Alaqua Cox spielt Maya Lopez in der Marvel-Serie
Alaqua Cox spielt Maya Lopez in der Marvel-Serie "Echo", ab 10. Jänner sind alle fünf Folgen auf Disney+ abrufbar.
Disney/Chuck Zlotnick

Das Jahr 2024 ist schon fast zwei Wochen alt und noch keine Superheldenserie? Geht gar nicht. Am 10. Jänner spült Marvel fünf Folgen von "Echo" an Land und mit ihr eine neue Spielart. Maya Lopez ist die erste indigene Superheldin und Kennerinnen und -Kennern des Marvel Cinematic Universe natürlich ein Begriff. In "Hawkeye" tat sie sich als hochexplosive Kämpferin hervor, der sowohl Herkunft als auch Gebrechen zu noch mehr Superpower verhalfen. Zorn kann bekanntlich auch Berge versetzen. Es geht, wie so oft, um Rache an Menschen, die ihr einmal wehgetan haben. Und derer gibt es mehrere. Die Serie wurde angekündigt, noch bevor Maya, dargestellt von Alaqua Cox, ihr offizielles Debüt in der 2021 erscheinenden Serie "Hawkeye" gegeben hatte.

Superkräfte braucht es mittlerweile allem Anschein nach auch, um die ins Stocken geratenden Marvel-Mysteries wieder flottzumachen. Die Comic-Schmiede aus dem Hause Disney ist ein Beispiel, wie man einen Markt mit Angebot flutet – und zwar so, dass das Publikum irgendwann satt ist und nicht mehr zugreifen mag. Das im Vergleich finstere "Echo" soll mit der sehr besonderen Superheldin nach dem Wunsch von Disney eine Wende herbeiführen.

Dafür ließ man sich ausgiebig Zeit. Der ursprüngliche Start von "Echo" war für Sommer 2023 geplant. Marvel mag also im Moment eine schwierige Phase durchmachen, aber das Unternehmen hat immer noch mindestens sieben Filme und sechs Fernsehserien in Arbeit – mit Veröffentlichungsterminen bis ins Jahr 2027, im Frühjahr 2024 etwa "X-Men 97", Ende des Jahres "Agatha: Darkhold Diaries".

"Echo" - der offizielle Trailer von Disney+ und Hulu
Marvel Entertainment

Wie alles begann

"Echo" erzählt die Herkunft der Maya Lopez und ihrer Ahnen. Der erste Name der Choctaws war Chafa. Chafa rettet ihren Stamm aus einer Höhle, in der es plötzlich rüttelt und schüttelt. Chafa und die Choctaws schafften rechtzeitig den Weg hinaus. Da stehen sie nun also, blicken um sich. Satte Wiesen, grüne Wälder, sie sind gekommen, um zu bleiben.

Maya, viel später, kennt die Geschichte von der Herkunft der Choctaw und weiß um deren Symbolkraft. Die Krise hat auch sie stark gemacht, das und ein paar Schicksalsschläge mehr. Wir sehen den Tod der Mutter und wie Maya ein Bein verliert. Das Kind muss die behütete Heimat in Oklahoma verlassen und landet in New York.

So ist auch Mayas Wunderkraft aus großem Schmerz geboren, und der Schmerz bleibt, denn auf den Schultern der jungen Frau lastet Verantwortung. Was hilft, ist eine gewisse Kampfbereitschaft. Maya, die mit ihrer Prothese bald flink umzugehen weiß, hat davon einiges zu bieten. Das ist gut, weil: Das Böse ist immer und überall. Die Schlagkraft nutzt "Uncle Waffles" aka Kingpin aka Wilson Fisk (Vincent D'Onofrio), der sich ihrer nach dem Tod des Vaters annimmt. Das alles basiert aber auf einer Lüge, der Tod des Vaters muss gerächt werden. Das ist kein Kinderspiel. Die Serie gehört zu den dunkleren Ausführungen im MCU und wartet mit teils ungewöhnlicher Härte auf.

Die US-Filmemacherin Sydney Freeland produzierte
Die US-Filmemacherin Sydney Freeland produzierte "Echo" und führte auch Regie.
EPA/ALLISON DINNER

Wer hat's gemacht?

Dargestellt wird Echo von Alaqua Cox, die gehörlose Native American Schauspielerin spielte die Rolle bereits in "Hawkeye", dem Vorgänger von "Echo". Die 26-jährige Schauspielerin wuchs im Menominee-Reservat in Keshena, Wisconsin, auf und gehört der Menominee- und Mohican-Nation an. Sie besuchte die Wisconsin School for the Deaf, wo sie von 2014 bis 2015 im Mädchen-Basketballteam und im Volleyballteam spielte. Cox ist beinamputiert und trägt eine Beinprothese.

Showrunner von "Echo" ist Marion Dayre, auch bekannt als Heather Marion. Die US-Amerikanerin schrieb für Serien wie "United States of Tara", "Curb Your Enthusiasm" und "Better Call Saul". Regie führte Sydney Freeland. Die Navajo-Filmemacherin wuchs mit Comics auf – "vor allem mit Marvel-Comics", sagt sie der "LA Times". DER STANDARD sprach mit der Regisseurin via Zoom.

