Die zunehmende Digitalisierung macht es Autobauern zunehmend einfacher, auch Zweitbesitzer via Software kontaktieren zu können.
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Es waren hohe Wellen, die eine Verlautbarung im Sommer auslöste. Der deutsche Autobauer BMW kündigte damals an, bestimmte Features nur noch im Abo anbieten zu wollen, die bisher zumindest in besseren Ausstattungen enthalten waren. Ein Beispiel waren etwa beheizbare Sitze, für die monatlich 18 Euro verlangt wurden, zumindest in Südkorea. Bezahlte man die monatliche Gebühr nicht mehr, deaktivierte sich dieses Feature im eigenen Auto.

Die Aufregung rund um BWM ebbte schnell ab, als der Autobauer meinte, Kundinnen und Kunden würden sich immer auch für die permanente Installation aller Features entscheiden können. Man wolle allerdings "Flexibilität" bieten, wie "Wired" berichtete.

85 Dollar im Jahr

Die Autoindustrie hatte allerdings Gefallen an der Idee gefunden. Fast jeder globale Autobauer ließ sich etwas zum Thema einfallen. Tesla bietet mittlerweile das Full Self-Driving-Feature für 15.000 Dollar einmalig oder aber für eine monatliche Pauschale an. Bei General Motors darf man sich einen Crash Assistenten ("Onstar") bis zu 50 Dollar monatlich kosten lassen und bei Toyota gibt es bereits Feature-Pakete für monatliche Einzahlungen von acht bis 80 Dollar pro Jahr.

Genau wie Apple, Microsoft und andere globale Unternehmen, will auch die Autoindustrie nicht nur für das Produkt selbst Geld einnehmen, sondern mit einem monatlichen Fluss an fixen Beträgen kalkulieren können. Die Ziele sind hoch gesteckt. General Motors gab im Vorjahr bekannt, man wolle in den nächsten fünf bis sechs Jahren über 25 Milliarden Dollar via Abo-Services verdienen. Laut internen Studien würden Autofahrer bis zu 85 Dollar im Monat bezahlen, so die aktuellen Kalkulationen. Diese Strategie gehe aber nur auf, wenn man auch den Gebrauchtwagenmarkt zusätzlich anzapfen könne.

Gebrauchtwagenmarkt

Es sei ein "riesiger Markt" erklärt Gary Silberg von der Beratungsfirma KPMG. Dank moderner Software hätten die Autobauer bessere Möglichkeiten, ihre Gefährte und die dazugehörigen Besitzer über die gesamte Lebensdauer des Autos kontaktieren und begleiten zu können. "Du hast so viel Geld ausgegeben ein Auto zu bauen, es zu designen und trotzdem kannst du nicht direkt mit deinen Kunden sprechen," sagt Silberg. Das würde sich bald stark ändern.

Derzeit erreicht man genau diese Kunden nur, wenn sie einen Gebrauchtwagen bei einem zertifizierten Händler kaufen. Zu wenig, für eine "sehr treue Kundschaft", wie eine General Motors Sprecherin Käufer von Gebrauchtwagen nennt. Diese würden den US-Autobauer immer wieder wegen möglicher Abo-Modelle kontaktieren, so die Sprecherin im Interview mit "Wired". Künftig, so ist man sich auch bei VW sicher, könnte man Werbekampagnen für Abo-Services direkt in Apps oder den Fahrzeugen dieser Kunden ausspielen. Dank der zunehmenden Digitalisierung könne man auf diesem Weg auch Probe-Abos anbieten, um der Kundschaft neue Features vorstellen zu können.

Der Markt scheint tatsächlich riesig. Laut einer 2021 durchgeführten Umfrage in den USA, würde man derzeit 83 Prozent der Gebrauchtwagen-Fahrer nicht erreichen, obwohl sie über diverse Online-Features erreichbar wären.

Unzufriedene Kunden

Diese neue Zukunft ermöglicht Autobauern sich neu zu positionieren. Bei Volvo sei man derzeit gegen ein Abo-Modell von Standard-Features wie beheizten Sitzen, ließ CEO Björn Annwall in diesem Jahr wissen. Es sei aber "ok" für "komplexere Software" eine Gebühr zu verlangen. Als Beispiel nannte er eine Parkhilfe, die mit mehreren eingebauten Kameras arbeite. "Das ist zum Teil Marktforschung, zum Teil aber auch einfach gesunder Menschenverstand", sagte er.

Aber auch Gefahren sind mit dieser neuen Entwicklung verbunden. Mehrere Autobauer hatten zuletzt schlechte Quartalszahlen und nur die wenigsten schaffen es aktuell gut bedienbare Software in ihre Autos einzubauen. Künftig für Features zusätzlich eine Abo-Gebühr zu verlangen könnte also auch potentielle Kunden abschrecken oder zumindest sehr wütend machen. (aam, 31.12.2023)