Porträt von Peter Filzmaier
Peter Filzmaier war wieder einmal zu Gast in der ZIB-2 im ORF.
Heribert Corn

2024 stehen in Österreich gleich mehrere Wahlen ins Haus: Die EU- und die Nationalratswahlen, Landtagswahlen in der Steiermark und Vorarlberg sowie Gemeinderatswahlen in Innsbruck und Salzburg. Einen Ausblick auf die Abstimmungen lieferte der Politologe Peter Filzmaier in der ZIB-2 am Freitagabend. Angesprochen auf das von 34 auf 39 Prozent immerhin leicht gestiegene Vertrauen in die Politik sagte er: "Die Parteien müssen endlich aufhören, selbst durch konsequente Negativität die eigene Branche zu ruinieren." Denn dadurch glaubten die Wählerinnen und Wähler, es sei "überall die Kacke am Dampfen." Er befürchte, dass sich im Superwahljahr 2024 die Kluft in der Gesellschaft noch verbreitern werde, so Filzmaier: So würden die Regierungsparteien sich wohl auf Zufriedene konzentrieren, die Opposition hingegen versuchen, mit Unzufriedenheit zu mobilisieren.

Einen Ausblick auf die Nationalratswahl traute er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu: Ein Antritt der Bierpartei oder einer "Liste Othmar Karas" könne viel verändern. Derzeit liegt die FPÖ in den Umfragen stabil, die meisten Parteien schließen eine Koalition mit ihr aber aus. "Herbert Kickl und die FPÖ sind zum Erfolg verdammt", meinte Filzmaier. Das Ziel müsse bei weit über 30 Prozent liegen, um den erwünschten Druck auf den Bundespräsidenten erzielen zu können. Doch nicht alles, was die Parteichefs derzeit über die Zeit nach den Wahlen sagen, sei ohne Weiteres zu glauben: "Herbert Kickl tut skrupellos so, als sei es nicht ein verfassungsmäßiges Recht des Bundespräsidenten zu entscheiden, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt", so der Politologe. "Karl Nehammer tut so, als wäre völlig auszuschließen, dass die ÖVP mit der FPÖ koaliert." Der Unterschied zu Niederösterreich erschließe sich ihm nicht, so Filzmaier.

Nehammer und Babler mit Problemen

Der Bundeskanzler habe es derzeit schwer. In der Burger-Szene habe er mehr gewirkt wie ein McDonalds-Angestellter denn wie ein Bundeskanzler, so Filzmaier. Nehammer sei mit Mängelverwaltung und Krisenmanagement beschäftigt gewesen, habe aber auch Partei-Affären am Hals und bei Nationalratspräsident Wolfang Sobotka (ÖVP) ein Distanzierungsproblem. Doch die Erhöhung der Kaufkraft und die Abschaffung der kalten Progression seien unbestreitbare Errungenschaften der derzeitigen Regierungsparteien. "Das Dilemma ist nur, Wahlentscheidungen entstehen nicht durch wirtschaftswissenschaftliche Analysen des einzelnen Wählers und der einzelnen Wählerin", so Filzmaier. Und emotional gesehen hätten viele Menschen im Land das Gefühl, dass sich Vieles zum Schlechteren entwickle.

Angesprochen auf SPÖ-Chef Andreas Babler sagte Filzmaier, dieser habe bisher keine Wählerwanderungen auslösen können. Er mache die "linke Flanke dicht" – doch Wähler von der FPÖ, der ÖVP sowie MfG könne er nicht anziehen. "Die gehen alle zur FPÖ, und keine andere Partei und auch Bablers SPÖ hat für sie ein Angebot", sagt Filzmaier. Bei den 1,5 Millionen Nichtwählern sei weniger zu holen als oft vermutet. Eine mögliche Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen oder Neos benötige Vorarbeit und das Überwinden von Differenzen. "Aber da führen sich SPÖ und ÖVP immer noch auf, als seien sie in den Nachwehen des Februar 1934", schloss Filzmaier. (Ricarda Opis, 29.12.2023)