden."

Vorletztes Mal: Die
Vorletztes Mal: Die "Tatort"-Ermittler Paul Brix (Wolfram Koch), Jonas Hauck (Isaak Dentler), Anna Janneke (Margarita Broich).
HR/Bettina Müller

Und wie sehen Sie den "Tatort: Kontrollverlust"?

Wir sind gespannt auf Ihren Befund zum Frankfurter "Tatort" im Forum. (red, 26.12.2023)