Das Bild zeigt den smarten Toilettensitz von Kohler
Zur smarten Klobrille von Kohler zählt übrigens auch eine Fernbedienungsleiste - für den Fall, dass man doch nicht ihr sprechen möchte.
Kohler

Die größte Technikmesse der Welt startet am Dienstag offiziell in Las Vegas und wird in den nächsten Tagen wieder ihrem Ruf als Trendbarometer gerecht werden. Die CES ist Jahr für Jahr aber auch ein Sammelbecken für Produkte, deren Innovationskraft sich nicht sofort aufdrängen mag, wie es vielleicht das konventionelle Upgrade eines neuen Laptops oder Fernsehers auf Anhieb schafft.

Für Belustigung sorgten in den vergangenen Jahren etwa Schuhe mit integriertem Staubsauger oder erst letztes Jahr ein kabelloser Fernseher, der von der Wand fällt, wenn der Akku leer ist. Auch heuer bahnen sich gleich zu Messebeginn wieder besonders auffällige Produkte an, die zwischen "intelligenten" Haushaltsgeräten und smarten Brillen ihr Unwesen treiben werden. Ein Überblick.

Video: Das sind die Neuheiten auf der Technikmesse CES.
AFP

Der Tesla unter den Kinderwagen

Eine Kombination aus E-Antrieb und künstlicher Intelligenz assoziiert man normalerweise eher mit einem Markennamen wie Tesla. Tatsächlich gilt das heutzutage aber offenbar auch für Hersteller von Kinderwagen. Mit einem 500-Watt-Motor ausgestattet, sollen die Modelle Ella und Rosa der kanadischen Marke Glüxkind gestressten Jungeltern den Alltag erleichtern.

Ähnlich wie bei einem einem E-Bike besteht die Kernfunktion der Kinderwagen darin, Fahrerinnen und Fahrer bei der Fortbewegung zu unterstützen. Durch eine App kann die Intensität der Unterstützung angepasst werden, was das Bewegen des Kinderwagens auch bei Steigungen mit minimalem Kraftaufwand ermöglicht. Bergab sollen automatische Bremssysteme die Sicherheit und Bequemlichkeit erhöhen.

Das Bild zeigt einen Kinderwagen mit E-Antrieb und KI-Features von Glüxkind
Wie viel Technik braucht ein Kinderwagen an Bord? Viel, wenn es nach dem kanadischen Hersteller Glüxkind geht.
REUTERS/STEVE MARCUS

Das teurere der beiden Modelle ist darüber hinaus mit fünf Kameras und Ultraschallsensoren ausgestattet. Diese ermöglichen es dem Kinderwagen, auf Hindernisse zu reagieren und bei Gefahren wie herannahenden Objekten automatisch zu bremsen. Die Kameras unterstützen zudem einen Selbstfahrmodus, der es den Eltern erlaubt, sich mehr auf das Kind zu konzentrieren, während der Kinderwagen selbstständig mitfährt.

Nicht modern genug? Neben speziellen Modi, um den Nachwuchs sanft in den Schlaf zu wiegen, verfügt Ella (das High-End-Modell) auch noch über automatische Gesichtserkennung, die nur die Nutzung autorisierter Personen sicherstellt. Bei so viel Technik an Bord kann man nur hoffen, dass sie auch auf Anhieb funktioniert, wenn es um die Laune des Juniors mal nicht so gut bestellt ist. Umgerechnet ab 2.200 Euro ist man dabei, die Luxusvariante soll mit umgerechnet 3.800 Euro zu Buche schlagen.

Mini-Butler auf Rädern

Auch namhafte Hersteller wie LG scheuen sich nicht davor, ungewöhnliche Produkte zu präsentieren. Bereits letztes Jahr sorgte LG mit einem intelligenten Schrank für Sneaker für Verwunderung bei den Messebesuchern. Heuer gehört zunächst die "Dukebox" dazu. Dahinter steckt der Versuch eines Audiogeräts, das klassische Vakuumröhrentechnik mit moderner transparenter OLED-Technologie kombiniert. Der Klang wird über die untere Vorderseite und über einen 360-Grad-Speaker an der Oberseite des Geräts ausgegeben. LG zeigt aber auch den "Cinebeam Qube", der wie eine alte Filmkamera oder Laterne aussieht, im Endeffekt aber ein tragbarer 4K-Laserprojektor mit weniger als 1,5 Kilogramm Gewicht ist.

