Düsseldorfer Arena.
In Düsseldorf finden die beiden Auftaktspiele der Handball-EM statt.
IMAGO/Laci Perenyi

Wien - Das Handball-Eldorado Deutschland setzt gleich zu Beginn der EM am Mittwoch neue Maßstäbe. Mit je über 50.000 Fans bei den Auftaktspielen Frankreich - Nordmazedonien (18.00 Uhr) und Deutschland - Schweiz (20.45) wird in der Düsseldorfer Fußball-Arena der Zuschauer-Weltrekord für Handballspiele gebrochen. Danach übersiedelt die 16. EM-Endrunde in die Hallen von Köln, Berlin, Hamburg, München und Mannheim. An letzterem Ort steigen ab Freitag die Österreich-Partien.

Schwierige ÖHB-Gruppe

Auf die ÖHB-Auswahl warten ab Freitag in Hammergruppe B Rumänien, Kroatien und Spanien. Neben sportlichen Highlights verspricht Mannheim aber Spielern und Fans gleichermaßen ein besonderes Hallenerlebnis. Dafür garantiert die rund 13.000 Zuschauer fassende Sap-Arena, die von Handball-Bundesligist Rhein-Neckar Löwen ebenso genutzt wird wie den Eishockey-Cracks der Mannheimer Adler. Die Multifunktionshalle aus dem Jahr 2002 dient darüber hinaus als Schauplatz von Sport-Großveranstaltungen und Konzerten.

Hallen-Spektakel erwartet

Mannheim, Düsseldorf, die Kölner Lanxess Arena (ca. 20.000), aber auch die weiteren Hallen in Berlin (15.000), Hamburg (13.000) und München (12.000) sind die in Beton gegossenen Sinnbilder für die bisher größte und ambitionierteste kontinentale Endrunde seit deren Einführung 1994. An deren Ende werden deutlich mehr Fans als bisher in die Hallen geströmt sein – Europas Verband EHF peilt die Ein-Millionengrenze an.

Deutschland gilt ohnehin als Handball-Traumland, die Hallen in der weltweit stärksten Liga sind auch abseits der EM bestens gefüllt. Im Schnitt begrüßten die 18 Bundesligisten in der laufenden Saison 5.000 Zuschauer bei ihren Heimspielen. Spitzenreiter sind der – stets ausverkaufte – THW Kiel von ÖHB-Kapitän Mykola Bilyk mit 10.160 Zuschauern, auch die Füchse Berlin (8.300) oder die Rhein-Neckar Löwen (7.300) weisen diesbezüglich Topwerte auf.

Bilyk: "Nach unserer Heim-EM das größte Ereignis für uns"

Nur König Fußball liegt in Sachen Zuschauerinteresse klar vor den Handballern, deren Oberhausclubs in der vergangenen Saison Einnahmen von 140 Millionen Euro vermeldeten. Damit liegen sie laut der Sportbusiness-Plattform SPOBIS nur etwas hinter der Eishockeyliga DEL (150 Millionen) und vor der Basketball-Liga BBL (125 Millionen).

"Das ist nach unserer Heim-EM das größte Ereignis für uns als Nationalmannschaft", sagte Bilyk, für den es so wie für Lukas Hutecek (TBV Lemgo-Lippe) eine Art Heimspiel ist. "Was da für eine Atmosphäre herrschen wird, wie voll die Hallen sein werden und was alles um den Handball herum passieren wird, ist unglaublich. Das ist etwas ganz Besonderes, weil der Handballsport in Deutschland eine riesengroße Rolle spielt."

Deutschland träumt

Welches Team im Kampf um den Titel die größte Rolle innehat, bleibt abzuwarten. Überraschungen sind eher auszuschließen. Weltmeister Dänemark ist Top-Favorit auf den EM-Titel. Mit Titelverteidiger Schweden, dem EM-Zweiten Spanien und vor allem dem WM-Zweiten Frankreich ist ebenfalls zu rechnen. Gastgeber Deutschland strebt den Einzug ins Halbfinale an und hofft auf einen Effekt wie bei der Heim-WM 2007, als man vom Publikum zum Titel getragen wurde. "Zuhause ist vieles möglich. Wenn so eine Stimmung und Euphorie aufkommt wie damals, können wir wirklich träumen", sagte Trainer Alfred Gislason: "Aber der Weg ist ziemlich steinig."

Vor der ersten Europameisterschaft auf deutschem Boden werden nicht bloß beim DHB-Coach Hoffnungen auf einen erneuten Höhenflug geweckt. "Ich bin der Meinung, dass du groß träumen musst. Du kannst nicht nach den Sternen greifen, wenn du denkst, der Himmel ist die Grenze", sagte Torhüter Andreas Wolff in der ARD und fand damit die perfekten Worte für die Sehnsucht einer ganzen Sportart. "Mein Ziel ist es ganz klar, dass wir eine fantastische Heim-EM spielen, die optimalerweise im EM-Titel gipfelt", sagte Wolff, einer von vier verbliebenen 2016-Europameistern im deutschen Team.

Und selbst beim bislang so beherrschten Verband war es am Tag vor dem EM-Auftakt mit der Zurückhaltung vorbei. "Das Ziel Halbfinale steht fest, da brauchen wir nicht drumherum reden", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann: "Das muss unser Anspruch sein. Bei einer Heim-EM erst recht. Unsere Mannschaft macht einen guten Eindruck, ich freue mich auf ein tolles Handball-Fest."

Letzte EM für Karabatic

Für einen Großen ist Deutschland sicher die letzte EM. Frankreichs Mastermind Nikola Karabatic wird seine finalen kontinentalen Titelkämpfe absolvieren, Heim-Olympia im Sommer soll mit dann 40 Jahren der endgültige Abschied von der großen Bühne werden. Der dreifache Olympiasieger, vierfache Welt- und dreifache Europameister, der auf Clubebene dreimal die Champions League gewann, hat für den kommenden Sommer sein Karriereende angekündigt. (APA, sid, red, 9.1.2024)