Waffenproduzent Gaston Glock 2003 bei einer Veranstaltung in Velden
Waffenproduzent Gaston Glock, fotografiert im Herbst 2003 bei einer Veranstaltung in Velden.
APA/GERT EGGENBERGER

Gaston Glock ist tot. Er ist am Mittwoch im Alter von 94 Jahren verstorben. Er ist gegangen, wie er zuletzt gelebt hat: zurückgezogen in der Familienvilla in Velden am Wörthersee, die Öffentlichkeit meidend, fast heimlich.

Gaston Glock wurde am 19. Juli 1929 in Wien geboren. Er war gerade drei Monate alt, als es zum großen Börsenkrach in New York kam, dessen Erschütterungen rasch auch Europa erfassten und eine folgenschwere Weltwirtschaftskrise auslösten. Dass Glock einmal eine Waffenproduktion in Österreich aufbauen und sich damit weltweit nicht nur in einschlägigen Kreisen einen Namen machen würde, war damals noch weit weg.

Es ist ein unscheinbarer Ort, wo sich die Wiege der Glock-Waffenproduktion befindet. Es gibt in Deutsch-Wagram, einer gut 9.000 Einwohner zählenden Gemeinde nordöstlich von Wien, den Marchfelderhof, bekannt für Spargelessen und seine kitschig-kuriose Inneneinrichtung, ein Eisenbahnmuseum – und eben Glock. Hinter hohen Mauern werden dort seit 1963 Waffen hergestellt. Glock ist für seine ultraleichten Pistolen bekannt, bei Polizeibehörden ist man weltweit die Nummer eins. Doch wie genau schaffte es Gaston Glock, ein gelernter Kunststofftechniker, die Waffe zu jener Kultmarke zu machen, die sie heute ist?

Alles begann 1980

Alles begann im Jahr 1980, als das Bundesheer wegen technischer Probleme der bis dahin verwendeten Pistole Walther P-38 nach Alternativen Ausschau hielt. Weil es am Markt eine solche nicht gab, wandte man sich an den Vorhangstangenhersteller Gaston Glock, der das Heer bereits mit Gewehrgurten und Feldmessern belieferte, hat das Magazin "Forbes" recherchiert. Die neue Pistole sollte leichter sein, ein größeres Magazin haben und günstig herzustellen sein.

Ohne große Kenntnis von Pistolen begann Glock zu tüfteln. Das Gewichtsproblem löste er durch ein Griffstück aus Polymer, das die neue Waffe im Vergleich zu den Schießeisen der Konkurrenz nicht nur leichter, sondern auch weniger korrosionsanfällig machte. Die Art der Sicherung war ebenso ein Novum: Anstelle einer manuellen Sicherung verwendete Glock einen neuartigen Abzug mit vorgespanntem Schlagbolzen. So war die Pistole nach jedem Schuss automatisch gesichert und ließ sich nur durch erneutes Betätigen des Abzugs wieder entsichern und auslösen.

Zudem verfügte die Waffe über ein Magazin, das 17 Patronen fassen konnte – mehr als doppelt so viel wie jenes der P-38. Das österreichische Bundesheer war begeistert und bestellte 20.000 Stück. Der Umstieg ins Pistolengewerbe entwickelte sich für Glock zu einem lukrativen Geschäft. Doch eine konkrete Strategie für sein Unternehmen fehlte.

Zur gleichen Zeit versuchte ein gewisser Karl Walter sein Glück als Waffenhändler jenseits des Atlantiks. Der Österreicher reiste in einem Wohnmobil durch die USA, um an Polizeiwachen Schusswaffen zu verkaufen, die er importierte. Im "Land des Revolvers" war die neue Glock als "Pistole aus Plastik" verschrien. Doch Walter wollte verstehen, wieso sich die Streitkräfte in Österreich ausgerechnet für diese Waffe entschieden hatten.

Während eines Wien-Besuchs 1984 nahm er Kontakt mit Glock auf und erzählte ihm von seiner Idee, Polizisten in den USA zum Umstieg von Revolvern auf Pistolen zu bewegen. Glock war einverstanden und stimmte dem Aufbau einer Gesellschaft in Übersee zu.