Am skurrilsten allerdings wirkt ein neuer Haushaltsroboter des südkoreanischen Elektronikkonzerns: Der "Smart Home AI Agent" patrouilliert auf zwei Rädern durch Haus oder Wohnung und soll dabei nicht nur das Raumklima und die Haustiere im Auge behalten. Ausgestattet mit einer Kamera im Bereich des Gesichts, einem Lautsprecher und mehreren Sensoren, ist der Roboter fähig, sich zu bewegen, zu kommunizieren und auf Menschen zu reagieren.

Das Bild zeigt einen neuen Haushaltsroboter von LG
Der "Smart Home AI Agent" in Kindernähe – auch wenn es sich nur um eine Montage von LG handelt, wirkt der Gedanke (noch) etwas befremdlich.
LG Electronics

Das ermöglicht ihm zum Beispiel, das Gesicht der Besitzer zu analysieren und passend zur Stimmung Musik abzuspielen. Ob man das will, ist freilich eine andere Frage. Ähnlich fragwürdig ist der verbildlichte Vorschlag des Herstellers, den Roboter auf seinen Nachwuchs "loszulassen". Es ist davon auszugehen, dass LGs Mini-Butler mit Smart-Home-Systemen verbunden werden kann, Details dazu und Preise wurden allerdings noch nicht bekanntgegeben.

Alexa, spül mir den Hintern!

Gute Nachricht gibt es auch für diejenigen, die keine 11.500 Euro hatten, um sie mit einer smarten Toilette wegzuspülen: Das US-amerikanische Unternehmen Kohler stellt heuer eine erschwinglichere Alternative seiner sprachgesteuerten Luxustoilette vor. Für umgerechnet rund 2.000 Euro lässt sich jede herkömmliche Toilette mit einer verständnisvollen Klobrille aufrüsten. Über Amazon Alexa oder Google Home können Benutzer Sprühdüse, Warmlufttrockner und UV-Reinigungsfunktionen aktivieren, ohne etwas berühren zu müssen.

Das Bild zeigt die Fernbedienungsleiste zum smarten Toilettensitz von Kohler
Wer Alexa nicht nutzen möchte, kann die smarte Klobrille auch anders steuern.
Kohler

Neben der Sprachsteuerung und App-Konnektivität bietet PureWash E930 eine Reihe von Komfortfunktionen. Dazu gehören auch eine Fernbedienungsleiste, eine beheizte Sitzfläche, einstellbare Wassertemperatur und -druck sowie verschiedene Sprühmodi, einschließlich eines sanfteren Modus für Kinder und eines intensiven "Boost"-Sprays. Fast schon ein wenig verwunderlich, dass keine dezidierte KI-Funktion erwähnt wird.

Der Kühlschrank mit KI-Berater

Dafür hat KI bei einem neuen Kühlschrank von Samsung ein Wörtchen mitzureden. Der "Bespoke 4-Door Flex Refrigerator with AI Family Hub+" kann nämlich Rezepte auf Basis des Kühlschrankinhalts vorschlagen. Eine eingebaute Kamera identifiziert dabei die gelagerten Lebensmittel und liefert dem KI-Tool zunächst die möglichen Zutaten. Die KI kann dann unter Berücksichtigung etwaiger Unverträglichkeiten passende Rezepte vorschlagen. Optional lassen sich auch maßgeschneiderte Ernährungspläne anhand persönlicher Gesundheitsdaten erstellen.

Das Bild zeigt einen KI-Kühlschrank von Samsung
Der neue "Bespoke"-Kühlscrank von Samsung ist auch ein Unterhaltungskünstler: Auf Wunsch zeigt das Display auch Tiktok- oder Youtube-Videos. Wer's braucht.
Samsung

Von datenschutzrechtlichen Bedenken abgesehen hat der integrierte KI-Koch allerdings noch einen kleinen Haken, wie "The Verge" bereits im Vorfeld berichtete. Derzeit soll der Kühlschrank nur 33 verschiedene Lebensmittel erkennen, und die Mindesthaltbarkeit muss man händisch eintippen, wenn man über abgelaufene Lebensmittel am Smartphone informiert werden möchte. Was der neue KI-Kühlschrank kosten soll, wurde noch nicht offiziell bekanntgegeben.

