Hunderte Menschen zeigen abends aufgereiht den Hitler-Gruß.
Etliche Personen zeigen im Verbund den Hitler-Gruß, der in Italien als "Römischer Gruß" bekannt und verboten ist.
AP/Francesco Benvenuti

Rom – Die Polizei hat dutzende Teilnehmer einer Versammlung neofaschistischer Aktivisten am Sonntag in Rom identifiziert. Fünf Personen wurden angezeigt, wie italienische Medien am Mittwoch berichteten. Die Staatsanwaltschaft Rom prüft die Eröffnung von Ermittlungen wegen "Verherrlichung des Faschismus", was laut der italienischen Verfassung verboten ist. Die Ermittler arbeiten an der Auswertung des Videomaterials von der Kundgebung.

Hunderte Menschen hatten bei der Veranstaltung in der Hauptstadt ihren rechten Arm in die Höhe gestreckt und den Hitler-Gruß gezeigt. Die Geste ist in Italien als "Saluto romano" (Römischer Gruß) bekannt. Obwohl sie in Italien verboten ist, wird sie bei Zusammenkünften von Neofaschisten immer wieder ausgeführt.

Gedenken vor ehemaligem neofaschistischem Parteisitz

"Die Polizei wird der Justiz Bericht erstatten, und in einem demokratischen Staat trifft die Justiz ihre eigenen Entscheidungen", unterstrich Innenminister Matteo Piantedosi. Es bestehe keinerlei Zweifel, dass das, was bei der Demonstration in Rom geschehen sei, "Empörung hervorruft", sagte Piantedosi bei einer Anhörung der Kommission des Senats gegen Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus. Verbote von Demonstrationen seien jedoch "kontraproduktiv", sagte der parteilose Politiker.

Piantedosi reagierte damit auf die Aufregung nach einer Versammlung Hunderter in Schwarzhemden uniformierter Neofaschisten am Sonntag in Rom. Die Menschen hatten sich am Jahrestag der Acca-Larentia-Morde versammelt. In der Via Acca Larentia hatten Linksterroristen am 7. Jänner 1978 zwei junge Neofaschisten erschossen, ein dritter starb später. Seitdem finden jährlich Gedenkfeiern vor dem ehemaligen Sitz des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) statt, einer von Faschisten und Mussolini-Getreuen gegründeten Bewegung. In ihrer Tradition steht auch die führende Regierungspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Meloni unter Zugzwang

Oppositionschefin Elly Schlein beantragte unterdessen bei Piantedosi und Justizminister Carlo Nordio die Auflösung neofaschistischer Parteien. Die Sozialdemokratin betonte, dass in Italien Verherrlichung des Faschismus laut Verfassung verboten sei. Gruppierungen, die sich vom Faschismus inspirieren lassen, müssten sofort aufgelöst werden, forderte sie.

Die Bilder von der Veranstaltung bringen auch Regierungschefin Meloni in Verlegenheit. Seit ihrem Amtsantritt bemüht sich die 46-Jährige, sich als proeuropäische Staatsfrau zu profilieren. Politisch verwurzelt ist Meloni jedoch in der rechtsextremen Szene. Mit 15 Jahren trat die gebürtige Römerin der Jugendbewegung des neofaschistischen MSI bei. Später sammelte sie politische Erfahrung bei der MSI-Nachfolgepartei Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini, einem langjährigen Verbündeten des im Juni verstorbenen Ex-Premiers Silvio Berlusconi. 2008 wurde sie in der Regierung Berlusconi im Alter von 31 Jahren Jugend- und Sportministerin und damit zur jüngsten Ministerin in der Geschichte Italiens. (APA, red, 10.1.2024)