Sydney Freeland über:

Kampfszenen

"Die Kameraeinstellungen sind wichtig, aber noch wichtiger ist die Geschichte. Es gibt zum Beispiel eine große Kampfszene in der ersten Folge, die ich sehr liebe. Wir haben sie intern 'Geburt eines Bösewichts' bezeichnet. Und in dieser Szene kommt Maya als Teenager-Mädchen herein und verlässt sie als kaltblütige Killerin. Das diktierte schließlich unseren gesamten visuellen Stil, bis hin zu dem Punkt, da wir die Szene komplett ohne Schnitte drehten. Es ging uns darum, ganz bei Maya zu bleiben. Alles geschieht in Echtzeit, und man versetzt sich in die Lage des Zuschauers und macht diese Erfahrung mit, während sie sie durchmacht. Wir haben uns außerdem absichtlich Beschränkungen auferlegt. Wir haben versucht, uns selbst zu erden und zu sagen: Okay, wenn wir uns in die Rolle der Figur hineinversetzen wollen, wenn wir sie erden wollen, werden wir die Kamera nicht irgendwo platzieren. Wir fliegen also nicht durch Wände, machen keine verrückten Luftaufnahmen. Jede Actionsequenz war anders."

Choctaw

"Bei der Vorbereitung besuchten wir einen jährlichen Choctaw-Powwow und stellten dort das Projekt vor. Und was noch wichtiger ist, wir sagten: Hört zu, wir sind nicht hier, um euch zu sagen, was wir tun werden. Wir sind hier, um einen Dialog zu führen. Wir wollen euren Rat. Wir wollen euren Input. Wir wollen euer Fachwissen, um hoffentlich eine authentischere Geschichte zu erzählen. Und so waren diese Leute fantastische Mitarbeiter."

Ihren persönlichen Zugang

"Ich bin zwar amerikanische Ureinwohnerin, aber keine Choctaw. Wir hatten Choctaw-Autoren, wir hatten Choctaw-Beraterinnen und gehörlose Berater hinter den Kulissen. Wir hatten ASL-Experten, die unsere Dialoge aus dem Englischen in ASL übersetzten, der amerikanischen Gebärdensprache. Authentizität war also der Schlüssel. Aber um das zu erreichen, muss man sich mit Leuten umgeben, die diese Erfahrungen kennen."

Marvels Krise

"Oh, ich denke nicht, dass es eine Last ist, im Gegenteil, ich bin besonders aufgeregt. Wir haben versucht, Maya fest in der MCU zu verankern, und sobald wir sie etabliert hatten, konnten wir einen Aspekt erforschen, den die Leute innerhalb des MCU gar nicht kennen, sondern höchstens beim Film im Allgemeinen. Wir können eine kulturelle Identität erforschen, die bisher noch nicht so oft im Film dargestellt wurde. Für uns war es unglaublich aufregend, einen Charakter zu haben, der sowohl indigen als auch taub ist. Und es gibt so viele großartige Handlungsstränge, die wir nicht vorhersehen konnten und die wir erkunden konnten."

Action und Gewalt

"Das hat sich ziemlich organisch entwickelt. Als ich zu dem Projekt stieß, sprachen wir über Handlungsstränge und welche Richtung die Serie nehmen könnte. Was mich an 'Hawkeye' am meisten reizte, war die Tatsache, dass Maya eine Schurkin war. In den Gesprächen mit Marvel hieß es dann: Mal sehen, wie weit wir damit gehen können. Lasst uns in diesen Kaninchenbau hinabsteigen und schauen, wie weit wir den Rahmen ausreizen können. Und genau darauf lief es hinaus: Wir haben uns in die Figur hineinversetzt, ihren Hintergrund beleuchtet und uns die Frage gestellt, wie ein taubes indigenes Mädchen aus Oklahoma zu einem der Top-Leutnants in Kingpins Army werden kann. Der Ton, die Gewalt und die viszerale Natur haben sich organisch aus der Geschichte ergeben. Wir haben es hier mit sehr menschlichen Einsätzen zu tun. Und das bedeutet, dass Menschen bluten, Menschen sterben, Menschen getötet werden. Ich bin natürlich kein gewalttätiger Mensch, aber Gewalt zu filmen macht mir Spaß."

Verspätungen

"Oh, wissen Sie, es ist interessant, denn für uns war es ein normales Geschäft. Ich kam an Bord, wir bereiteten den Film vor, wir drehten den Film. Wir haben also ganz normal gearbeitet. Ich weiß, dass Dinge in der Presse veröffentlicht wurden und so weiter, aber hinter den Kulissen hat sich für uns nichts geändert. Ich glaube, das Veröffentlichungsdatum wurde von Juli auf den 24. Jänner verschoben, und ich habe das irgendwie mitten im Prozess herausgefunden. Und mein erster Gedanke war: Oh toll, wir haben mehr Zeit zum Schneiden. Es hat also wirklich nicht viel hinter den Kulissen geändert."

Superheldinnen in Serie

"Von 33 Marvel-Filmen gab es nur drei Filme mit drei weiblichen Superhelden. Bei den Serien sind es im Verhältnis mit 'Wandavision', 'Ms. Marvel' und 'She-Hulk' bereits mehr. Das war mir so gar nicht bewusst. 'Echo' ist in erster Linie eine indigene Figur. Für viele Leute mag das fremd oder anders erscheinen, aber für mich ist das eine nachvollziehbare Entwicklung. Ich habe versucht, die Authentizität meiner eigenen Erfahrungen als Native American zu nutzen. Das Autorenteam hat versucht, eine unglaublich geerdete Geschichte zu erzählen. Es war immer so: Hey, wir haben hier eine knallharte Frau. Was können wir mit ihr machen?" (Doris Priesching, 10.1.2024)