Transparente Fernseher

Fast schon wie ein konventioneller Zaubertrick wirkt dagegen die Präsentation des durchsichtigen Micro-LED-Displays von Samsung. Der gezeigte Bildschirm erzeugt einen holografischen Effekt, bei dem Inhalte scheinbar in der Luft schweben. Dieser Eindruck wird durch das schlanke, rahmenlose Design des Displays, das nur etwa einen Zentimeter dick ist, noch verstärkt und trägt zu seinem futuristischen Aussehen bei. Die Technologie liegt für den Massenmarkt auch in weiter Ferne, herkömmliche Micro-LED-Modelle in angemessener TV-Größe jenseits der 65 Zoll sind immer noch im sechsstelligen Dollarbereich angesiedelt.

Das Bild zeigt einen Messebesucher, der das transparente Micro-LED-Display von Samsung fotografiert
Samsung blickt in eine transparente TV-Zukunft: Das Micro-LED-Display ist ein Showstopper, hat aber noch den Status "Prototyp".
AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Auf der CES wenige Schritte entfernt sei an dieser Stelle wieder auf Konkurrent LG verwiesen, dessen transparentes OLED-Display für betuchte Kunden unter der Bezeichnung Signature T bereits heuer auf den Markt kommen soll. Das Gerät besteht aus einem transparenten OLED-Panel mit einer dahinterliegenden opaken Folie, die sich hinter dem Bild hochfährt, um ein traditionelles Fernsehbild zu erzeugen. Wird dieser Kontrastbildschirm zurückgezogen, wird der Fernseher wieder transparent.

LG at CES 2024 : World’s First 4K Wireless transparent TV | LG
LG Global

LG hat auch eine Funktion namens T-Bar eingeführt, um optional eine Art Nachrichten- und Informationsticker am unteren Rand des Bildschirms anzuzeigen. Der LG Signature OLED T nutzt zudem die Zero Connect Box der M-Serie, um Video- und Audiosignale drahtlos zum Fernseher zu übertragen. Auch in diesem Fall gilt, dass dieser Fernseher nur für die wenigsten Haushalte leistbar sein dürfte, ein offizieller Preis wurde allerdings noch nicht bekanntgegeben. Kleines Trostpflaster: Die Machbarkeit transparenter Fernseher an sich mag beeindruckend sein, ein überzeugendes Anwendungsszenario muss allerdings erst gefunden werden.

Kabellos – und nicht mehr absturzgefährdet?

Der wegen seines Akku-Fernsehers belächelte Hersteller Displace hat schon vor der CES angekündigt, nach dem seinen Angaben zufolge "besonders erfolgreichen Debüt" im letzten Jahr zwei weitere Produkte vorzustellen. Heuer will man mit einer neuen 55 Zoll großen Flex- und einer 27 Zoll kleinen Minivariante des kabellosen Fernsehers überzeugen. Beide Fernseher sollen gegen Jahresende für umgerechnet 5.500 bzw. 2.300 Euro in den USA in den Handel kommen.

Das Bild zeigt den ersten
Kabellos, aber mit Seilzug: Displace hat auf die Kritik an seinem innovativen Fernsehkonzept reagiert. Überzeugend wirkt es immer noch nicht.
Displace

Als Reaktion auf die Kritik aus dem letzten Jahr hat man ein neues Sicherheitssystem entwickelt, das bereits im Oktober des Vorjahres vorgestellt wurde. Eine neu hinzugefügte interne Batterie soll laut Hersteller garantieren, dass der Fernseher bis zu zehn Monate an der Wand haftet, selbst ohne auswechselbare Akkus. Sollte auch diese interne Batterie einmal komplett entladen sein, wird eine automatische Selbstabsenkung aktiviert: Der Fernseher senkt sich mittels eines Seilzugs dann vorsichtig zu Boden. Die neuen Maßnahmen zeugen von gewissem Einfallsreichtum, überzeugend wirkt das Konzept aber nach wie vor nicht.