Eine Glock-Pistole ragt bei einem Polizisten unter dem Sakko hervor
Eine Glock-Pistole ragt bei einem Polizisten des Personenschutzes unter dem Sakko hervor.
imago images/Rolf Poss

Glock USA war kein Jahr alt, als 1986 Polizeibehörden im Land vehement die Einführung einer halbautomatischen Pistole forderten. Immer mehr Polizisten fielen dem blutigen "Krieg gegen die Drogen" zum Opfer. Als Agenten des FBI im selben Jahr bei einer Schießerei starben, weil ihre Revolver nichts gegen den Kugelhagel der Selbstladepistolen ausrichten konnten, meinte der damalige FBI-Direktor William Sessions, dass "ein Umstieg zum Wohle unserer Agenten sowie aller Amerikaner unerlässlich" sei.

Glocks neue Pistole war damals bereits Gegenstand hitziger Debatten. So hieß es etwa, sie sei aufgrund ihres hohen Kunststoffanteils leicht durch Flughäfen zu schmuggeln und daher die ideale Terroristenwaffe. Die Behauptung wurde zwar bald widerlegt, das rege Interesse an der mysteriösen Glock blieb. Kurz nach dem tragischen Vorfall bestellte das Miami Police Department 1100 Exemplare, andere Großstädte folgten. Dank der Traumfabrik in Hollywood ging ab 1990 alles noch schneller. In Stirb langsam 2 warnt John McClane (Bruce Willis) einen Flughafenchef: "Der Punk hat eine Glock 7 gezogen! Eine Ahnung, was das ist? Eine Pistole aus Porzellan, hergestellt in Deutschland – taucht nicht auf Metall-Detektoren auf!" Wiewohl inhaltlich falsch, war der Werbeeffekt für Glock enorm, die Verkaufszahlen schossen in die Höhe. Arnold Schwarzenegger, auch John Malkovich – mehr und mehr Hollywood-Stars wurden Werbeträger, die Glock entwickelte sich zum Verkaufsschlager am zivilen Markt. Je eine Produktionsstätte in Georgia, USA, sowie in Ferlach, Kärnten, kamen hinzu.

Förderer von Haider

Privat machte Glock als Unterstützer und Förderer des früheren Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider von sich reden; Medienberichte, die ihn mit der FPÖ in Verbindung brachten, dementierte er.

Der Name Glock tauchte auch rund um eine Investorengruppe bei der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria auf, wobei seine Rolle unklar blieb. Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung, die es auch gab, wurden später wieder eingestellt.

Der Pferdeliebhaber machte auch als Wohltäter von sich reden. So spendete der in Velden am Wörthersee zurückgezogen lebende Milliardär etwa um Weihnachten 2012 insgesamt 550.000 Euro für Krankenhäuser in Wien und Klagenfurt. Dazu finanzierte er das Gaston Glock Zentrum für Invasive Kardiologie und Elektrophysiologie.

2008 landete Glock nach einem leichten Schlaganfall im Krankenhaus. In seinen letzten Lebensjahren lieferte er sich einen Rosenkrieg mit Ex-Frau Helga, mit der er drei gemeinsame Kinder hat. Von ihr ließ er sich 2011 nach 49 Jahren Ehe scheiden, um die 51 Jahre jüngere Kathrin Tschikof zu heiraten. Sie erbt jetzt sein Vermögen.

Erst vor wenigen Monaten sind in der IGG, der Ingenieur Gaston Glock Privatstiftung, Änderungen vorgenommen worden. Per Antrag der Stiftungsvorstände Gaston Glock, Kathrin Glock und Birgit Lajtai-Nagl, der Hausanwältin, wurde in der Stiftungsurkunde festgehalten, dass die Ursprungsfamilie (Ex-Frau Helga und die drei Kinder Gaston jr., Robert und Brigitte) in der Stiftung kein Mitspracherecht mehr haben. (Günther Strobl, 28.12.2023)