Wasserstoff
Wasserstoff könnte in Zukunft vor allem in energieintensiven Branchen wie der Luftfahrt oder der Stahlindustrie genutzt werden.
AP/Bernat Armangue

Es ist ein wenig verwirrend, in wie vielen "Farben" Wasserstoff daherkommt: Es gibt unter anderem grünen, blauen, pinken, türkisen, grauen und weißen Wasserstoff. Das hat jedoch weniger mit der tatsächlichen Farbe zu tun – denn Wasserstoff ist ein farbloses Gas. Stattdessen beschreibt die Farbe die Art und Weise, wie Wasserstoff produziert wird: Durch Elektrolyse von Wasser mit erneuerbaren Energien (grün), Erdgas (grau) oder etwa Atomstrom (pink).

Vor allem grüner Wasserstoff gilt seit einiger Zeit als Hoffnungsträger für die Energiewende: Für die Herstellung des Wasserstoffs per Elektrolyse von Wasser kommt nur erneuerbarer Strom zum Einsatz, was grünen Wasserstoff wesentlich nachhaltiger macht als grauen Wasserstoff. Zudem lassen sich mit Wasserstoff in Zukunft möglicherweise energieintensive Flugzeuge, Schiffe und Stahlwerke betreiben. Nicht zuletzt lässt sich mithilfe von Wasserstoff erneuerbare Energie über einen längeren Zeitraum speichern. Der große Vorteil: Bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht kein Treibhausgas, sondern nur Wasserdampf. Der Nachteil: Für die Herstellung braucht es viel Energie, was Wasserstoff meist recht teuer macht.

Riesiges Vorkommen in Frankreich

Seit kurzem sind Staaten und Forschende deshalb auch vermehrt auf der Suche nach weißem Wasserstoff. Dieser kommt natürlich in der Erdkruste vor – meist in mehreren Tausend Meter Tiefe. Erst im September sind Forschende in Ostfrankreich zufällig auf ein unterirdisches Wasserstoffvorkommen gestoßen. Laut Berechnungen der Forschenden könnte es sich dabei um das größte Vorkommen der Welt handeln. Geschätzte 46 Millionen Tonnen Wasserstoff sollen in bis zu 3.000 Meter Tiefe lagern. Zum Vergleich: Weltweit werden derzeit ungefähr 90 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr produziert.

Eigentlich wollten die Forscherinnen und Forscher nur bestimmen, wie hoch der Methangehalt im Boden in der Region Lothringen ist. Je tiefer die Forschenden jedoch bohrten, desto mehr Wasserstoff war mit dem Methan vermischt. In 3.000 Meter Tiefe könnte die Wasserstoffkonzentration laut Berechnungen bereits bei 90 Prozent liegen. Um dem genauer auf den Grund zu gehen, müssten laut Forschenden jedoch weitere Bohrungen durchgeführt werden.

Günstigerer Wasserstoff

Der Vorteil im Vergleich zu grünem Wasserstoff: Weißer Wasserstoff – auch als natürlicher Wasserstoff bezeichnet – muss nicht extra mit viel Energie produziert, sondern kann direkt aus der Erde gefördert werden, wodurch er günstiger sein kann. Grüner Wasserstoff kostet derzeit etwa rund fünf Euro pro Kilogramm, während ein Kilo weißer Wasserstoff weniger als einen Euro kostet. Zudem könnte Wasserstoff immer wieder neu im Untergrund entstehen – im Vergleich zu fossilen Brennstoffen, deren Entstehung Millionen von Jahren dauert. Einige Forschende betrachten weißen Wasserstoff daher als potenziell ziemlich saubere und kostengünstige Energie.

Zwar wurden bereits in den 1970er-Jahren Vorkommen von natürlichem Wasserstoff unter der Erde entdeckt. Allerdings ging man bisher nicht davon aus, dass es sich dabei um nennenswerte Mengen handeln könnte. Vor mehr als zehn Jahren machte ein Unternehmen in Mali die Entdeckung, dass aus einem Bohrloch, das Jahrzehnte zuvor für einen Brunnen gebohrt worden war, fast reiner natürlicher Wasserstoff austritt. Wenige Monate später nutzte das Dorf den Wasserstoff in einem Generator bereits für die Stromgewinnung.

Viele Unsicherheiten

Bis heute ist jedoch unklar, wie sich solche Wasserstoffvorkommen genau bilden und wie viele der Quellen sich in Zukunft technisch und wirtschaftlich nutzen lassen. Beispielsweise könnten sich viele der Vorkommen zu tief unter dem Meer befinden, um wirklich gefördert zu werden, sagen einige Geologinnen und Geologen. Zudem ist es nicht leicht, Wasserstoffvorkommen überhaupt zu finden. Tritt Wasserstoff auf natürlichem Weg an die Oberfläche, ist er in der Atmosphäre nur noch schwer messbar. Auch auf dem Weg an die Oberfläche können Organismen oder Mineralien den Wasserstoff bereits aufnehmen. Es sind daher meist sehr tiefe Bohrungen nötig, um an die Wasserstoffquelle zu kommen.

Zudem gibt es einige Umweltrisiken, warnen Forschende: Durch Lecks könnte Wasserstoff in die Atmosphäre entweichen und dadurch die Konzentration von Molekülen verringern, die sonst am Abbau von Methan beteiligt sind. Wasserstoff könnte damit wieder indirekt zum Klimawandel beitragen. Auch die Umweltauswirkungen durch die Förderung sind noch wenig bekannt. Wasserstoff ist zudem leicht entzündlich und explosiver als Erdgas, was zu einigen Sicherheitsbedenken führt. Es fehlen derzeit noch geeignete Pipelines und Verteilungssysteme für den Transport von Wasserstoff. Bis bestehende Gaspipelines dafür umgerüstet sind, könnte es noch einige Jahre dauern.

Einige Start-ups

Das Interesse von Staaten und Unternehmen an weißem Wasserstoff ist dennoch groß. Neben Frankreich haben bisher auch Spanien, Mali, die USA und Australien Vorkommen entdeckt. In Australien planen einige Unternehmen bereits Probebohrungen. In Spanien will ein Explorationsunternehmen bereits in diesem Jahr mit der Bebohrung eines Wasserstoffvorkommens im Nordosten des Landes beginnen. Das Unternehmen vermutet dort ein Vorkommen von mehr als einer Million Tonnen. Bisher sind es jedoch vor allem Start-ups und keine großen Öl- und Gasunternehmen, die sich diesen Vorhaben widmen.

Selbst wenn nur ein kleiner Teil des Wasserstoffs auf der Welt gefördert wird, könnte das für Staaten und Unternehmen lukrativ sein, glauben Forschende – sofern neue Vorkommen schnell genug entdeckt werden. In vielen Gegenden, wie auch in dem Ort in Mali, könnte Wasserstoff dann auch für die regionale Energieversorgung genutzt werden. Ein Allheilmittel für die Energiekrise dürfte weißer Wasserstoff aber (vorerst) nicht sein. (Jakob Pallinger, 2.1.2024)