"Eiserne" Maske für mehr Privatsphäre

Überzeugen muss auch erst das Konzept des französischen Unternehmens Skyted. Mit Gesichtsmasken will man in der Öffentlichkeit für mehr Privatsphäre sorgen. Konkret sind die "Mobility Privacy Mask" und die "Hybrid Silent Mask" darauf ausgelegt, im öffentlichen Verkehr oder an öffentlichen Plätzen die Stimme des Trägers zu absorbieren, damit das Umfeld nicht "mithört". Die Masken sind aus schalldämpfendem Material gefertigt und mit einer App verbunden, die es ermöglicht, die eigene Stimme durch das Smartphone zu leiten.

Das Bild zeigt eine Gesichtsmaske der Marke Skyted
Das Konzept einer stimmabsorbierenden Maske dürfte in vielen Fällen eher für das Umfeld ein Segen sein als für den Träger. Praktikabel wirkt Skyted dennoch nicht.
AP/Ryan Sun

Auch wenn die Kommunikation diskret sein mag – der Hersteller verspricht, 80 Prozent der Stimme des Trägers dämpfen zu können –, sind es die Masken selbst eher nicht, und mit 220 Gramm auch nicht besonders leicht. Hinzu kommt eine angepeilte UVP von rund 270 Euro, die für die versprochene Leistung eindeutig zu hoch angesetzt ist, um ein Bestseller zu sein.

Ein Gesundheitscheck wie von McCoy

Besser als das Urin-Labor in Klostein-Form wirkt da immerhin das heurige Highlight von Gesundheitsgerätehersteller Withings. Auf der Messe stellt man unter dem Namen "BeamO" ein sogenanntes Multiskop vor, das aus dem Raumschiff Enterprise stammen könnte. Es hat die Funktionalitäten eines EKGs, eines Oximeters, eines Stethoskops und eines Thermometers in einem handlichen Gerät vereint.

Das Bild zeigt das neue Multiskop
Screenshot/Withings

Es ist so konzipiert, dass es neben der üblichen Temperaturmessung auch Herz- und Lungengesundheit überwachen kann, was eine umfassendere Betrachtung des Gesundheitszustands ermöglicht und Frühwarnsignale für potenzielle Risiken liefert. Besonders interessant ist der Einsatz des BeamO für Ferndiagnosen, bei denen Patienten ihre Daten direkt von zu Hause an den Arzt übermitteln können.

In der App können Nutzer ihre Gesundheitsdaten einsehen, aufzeichnen, teilen und besser verstehen. Neue Funktionen ermöglichen es den Nutzern auch, Informationen zu Medikamenten hochzuladen und Erinnerungen für die Einnahme zu erstellen. Geplant ist ein Marktstart im Sommer 2024 für eine UVP von rund 250 Euro. Sicherlich eines der sinnvollsten "skurrilen" Gadgets heuer.

Smarte Ferngläser für – ja, wen denn?

An betuchte Hobby-Ornithologen oder möglicherweise auch Jäger, die ihre Beute nicht kennen, könnte sich schließlich eine Innovation von Swarovski richten. Sie wird auf der CES vorgestellt, aber schon ab Anfang Februar bei ausgewählten Partnern zum Kauf verfügbar sein. Beim AX Visio handelt es sich laut Hersteller um "das erste KI-gestützte Fernglas der Welt", das eine leistungsstarke Optik mit digitaler Intelligenz verbinden soll.

Das Bild zeigt AX Visio, ein KI-gestütztes Fernglas von Swarovski
Wer an einem Fernglas mit Objekterkennung interessiert sein sollte: Für 4.600 Euro kann man ab Februar zuschlagen.
Swarovski Optik

Konkret bedeutet das, dass das Fernglas die reale Sicht mit digitalen Informationen anreichert. Eine integrierte Kamera und eine "neuronale Prozesseinheit" ermöglichen Echtzeit-Identifizierung und Aufnahmen von über 9.000 Vogelarten und anderen Lebewesen, die über die zugehörige App verwaltet und geteilt werden können. Das Gerät verspricht mit seinen regelmäßigen Updates und einer offenen Programmierschnittstelle für Drittanbieter eine lange Lebensdauer und kontinuierliche Verbesserung, um den Bedürfnissen der Nutzer gerecht zu werden. Ob man die Vogelart wohl auch erkennt, wenn man 4.600 Euro für das gute Stück von Swarovski ausgegeben hat und damit in den Spiegel schaut? Ein böser Scherz, der außerhalb der Grenzen elitärer (Jagd-)Gesellschaften vermutlich leicht verziehen werden kann. (red, 9.1.2024)