Wang Chuanfu auf der IAA in Münschen
Wang Chuanfu meidet – im Gegensatz zu Elon Musk –das Scheinwerferlicht und soziale Medien.
AFP/TOBIAS SCHWARZ

BYD, ein chinesischer Hersteller von Elektroautos, war vor wenigen Woche in Österreich noch weitgehend unbekannt, dann haben sich die Meldungen jedoch regelrecht überschlagen. So dürfte BYD im vergangenen Quartal mehr E-Autos als Tesla verkauft haben. In Österreich gewann das Unternehmen eine Ausschreibung für die Lieferung von 640 Behördenfahrzeugen. Zudem soll auch die Marktpräsenz unter Privatkunden in Österreich ausgebaut werden. Das erste europäische Werk wird im Nachbarland Ungarn errichtet. Hinter diesem Siegeszug steht ein Mann namens Wang Chuanfu, der als Prototyp einer modernen Erfolgsgeschichte gesehen werden kann: Er mauserte sich vom Waisenkind zum Multimilliardär und zum Gestalter der weltweiten Mobilitätswende.

Geboren wurde Wang Chuanfu im Jahr 1966 als zweitjüngstes von acht Kindern in einem ärmlichen Dorf in der ostchinesischen Anhui-Provinz. Seine Eltern – Reisbauern aus einfacher Verhältnissen – verstarben, als er ein Teenager war. Ab diesem Zeitpunkt unterstützten seine älteren Geschwister ihn in seiner Ausbildung. Dank eines Stipendiums konnte er Chemie studieren, später schloss er ein Masterstudium der Batterietechnologie in Peking ab.

Die Gründung von BYD

Zu Beginn seines Arbeitslebens forschte Wang Chuanfu für die chinesische Regierung an seltenen Erden, die für die Herstellung von Batterien benötigt werden. Anschließend zog es ihn in die Region südlich von Shenzhen, welche sich dank der Rolle als Sonderwirtschaftszone in einen Innovations-Hub wandelte. Hier gründete er im Alter von 29 Jahren gemeinsam mit seinem Cousin das Unternehmen BYD. Das Gründungskapital soll sich auf 300.000 Dollar belaufen haben.

In Interviews sagt Wang Chuanfu, dass der Name BYD zum Zeitpunkt der Gründung keine besondere Bedeutung gehabt habe, später seien zwei Spitznamen entstanden: "Build Your Dreams" und "Bring Your Dollars". Von Elektroautos war damals jedoch noch keine Rede, stattdessen lag der Fokus auf Handy-Akkus. Die Strategie: erfolgreiche internationale Anbieter kopieren, aber zu einem Bruchteil der Kosten. Um dies zu erreichen, wurde anstatt in teure Maschinen in eine große Belegschaft mit kurzfristigen Verträgen investiert, um Lohnsteigerungen zu vermeiden.

Die Strategie ging auf, Anfang der 2000er-Jahre zählte man damalige Handy-Platzhirsche wie Nokia und Motorola zu den Kunden. Zu diesem Zeitpunkt fand sich der Name des ehemaligen Waisenkinds bereits auf der "Forbes"-Liste der reichsten Menschen in China.

E-Autos und Warren Buffett

Doch damit nicht genug. Im Jahr 2003 kaufte BYD einen gescheiterten staatlichen Elektroautohersteller namens "Tsinchuan Automobile" und benannte diesen in "BYD Auto" um. Der Grundstein für den Siegeszug im Bereich der E-Mobilität war gelegt. Im Jahr 2004 veröffentlichte BYD ein Fahrzeug namens F3, das einem Toyota Corolla nachempfunden, aber deutlich günstiger war und somit gegen Ende des Jahrzehnts die chinesischen Verkaufscharts dominierte.

Das zog auch die Aufmerksamkeit von Warren Buffetts Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway auf sich. Besonders Buffetts Geschäftspartner Charlie Munger soll von Wang Chuanfu begeistert gewesen sein und die Aufmerksamkeit der Investmentlegende auf den chinesischen Unternehmer gelenkt haben. "Dieser Typ ist wie eine Mischung aus Thomas Edison und Jack Welch", wird Munger oft zitiert. "Er löst technische Probleme, wie Edison es getan hat, und erledigt Dinge, die erledigt werden müssen, wie Welch es getan hat. So etwas habe ich noch nie gesehen."

Berkshire Hathaway wollten damals 25 Prozent des Unternehmens kaufen, doch der Gründer wollte sich nicht von einem derart großen Anteil trennen. Letztlich zahlten die Amerikaner im Jahr 2008 rund 230 Millionen Dollar für zehn Prozent Anteil an dem Unternehmen. Ein Jahr später, 2009, führte Wang Chuanfu das "Forbes"-Ranking der reichsten Chinesen an, mit einem damaligen Vermögen von 5,8 Milliarden Dollar.

14,8 Milliarden Dollar

Heute verfügt Wang Chuanfu laut Bloomberg Billionaires Index über ein Vermögen von 14,8 Milliarden Dollar und landet somit im Ranking der reichsten Menschen der Welt auf Platz 129. Das von ihm gegründete Unternehmen beschäftigt über 570.000 Menschen und erzielte 2022 einen Umsatz von 424 Milliarden Yuan (54,4 Milliarden Euro).

Anders als sein US-amerikanischer Counterpart, Elon Musk, meidet der chinesische Unternehmer jedoch das Scheinwerferlicht und soziale Medien. Es gehe niemals um das Füttern seines Egos, sondern um die Fahrzeuge und um das Unternehmen, wird ein chinesischer Analyst zitiert. Weltweit befinden sich 50.000 E-Busse von BYD auf den Straßen, was das Unternehmen inzwischen zum weltweit größten Hersteller batteriebetriebener Busse macht. Zu diesem Zweck betreibt BYD auch eine Fabrik in Kalifornien, USA – und betont, dass man dadurch dort den Standort stärke und Arbeitsplätze schaffe. (Stefan Mey, 9.1.2024)