Marco Schwarz wurde nach seinem Sturz von einem Hubschrauber geborgen.
AP/Giovanni Zenoni

Bormio – Großes Pech für Marco Schwarz. Der Führende im Gesamtweltcup kam am Donnerstag bei der Abfahrt auf der Stelvio in Bormio zu Sturz und krachte hernach in die Fangnetze. Der Österreicher schien zunächst ohne gröbere Verletzungen davongekommen zu sein, wurde dann aber doch von Helfern gestützt von der Strecke gebracht, mit geschientem rechtem Bein von einem Hubschrauber geborgen und nach einer ersten Voruntersuchung in Bormio noch am Nachmittag nach Innsbruck gebracht, er klagte über Schmerzen im rechten Knie. Am Abend kam die Diagnose: Riss des vorderen Kreuzbands, Meniskusriss und leichter Knorpelschaden, die Saison ist für Schwarz damit zu Ende. "Ich hab sofort gespürt, dass etwas nicht hundertprozentig passt im Knie", sagte er nach der Diagnose.

Nun muss er sich am Freitag einer Operation in der Privatklinik Hochrum beim Spezialisten Christian Fink unterziehen. Fink hatte zuletzt bereits ÖFB-Star David Alaba nach dessen Kreuzbandriss operiert. Schwarz: "Es geht mir trotz der Umstände sehr gut, der Blick ist nach vorne gerichtet. Weiter geht's. Das Ziel ist nun klar: ich will wieder dorthin zurückkommen, wo ich war. Dafür werde ich alles geben."

"Wie befürchtet ist die Diagnose leider doch sehr schlimm ausgefallen bei Marco. Die Saison ist natürlich vorbei, das ist ein bitterer Verlust für die ganze Mannschaft. Klar, wenn die Galionsfigur einfach ausfällt, ist es sicher sehr, sehr schwierig", sagte Alpinchef Herbert Mandl. Man müsse weiterkämpfen, auch wenn momentan die Stimmungslage nicht allzu positiv sei. "Morgen steht ein Super-G an. Die Burschen sind sich dessen bewusst, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem sie sich bewegen. Sie müssen alles riskieren, um vorne dabei zu sein."

Marco Schwarz war bei seinem Premierenrennen in Bormio aussichtsreich unterwegs.
AFP/FABRICE COFFRINI

Beim sechsfachen Weltcupsieger war bereits im Februar 2019 das Kreuzband im linken Knie gerissen. Nach einem Einriss des Syndesmosebandes im linken Sprunggelenk im November 2021 hatte er sich langsam wieder in die Weltspitze nach vor gearbeitet und demonstrierte zuletzt in sämtlichen Disziplinen seine Klasse. Als einzigem Weltcup-Athleten waren ihm Top-zehn-Platzierungen in allen Disziplinen gelungen.

Schwarz hat erst vor Weihnachten mit dem Sieg beim Nachtslalom in Madonna di Campiglio die Führung im Gesamtweltcup von Titelverteidiger Marco Odermatt aus der Schweiz übernommen und damit die Hoffnung genährt, als erster Österreicher seit Marcel Hirscher 2019 die große Kristallkugel gewinnen zu können. Nach sieben Rennen führte der Allrounder mit 464 Punkten acht Zähler vor Odermatt. Der drittplatzierte Kroate Filip Zubcic hatte bereits 266 Punkte Rückstand auf Schwarz.

Schwarz im Pech

Der Sturz und die Verletzung sei "tragisch", speziell angesichts der Topform, in der sich Schwarz zuletzt befand. "Er war richtig im Flow, in vier Disziplinen. Weltweit gibt es nur noch ihn, der das macht", sagte Mandl dem STANDARD. Das Rennprogramm von Schwarz mit Starts in allen Disziplinen war laut Mandl nicht zu intensiv, nicht der Grund für die Verletzung. "Es war seine Intuition, sich im Speedbereich zu etablieren", sagte Mandl. "Das war auch für den Gesamtweltcup wichtig. Es war sein Herzenswunsch, jetzt hatte er Pech. Der kommt sicher zurück."

"Er ist ein Kämpfer und wird wieder stark zurückkommen", sagte Ski-Austria-Cheftrainer Marko Pfeifer. In einer kleinen Kompression bei einem Linksschwung war es passiert. "Das ist das Los des Abfahrtssports. Da war eine Welle, wo er extremen Druck gekriegt hat, nicht gefasst war, dann hat er einen Schmerz verspürt und sich fallen gelassen", erklärte Pfeifer.

Atomic-Rennsportleiter Christian Höflehner sprach in einer ersten Reaktion auf STANDARD-Nachfrage von einer "Katastrophe". Auch für den Ausrüster war Schwarz das Aushängeschild im Kampf um den Gesamtweltcup, zwei Serviceleute kümmern sich im Winter um die Skier des Kärntners.

Hasardeur Sarrazin triumphiert

Den Sieg in Bormio holte sich Cyprien Sarrazin in 1:50,73 Minuten. Der 29-jährige Franzose verwies Odermatt (+0,09 Sekunden) und den Kanadier Cameron Alexander (+1,23) auf die Plätze. Odermatt hat damit die Führung im Gesamtweltcup wieder übernommen. Für Sarrazin war es bei seinem erst zehnten Abfahrtsstart der erste Erfolg in der schnellsten Disziplin. Davor hatte er im Weltcup erst einmal triumphiert, als er 2016 den Parallelriesentorlauf zu Alta Badia gewann.

