In Deutschland proben derzeit viele Landwirte den Aufstand gegen die Bundesregierung. Mit Traktorkonvois werden Proteste abgehalten und dabei teilweise auch Straßen blockiert. Als Auslöser des Unmuts gelten die Pläne der Ampelkoalition, die Subventionen bei der Anschaffung von Agrardiesel zu streichen.

Die politischen Unmutsbekundungen schlagen sich freilich auch im Netz nieder. Auf den sozialen Netzwerken ist ein Kampf um die Bilder entbrannt. Dabei zeigen sich auch starke Indizien dafür, dass Rechtsextreme versuchen, die Bauernproteste für sich zu vereinnahmen.

Rechtsaußen dockt an

Einige Rechtsaußenmedien haben bereits umgeschaltet auf Dauerberichterstattung über die Traktorschlangen. Beispielsweise der "Deutschlandkurier" oder der österreichische Onlinesender "Auf1", dessen Aktivitäten bereits vom Verfassungsschutz des deutschen Bundeslands Baden-Württemberg beobachtet werden.

Als Vertreter der Landwirte gerieren sich aktuell zudem verschiedene prominente Vertreter der AfD, deren sächsische Landespartei zuletzt vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft wurde. Dazu kommen eine Reihe einschlägiger Kleinparteien und Organisationen, darunter "Die Heimat" (vormals NPD) und der "Dritte Weg", die derzeit kaum ein anderes Thema kennen.

Und auch die "Identitäre Bewegung" hat die Proteste für sich entdeckt. Auch sie gilt als "gesichert rechtsextremistisch" und steht unter dem Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit, was 2022 vom Verwaltungsgericht Köln bestätigt wurde. Martin Sellner, Führungsfigur der Bewegung, hofft gar auf einen "deutschen Maidan". Die Strategie, so erklärt er, sei es, zunächst zurückhalten zu agieren und später stärker in Aktion zu treten.

Das von den Identitären betriebene "Filmkunstkollektiv" steckt etwa hinter dem X-Account "Bauernprotest", der "die schönsten Bilder des Widerstands" zeigen soll, dabei aber auch auf zu identitären Plattformen wie "Phalanx Europa" verlinkt. Das Profilbild und Banner des Kontos zeigen vermeintlich auch Aufnahmen aus den Demonstrationen. Doch wer genau hinsieht, wird erkennen, dass es sich um KI-generierte Abbildungen handelt.

Immer mehr KI-Bilder

Es sind nicht die einzigen Fake-Bilder, die rund um die Protestaktionen verbreitet werden. Gerne werden sie in Aufrufen eingesetzt. Dort sind sie, da oft auf den Stil einer Malerei oder Zeichnung getrimmt, als solche meist gut erkennbar. Vereinzelt allerdings werden auch Aufnahmen verbreitet, die von den Protesten stammen sollen, tatsächlich aber auch von einem Computer errechnet wurden. Dazu gesellen sich, neben vielen realen Aufnahmen, auch Fotos, die von den aktuellen Demos stammen sollen, aber tatsächlich an einem anderen Ort entstanden sind.

Der Einsatz von KI im politischen Bereich – von einfachen Sujets bis hin zu versuchten Täuschungen mit Fakes – nimmt stetig zu. Die Mittel dafür werden zunehmend mächtiger. Das zeigt beispielsweise die kürzlich veröffentlichte Version 6 des Bildgenerators Midjourney. Sie liefert Bilder mit mehr Details als bisher, während bei der Umsetzung immer seltener auffällige Fehler passieren.

Screenshot des X-Accounts
Screenshot des X-Accounts "Bauernprotest".
X/Bauernprotest (Screenshot)

Mit nur wenigen Anpassungen der Beschreibung des gewünschten Bildes, auch "Prompt" genannt, lassen sich bereits Aufnahmen erzeugen, die zumindest auf den ersten Blick für echt gehalten werden. Mit etwas Nachbearbeitung und Reduktion der Darstellungsqualität lassen sich etwaige Fehler schnell kaschieren. Viele Nutzer sehen sich online gepostete Bilder zudem auch nicht im Detail an.

Midjourney ist nicht das einzige Werkzeug dieser Art. Auch Googles "Imagen" und "Dall-E" von OpenAI können auf Kommando bildliche Werke erzeugen. Und während die bisher genannten Tools nur eingeschränkt oder kostenpflichtig verwendbar sind, gibt es mit "Stable Diffusion" von StabilityAI auch eine quelloffene und von allen verwendbare Alternative. Modelle wie "Stable Diffusion XL" stehen den kommerziellen Entwicklungen wenig nach und werden zudem auch laufend von ambitionierten Nutzern weiter entwickelt.

Trakoren fahren auf einer deutschen Autobahn. Bauernprotest. Erzeugt mit der Bilder-KI Midjourney Version 6.
Die Prompt-Komposition und Erzeugung dieses auf den ersten Blick realistisch wirkenden Bildes dauerte nur wenige Minuten. Genutzt wurde, zur Demonstration, die Bilder-KI Midjourney in der neuen Version 6.
DER STANDARD/Pichler/Midjourney

Zahnlose Verbote

Gedacht sind sie allesamt für den kreativen, künstlerischen Einsatz und nicht primär für politische Zwecke. Die Verwendung dafür ist zwar nicht per se ausgeschlossen, in den Nutzungs- und Lizenzbedingungen untersagen alle Anbieter allerdings den Einsatz für Betrug und Täuschung. Ein Verbot, das sich allerdings immer mehr als zahnlos erweist.

Dem entgegenwirken soll, zumindest auf europäischer Ebene, der "AI Act" der EU, dessen Inhalte im vergangenen Dezember final abgesegnet wurden. Er sieht bestimmte Kennzeichnungspflichten vor. Der fertige Text wird für Mitte dieses Jahres erwartet. Die verschiedenen Regelungen werden danach schrittweise innerhalb von zwei Jahren in Kraft treten. Neue Regeln für den Umgang mit KI stehen auch in den USA zur Diskussion. (gpi, 8.1.2024)