Immobilienunternehmern René Benko mit Sonnenbrille.
Offiziell gehört die Villa einer Stiftung. Immobilienunternehmer René Benko dürfte sie selbst nutzen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Auf den ersten Blick klingt die Geschichte über das Schlosshotel Igls wie ein waschechter Steuerskandal: Das Unternehmen, das hinter der Villa steckt und einer Stiftung René Benkos gehört, soll offene Steuerbeträge von rund zwölf Millionen Euro aufweisen. Erst jetzt, sieben Jahre nach dem Kauf der Villa, pfändet die Finanz das Gebäude.

Auf den zweiten Blick ist die Geschichte dann doch etwas komplizierter: Aus Dokumenten im Grundbuch geht hervor, dass die Republik die Villa noch gar nicht endgültig gepfändet hat. Bisher hat sie sich nur vorsichtshalber ein Pfandrecht vormerken lassen. Das deutet darauf hin, dass das Verfahren über die Steuerschulden nicht beendet ist und Fragen offen sind.

Rückforderung der Finanz

Laut dem Antrag der Finanz schuldet die Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG der Republik Umsatzsteuern, die bei Unternehmen im Normalfall ein Durchlaufposten sind. Wenn Betriebe etwas kaufen, müssen sie zunächst zwar selbst Umsatzsteuer bezahlen, später können sie sich dieses Geld aber über die sogenannte Vorsteuer zurückholen.

Auch bei der Schlosshotel-Firma dürfte das der Fall gewesen sein. Das Unternehmen hat über Jahre hinweg Umsatzsteuern für Bauleistungen gezahlt und sich dieses Geld rückerstatten lassen, heißt es seitens der Eigentümerin, der Privatstiftung Laura, die Benko zuzurechnen ist. Die Finanzverwaltung sei nun der "einseitigen Ansicht, dass die bereits erstatteten Vorsteuern zurückzuzahlen seien".

Offene Fragen

Was der genaue Grund für die Forderungen der Republik ist, bleibt vorerst offen. Die Laura Privatstiftung wurde auf Nachfrage des STANDARD nicht konkreter. Das Finanzministerium darf aufgrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Auskunft zu konkreten Verfahren geben.

In einer Stellungnahme weist das Ministerium darauf hin, dass Unternehmen sich die Vorsteuer grundsätzlich dann zurückholen können, wenn eine Liegenschaft gewerblich genützt wird. "Wenn das Finanzamt im Zuge einer Prüfung meint, dass es sich nicht um eine gewerbliche Nutzung handelt, dann wird aus der abgezogenen Vorsteuer eine Umsatzsteuerschuld. Das kann auch Jahre später erfolgen", heißt es. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung von sich aus bereits vor einiger Zeit aktiv wurde. Damit habe das Finanzamt seine "Aufgaben im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gewissenhaft wahrgenommen".

Gekauft hatte die Schlosshotel-Firma das Grundstück im Jahr 2016. Das ursprüngliche Hotel wurde abgerissen und in den darauffolgenden Jahren ein Neubau errichtet. Selbst für eine großzügig geplante Villa sind die zwölf Millionen Euro an offenen Steuern, die sich über die Jahre angehäuft haben, aber ein hoher Betrag. Zum Vergleich: Der Kaufpreis für die Liegenschaft lag 2016 netto bei 9,25 Millionen Euro. In der letzten im Firmenbuch verfügbaren Bilanz aus dem Jahr 2017 wurde die Immobilie mit knapp 10,3 Millionen Euro bewertet. Das war freilich vor dem Neubau.

Langer Zeitraum

Die Finanzbeamten dürften sich im Steuerverfahren jedenfalls relativ sicher sein, sonst hätten sie sich das Pfandrecht nicht vormerken lassen. Dass das überhaupt geschehen ist, ist laut dem Steueranwalt Franz Althuber nicht ungewöhnlich – vor allem nicht bei derart hohen Steuerbeträgen.

Auch der Zeitraum über mehrere Jahre überrascht Althuber nicht. "Üblicherweise tauchen steuerrechtliche Diskussionspunkte erst im Rahmen von nachträglichen Betriebsprüfungen auf, die regelmäßig für mehrere bereits vergangene Veranlagungsjahre durchgeführt werden." Vertrete der Betriebsprüfer dabei eine andere Rechtsmeinung als der Steuerpflichtige und werde das ganze Verfahren allenfalls im Rechtsmittelweg durchgestritten, könne sich die Angelegenheit über viele Jahre ziehen. "Aus der Besicherung selbst lässt sich aber nicht vorhersagen, wie das Verfahren ausgehen wird", sagt Althuber.

Die Republik Österreich ist mit ihrer Pfandrechtsvormerkung auf dem Grundstück übrigens nicht allein. Erst im vergangenen Sommer wurde die Immobilie für einen 15-Millionen-Euro-Kredit an die Liechtensteinische Landesbank Österreich verpfändet.

Vermischung von Vermögen

Der Fall Igls zeigt beispielhaft, wie sich im Immobilienreich Benkos die private und die unternehmerische Sphäre vermischt haben. Die Villa gehört einer Stiftung Benkos, die sie an die Signa vermietete. Genutzt wurde das Gebäude offenbar von Benko. Eine ähnliche Konstruktion wählte der Unternehmer bei der Villa Ansaldi am Gardasee in Italien. Die Immobilie gehört dem Vernehmen nach einer Stiftung in Benkos Einflussbereich. Gemietet wird sie ebenfalls von einer Signa-Gesellschaft.

Wem Vermögenswerte gehören – Benko privat oder dem Konzern – ist auch für die Welle an Turbulenzen und Insolvenzen im Signa-Geflecht relevant. Schließlich wollen Geldgeber wissen, auf welche Vermögenswerte sie zugreifen können und auf welche nicht – auch im Fall einer möglichen persönlichen Haftung Benkos. Das herauszufinden liegt nun in den Händen der Insolvenzverwalter, Gläubiger und Gerichte. Sie werden damit wohl jahrelang beschäftigt sein. (Jakob Pflügl, 2.1.2024)