Trübe Aussichten für die Medienbranche zeigt eine Umfrage des Reuters Institute an der Uni Oxford bei mehr als 300 Herausgeberinnen und CEOs von Medienunternehmern sowie Digitalmanagerinnen in Medienhäusern in 50 Ländern rund um den Globus. Kaum die Hälfte von ihnen – 47 Prozent – zeigt sich zuversichtlich für die Branche im gerade angelaufenen Jahr; rund zwölf Prozent äußern geringe Zuversicht.

Mann mit Fernglas und Krawatte bei Rennveranstaltung in Sydney.
Trüb der Ausblick von Herausgebern, Medien-CEOs und Digitalmanagerinnen auf die Medienbranche 2024.
IMAGO/BIANCA DE MARCHI

Erwartungen im Überblick

"Journalism, media, and technology trends and predictions 2024" im (groben) Überblick:

1. Was die Zuversicht der Medienmanager trübt

Was lässt die Medienmanagerinnen und Herausgeber so besorgt in das neue Medienjahr schauen? Kostensteigerungen nennen sie, rückläufige Werbeeinnahmen und verlangsamtes Wachstum von Digitalabos – zudem juristische wie physische Angriffe.

Wo liegt für sie Hoffnung? Die Vielzahl von Wahlen in den USA und aller Welt könnte Nachrichteninteresse und Nachrichtennutzung steigern – wenn auch nur vorübergehend. Zugleich aber könnten die Wahlkämpfenden das Vertrauen in Medien weiter untergraben und polarisieren.

2. Knicks bei X und Facebook

Fast zwei Drittel der Teilnehmer an der Studie fürchten einen dramatischen Rückgang jenes Traffics, den bisher Social Media auf Medienseiten bringen. Nic Newman, Studienleiter beim Reuters Institute, verweist auf Daten von Chartbeat, wonach Facebook Newsseiten nur noch rund halb so viel Traffic brachte wie im Vorjahr (minus 48 Prozent), X (vormals Twitter) um 27 Prozent weniger.

3. Mehr Whatsapp

Wie reagieren die Medienmanager? 77 Prozent wollen sich stärker auf ihre eigenen Channels konzentrieren statt auf Social-Media-Präsenz. Je ein Fünftel will bei der Gelegenheit den Aufwand für Social kürzen und ein Fünftel auf andere Plattformen setzen.

Und wo wollen sie sich stärker engagieren? Whatsapp wieder verstärkt, unverändert hohe Aufmerksamkeit gilt Videos auf Tiktok und Youtube. Google Discover werde wichtiger, konstatiert Studienautor Newman, sei aber unberechenbar als Trafficquelle.

4. Mehr Video, mehr Newsletter, mehr Podcasts

Verstärken wollen die Teilnehmer an der Studie (weiterhin) Video, Newsletter und Podcasts. Den Umfang der Newsbeiträge wollen sie etwa auf dem bisherigen Level halten.

5. Besser erklären gegen Newsmüdigkeit

Nachrichtenmüdigkeit und Nachrichtenvermeidung wollen die CEOs und Herausgeberinnen laut Umfrage begegnen mit: komplexe Zusammenhänge und Entwicklungen besser zu erklären (wie 67 Prozent angaben), mehr lösungsorientierte oder konstruktive Zugänge und Berichte über inspirierende Menschen und ihr Beispiel. Positive und unterhaltende News wurden weniger häufig genannt.

6. Zahlen, bitte!

Gleich 80 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie sehen bezahlte Abos und Memberships als wichtige Einnahmequelle für Medienunternehmen, gewichtiger als Werbung und Native Advertising. CEOs, Digitalmanager und Herausgeberinnen wollen weiterhin in diesen Bereich investieren.

Medien mit Bezahlmodellen berichten von leichten Zuwächsen oder stabilen Abozahlen im vergangenen Jahr.

7. Geld von KI-Plattformen

Einige Medienunternehmen erwarten 2024 lukrative Lizenzierungsdeals mit KI-Plattformen. Die Studie zeigt allerdings wenig Hoffnung auf eine faire Abgeltung für Medieninhalte. Rund ein Drittel der Befragten rechnet damit, dass die Einnahmen vor allem den größten Medienhäusern zugute kommen. Die Hälfte erwartet daraus sehr geringe Einnahmen für die Medienunternehmen insgesamt.

8. Künstliche Intelligenz in der Redaktion

56 Prozent der Befragten sehen Automatisierung in der Nachrichtenproduktion als die wichtigste Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) in Medienhäusern. Zugleich sieht mehr als die Hälfte der Herausgeberinnen und Herausgeber den Einsatz von KI als größtes Risiko für den Ruf von Medien und Redaktionen. Auf Platz zwei der Einsatzmöglichkeiten von KI rangieren verbesserte Empfehlungen für Userinnen und User, 28 Prozent schließlich sehen kommerzielle Einsatzmöglichkeiten.

9. Weniger Print

Studienautor Newman rechnet 2024 auf der Basis seiner Umfrage mit weiteren Zeitungen, die tägliche Druckausgaben wegen Druckkosten und Vertriebsaufwand einstellen.

10. News im Paketangebot

Die Studie erwartet eine signifikante Zunahme von Kombiangeboten der Medienhäuser von News und anderen Inhalten – wie Spielen, Podcasts, Magazinen, Büchern oder auch Inhalten von anderen Medienunternehmen.

11. Paid-Konkurrenz der Plattformen

Mit Premium- und Bezahlangeboten machen die großen Tech-Plattformen den Bezahlangeboten von Medienunternehmen zusätzliche Konkurrenz, erwartet die Studie und verweist auf werbefreie und Tracking-einschränkende Angebote von X, Meta and Tiktok. (red, 9.1.2024)