Die ganze Welt schaut nach Krelow, einem kleinen Kaff in einer der dünnstbesiedelten Gegenden Deutschlands. Oderbruch heißt dieser gottverlassene Landstrich an der Grenze zu Polen, der nur auf den ersten Blick Natur pur und Entschleunigung verheißt. Warum dieses Kaff in die Weltöffentlichkeit rückt? Dort wurde gerade ein Berg aus Leichen entdeckt. Tote Menschen und Tiere, aufeinandergestapelt wie in einem von einer seelenlosen KI erschaffenen Kunstwerk.

Kommissar Roland Voit (Felix Kramer) vor einem Berg aus Leichen.
Kommissar Roland Voit (Felix Kramer) vor einem Berg aus Leichen.
Foto: ARD Degeto/Syrreal Dogs GmbH/CBS

So viel zum grausigen Ausgangspunkt der neuen ARD-Serie "Oderbruch", zu sehen ab Freitag in der ARD und hier in der ARD-Mediathek. "Ich hoffe, du suchst, was du hier findest", sagt Magdalena Kring, genannt Maggie (Karoline Schuch) einmal. Um sie herum konzentriert sich die Handlung dieses Mystery-Achtteilers, ersonnen von den Serienmachern Arend Remmers, Adolfo J. Kolmerer und Christian Alvart, die schon mit "Sløborn", einer Serie über ein tödliches Virus, ihr Faible für ziemlich große Katastrophen ausgelebt haben.

Stanislaw Zajak (Lucas Gregorowicz, rechts) und Roland Voit (Felix Kramer) ermitteln.
Stanislaw Zajak (Lucas Gregorowicz, rechts) und Roland Voit (Felix Kramer) ermitteln.
Foto: ARD Degeto/Syrreal Dogs GmbH/CBS

Was hat es also mit diesem Leichenberg auf sich, und warum wurde den Menschen und Tieren noch vor ihrer Ermordung Blut entnommen? Wer ist dieser Serienmörder, was geht in ihm vor, und was kommt da noch? Diesen Fragen sollen auf der deutschen Seite LKA-Kommissar Roland Voit (Felix Kramer) und auf der Seite Polens Kripobeamter Stanislaw Zajak (Lucas Gregorowicz, "Polizeiruf 110") nachgehen. Ein Fall für Grenzüberschreitung, auch räumlich.

Roland Voit (Felix Kramer) und seine Jugendliebe Maggie Kring (Karoline Schuch) am Grab ihres Bruders Kai.
Roland Voit (Felix Kramer) und seine Jugendliebe Maggie Kring (Karoline Schuch) am Grab ihres Bruders Kai.
Foto: ARD Degeto/Syrreal Dogs GmbH/CBS

Der Vergangenheit entkommt man nicht

Und auch Maggie – sie ist eine ehemalige Kollegin von Voit und seine Jugendliebe – soll bei den Ermittlungen helfen. Sie ist in Krelow aufgewachsen, hat die Gegend 1997 nach einem verheerenden Hochwasser verlassen. Damals starb unter mysteriösen Umständen ihr Bruder Kai, zu dem sie ein sehr, sehr enges Verhältnis hatte. Kai war ein ganz besonderer Bub, ein Außenseiter. Und sie war es, die ihn beschützte, auch vor dem eigenen Vater.

Wir ahnen, Kai wird im Verlauf der Geschichte eine wichtige Rolle spielen. Der Vergangenheit kann auch Maggie sich nicht entziehen. Sie wird sich ihr stellen müssen. Und wie! In geschickt eingestreuten Rückblicken erfahren wir mehr über ihre Kindheit, über das Aufwachsen in einer Gegend, in der der Zweite Weltkrieg noch allgegenwärtig ist. Die Schlacht im Oderbruch forderte damals tausende Opfer.

Maggie (Karoline Schuch), blutverschmiert.
Maggie Kring (Karoline Schuch) steht vor gar blutigen Herausforderungen.
Foto: ARD Degeto/Syrreal Dogs GmbH/CBS

Karoline Schuchs Maggie überzeugt als sperrige, zweifelnde, schweigsame Protagonistin, die vom Grauen ahnt, das noch auf sie wartet. Und die in entscheidenden Momenten – in jenen Szenen, in denen sie die oft recht langwierige und teils auch skurrile Geschichte vorantreiben kann – das Richtige tut.

Kompromisslos verfolgt sie ihre Ziele, auch wenn sie damit andere vor den Kopf stößt. Nein, eine Sympathieträgerin ist sie nicht. Kein Wunder, sie ist es, die sich mit dem Unvorstellbaren auseinandersetzen muss, weil sie es am allermeisten betrifft. Die Ermittlungen werden aber auch für andere einer Reise in die eigene Geschichte. Und diese Geschichte führt auch nach Rumänien. Vorsicht: Es wird blutig, es wird übernatürlich, es wird bitter! (Astrid Ebenführer, 19.1.2024)