Alles richtig gemacht hat Cyprien Sarrazin.
AP/Alessandro Trovati

Vincent Kriechmayr (2,07) belegte als bester Österreicher Platz fünf, Raphael Haaser (2,67) reihte sich ex aequo mit dem Italiener Florian Schieder als 14. ein. Daniel Danklmaier (2,92) kam nicht über Rang 20 hinaus. Noch deutlicher an den Spitzenplätzen vorbei fuhren Daniel Hemetsberger (32.), Otmar Striedinger (39.), Stefan Babinsky und Stefan Rieser (beide ex aequo 42.).

Vorjahressieger Kriechmayr wollte wie der ausgeschiedene Norweger Aleksander Aamodt Kilde einen Stein erwischt haben. "Ärgerlich, aber gehört dazu", sagte der Oberösterreicher. Zu den Geschlagenen gehörte vor dem Super-G am Freitag (11.30 Uhr / ORF 1) auch Bormio-"König" Dominik Paris. Der siebenfache Stelvio-Sieger aus Italien, zuletzt auch Gewinner in Gröden, legte sich auf dem Weg zu einem möglichen Podestplatz zwischenzeitlich in den Schnee.

Sarrazin hatte mit einer Trainingsbestzeit bereits aufgezeigt und sich für seinen riskanten Fahrstil belohnt. Odermatt wollte sich nichts vorwerfen. "Es war die perfekte Fahrt, es ist alles aufgegangen, aber einer war schneller", sagte der Sieger von 27 Weltcuprennen, der in den vergangenen beiden Saisonen jeweils den Gesamtweltcup gewonnen hatte. (honz, luza, APA, 28.12.2023)

Der Rettungshubschrauber kam in Bormio zum Einsatz.
AP/Alessandro Trovati

Ergebnisse der Weltcup-Abfahrt in Bormio:

1. Cyprien Sarrazin (FRA) 1:50,73
2. Marco Odermatt (SUI) 1:50,82 +0,09
3. Cameron Alexander (CAN) 1:51,96 +1,23
4. Justin Murisier (SUI) 1:52,54 +1,81
5. Vincent Kriechmayr (AUT) 1:52,80 +2,07
6. Mattia Casse (ITA) 1:52,88 +2,15
7. Niels Hintermann (SUI) 1:52,94 +2,21
8. James Crawford (CAN) 1:53,09 +2,36
9. Nils Alphand (FRA) 1:53,10 +2,37
10. Marco Kohler (SUI) 1:53,12 +2,39

11. Miha Hrobat (SLO) 1:53,18 +2,45
12. Wiley Maple (USA) 1:53,22 +2,49
13. Alexis Monney (SUI) 1:53,31 +2,58
14. Florian Schieder (ITA) 1:53,40 +2,67
14. Raphael Haaser (AUT) 1:53,40 +2,67
16. Blaise Giezendanner (FRA) 1:53,56 +2,83
16. Adrien Theaux (FRA) 1:53,56 +2,83
18. Pietro Zazzi (ITA) 1:53,57 +2,84
19. Andreas Sander (GER) 1:53,64 +2,91
20. Daniel Danklmaier (AUT) 1:53,65 +2,92

21. Simon Jocher (GER) 1:53,71 +2,98
22. Arnaud Boisset (SUI) 1:53,79 +3,06
22. Alexis Pinturault (FRA) 1:53,79 +3,06
22. Matthieu Bailet (FRA) 1:53,79 +3,06
25. Nils Allegre (FRA) 1:53,81 +3,08
26. Stefan Rogentin (SUI) 1:53,89 +3,16
27. Jared Goldberg (USA) 1:54,01 +3,28
28. Elian Lehto (FIN) 1:54,06 +3,33
29. Christof Innerhofer (ITA) 1:54,07 +3,34
30. Guglielmo Bosca (ITA) 1:54,08 +3,35

Weiter:
32. Daniel Hemetsberger (AUT) 1:54,15 +3,42
40. Otmar Striedinger (AUT) 1:54,81 +4,08
43. Stefan Rieser (AUT) 1:55,09 +4,36
43. Stefan Babinsky (AUT) 1:55,09 +4,36

Ausgeschieden u.a.:
Marco Schwarz (AUT), Romed Baumann (GER), Aleksander Aamodt Kilde (NOR)

Gesamtwertung (nach 9 Rennen):

1. Marco Odermatt (SUI) 536
2. Marco Schwarz (AUT) 464
3. Cyprien Sarrazin (FRA) 200
4. Filip Zubcic (CRO) 198
5. Manuel Feller (AUT) 180
5. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 180
5. Henrik Kristoffersen (NOR) 180
8. Bryce Bennett (USA) 178
9. Vincent Kriechmayr (AUT) 177
9. James Crawford (CAN) 177

Abfahrt (nach 3 Rennen):

1. Marco Odermatt (SUI) 176
2. Bryce Bennett (USA) 160
3. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 160
4. Cyprien Sarrazin (FRA) 150
5. Dominik Paris (ITA) 124
6. James Crawford (CAN) 122
7. Mattia Casse (ITA) 98
8. Nils Allegre (FRA) 96
9. Cameron Alexander (CAN) 86
10. Vincent Kriechmayr (AUT) 77

Mannschaft (9):

1. Österreich 1278
2. Schweiz 1257
3. Frankreich 815
4. Norwegen 691
5. Italien 559
6. USA 387
7. Kanada 356
8. Deutschland 281
9. Kroatien 212
10. Slowenien 201