Günther Fielmann im Anzug
Günther Fielmann ist gestorben.
imago images / PAN-IMAGES/Nordmann

Hamburg – Seinen Namen kannte so gut wie jeder: Günther Fielmann. Und wer den Namen kannte, wusste auch, was er verkauft: Brillen. Fielmann ist die mit Abstand größte Optikerkette in Deutschland und hat auch zahlreiche Niederlassungen im Ausland, darunter auch in Österreich. Am Mittwoch starb der Gründer der gleichnamigen Optikerkette im Alter von 84 Jahren in seinem Wohnort Lütjensee in Schleswig-Holstein, wie die Fielmann-Gruppe am Freitag mitteilte.

Sohn Marc als Nachfolger aufgebaut

Noch bis 2019 war Fielmann Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, zuletzt gemeinsam mit seinem Sohn Marc. In seinen letzten Berufsjahren erfüllte sich Günther Fielmann einen Herzenswunsch und übertrug die Führung nach und nach an den Junior. Er wollte keinen familienfremden Manager an der Spitze wissen und sein Lebenswerk in der Familie halten.

Nach dem Wechsel zog er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, widmete sich vor allem der Bio-Landwirtschaft und züchtete auf seinen drei Betrieben in Schleswig-Holstein Pferde, Rinder und Schafe. Der Unternehmer sah sich immer als ein naturverbundener Mensch vom Land – auch wenn er gern Ferrari fuhr. "Das Leben auf dem Land hat mich geprägt", sagte er in einem Buch zu seinem 75. Geburtstag. "Schon als Kind träumte ich von einem eigenen Bauernhof."

Die erste Fielmann-Niederlassung in Cuxhaven.
Die erste Fielmann-Niederlassung in Cuxhaven.
Fielmann

Rund 23.000 Beschäftigte

Sein Imperium mit mehr als 1.000 Niederlassungen und rund 23.000 Beschäftigten schuf der gebürtige Schleswig-Holsteiner aus dem Nichts. Nach einer unauffälligen Nachkriegsjugend, Optikerlehre und einem Berufsstart als Angestellter eröffnete Fielmann 1972 im Alter von 33 Jahren in Cuxhaven sein erstes Geschäft. Das war so etwas wie der Urknall in der verschlafenen Optikerbranche, die Innovationen desinteressiert gegenüberstand. Fielmann begnügte sich mit einer geringeren Marge, schaltete den Zwischenhandel aus, gab den Kunden Garantien – der junge Unternehmer setzte auf strikte Kundenorientierung. "Der Kunde bist Du", gab Fielmann als Motto aus.

Der endgültige Durchbruch kam 1981, als Fielmann den Krankenkassen die Kassenbrille abhandelte und durch eine Vielzahl von modernen Modellen ersetzte. "Bis dahin musste jeder Brillenträger den Nachweis seines geringen Einkommens auf der Nase tragen", erinnerte sich Fielmann. Kassenbrillen wurden erstattet, wer mehr wollte, musste zahlen – die traditionellen Optiker erreichten so Margen von bis zu 30 Prozent. In Kiel eröffnete Fielmann 1982 sein erstes Super-Center, ein Optikfachgeschäft neuer Dimension mit 7.000 Brillen. In den Achtzigerjahren erreicht die Fielmann-Kette eine Größe, in der nicht mehr jede große Neueröffnung den Bestand des Unternehmens bedrohte.

Günther Fielmann entwarf seine eigene Kollektion.
Günther Fielmann entwarf seine eigene Kollektion.
Fielmann

Es folgte der Börsengang 1994 und die Expansion ins Ausland, die allerdings verhalten blieb und sich vor allem auf die Schweiz und Österreich fokussierte. Zeitweise hatte Fielmann größere Pläne in Europa, doch daraus wurde nicht viel. Erst mit dem Eintritt von Sohn Marc in den Vorstand kam ab 2015 mehr Schwung in die Expansion, vor allem südlich der Alpen in Norditalien und Slowenien. Das Unternehmen ist schuldenfrei, hoch liquide und zu mehr als 70 Prozent in Familienbesitz. Längst ist Fielmann nicht nur Händler und Handwerker, sondern auch Produzent von Brillen mit einem Produktionszentrum in Rathenow.

Öko-Landwirt

Neben seinen unternehmerischen Erfolgen engagierte sich Fielmann als Öko-Landwirt. Mehr als 2.300 Öko-Artikel sind im Hofladen von Hof Lütjensee zu kaufen. Mit den weiteren Betrieben Hof Ritzerau und Gut Schierensee in Kiel, wo Fielmann auch wohnte, bewirtschaftete er mehr als 2.000 Hektar Land. Auch das Schloss Plön hat Fielmann gekauft und renoviert; dort werden Augenoptiker für die gesamte Branche ausgebildet.

"Es gibt auch eine Welt neben der Augenoptik", sagte er einmal der "Welt am Sonntag". Fielmann spendete viel – für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Ökologie und Naturschutz. Er hat seine Beschäftigten über Aktien am Unternehmen beteiligt und pflanzte seit 1986 für jeden von ihnen jedes Jahr einen Baum – bis heute mehr als 1,7 Millionen Bäume und Sträucher. Für seine Verdienste ernannte ihn das Land Schleswig-Holstein zum Ehrenbürger, eine seltene Auszeichnung.

Schon als Kind träumte Günther Fielmann von einem eigenen Bauernhof.
Schon als Kind träumte Günther Fielmann von einem eigenen Bauernhof.
Fielmann.

Der Aufbau seines Unternehmens bedeutete viel Arbeit, viel Zeit für das Privatleben blieb nicht. Der Unternehmensgründer hat spät mit 48 Jahren geheiratet und Kinder bekommen. Seine Frau Heike Fielmann, mit der er fast 13 Jahre verheiratet war, lernte er in der Fielmann-Zentrale kennen, wo sich die damals 19-jährige Studentin als Brillen-Model etwas dazuverdiente. So betrug der Altersabstand zu seinem Sohn Marc 50 Jahre, zu Tochter Sophie-Luise noch mehr. Später bereute Fielmann öffentlich, erst spät Vater geworden zu sein. Die Übergabe an die nächste Generation ist jedoch rechtzeitig geglückt. (APA, 5.1.2024)