US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einem Besuch in Südkorea Mitte November.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einem Besuch in Südkorea Mitte November.
via REUTERS/POOL

Bei der nationalen Sicherheit hört sich die Privatsphäre auf: Unter diesem Motto stehen die meisten Äußerungen rund um den Krankenhausaufenthalt von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Dieser nämlich liegt seit dem Neujahrstag im Walter Reed National Military Medical Center in der Nähe von Washington, D.C., was das Pentagon allerdings erst am vergangenen Freitag öffentlich mitteilte.

Aufregung gibt es aber vor allem deshalb, weil selbst US-Präsident Joe Biden zunächst nicht informiert worden war. Der 70-jährige Austin befindet sich in der militärischen Befehlskette unmittelbar unter dem Präsidenten. Er sollte, so das Argument der Kritiker, permanent erreichbar und einsatzbereit sein, damit das Land auch auf plötzlich eintretende Sicherheitskrisen schnell reagieren kann. Ist dies nicht möglich, wie eben etwa im Fall gesundheitlicher Probleme, müssten umgehend entsprechende Vertretungsmechanismen greifen. Dies setze voraus, dass die Kommunikation innerhalb des Ministeriums sowie bis ins Weiße Haus reibungslos funktioniert. Und genau das sei nicht gewährleistet gewesen.

Republikaner fordern Rücktritt

Laut Angaben des Pentagon vom Freitag war Austin am Dienstag, also vier Tage zuvor, "wegen Komplikationen nach einem kürzlich durchgeführten medizinischen Eingriff" ins Spital eingeliefert worden. "Ich gebe zu, dass ich die Öffentlichkeit besser hätte informieren können", erklärte Austin am Wochenende und entschuldigte sich. Zu diesem Zeitpunkt war der Schaden aber bereits angerichtet. Vor allem aus den Reihen der oppositionellen Republikaner hagelt es seither Kritik.

Elise Stefanik, republikanische Abgeordnete und Mitglied im Verteidigungsausschuss des Repräsentantenhauses, forderte den "sofortigen Rücktritt von Minister Austin und all jener, die für ihn gelogen haben". Roger Wicker, der höchstrangige Republikaner im Verteidigungsausschuss des Senats, sprach von einer "inakzeptablen Situation" und forderte die "volle Offenlegung aller Fakten". Und wenig überraschend meldete sich auch Ex-Präsident Donald Trump zu Wort, der im November Joe Biden herausfordern will und sich bereits im Wahlkampfmodus befindet: Auf seiner Onlineplattform Truth Social schrieb er, Austin müsse für "sein unprofessionelles Verhalten und die Vernachlässigung seiner Pflichten" gefeuert werden.

Doch auch im demokratischen Regierungslager ist man mit der Heimlichtuerei nicht glücklich. Sogar Jack Reed, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat, beklagte, dass wichtige Berichtspflichten nicht eingehalten und Befehlsketten nicht befolgt worden seien. Dieser "Mangel an Offenlegung" dürfe sich keinesfalls wiederholen.

Biden steht hinter Austin

Inzwischen wird in Washington darüber diskutiert, welche Gesetze oder interne Regeln Austin gebrochen haben könnte. Zum einen wird auf ein Gesetz verwiesen, dem zufolge Absenzen in den Führungsetagen von Regierungsorganisationen samt den jeweiligen Vertretungen an beide Kongresskammern gemeldet werden müssen. Es sieht allerdings keine Strafen für Nichtbefolgung vor. Austin dürfte auch interne Protokolle seines eigenen Ministeriums missachtet haben. Laut Angaben aus dem Pentagon läuft derzeit eine Überprüfung der konkreten Versäumnisse, die auch künftige Verfehlungen verhindern soll.

Die Forderungen nach einem Rücktritt von Lloyd Austin hat das Weiße Haus inzwischen aber bereits zurückgewiesen. "Der Präsident hat volles Vertrauen in Verteidigungsminister Austin und wird es auch weiterhin haben", erklärte Pressesprecherin Karine Jean-Pierre. Das Pentagon machte auch noch keine Angaben über den Grund von Austins Hospitalisierung, über seinen momentanen Gesundheitszustand oder über seine weitere Prognose. Am Montagabend (Ortszeit) hieß es lediglich, Austin befinde sich nicht mehr auf der Intensivstation und erhole sich "in einem privateren Bereich des Krankenhauses". Dort habe er mittlerweile auch wieder seine Arbeit aufgenommen. (Gerald Schubert, 9.1.2024)