Ein Roboter, der Zeitung liest
Dieses Bild wurde mit der KI Midjourney erstellt. Der Prompt lautete: "illustration of a friendly looking robot, presenting newspapers, looking at the camera. --ar 3:2"
Midjourney/Der Standard

Die besinnliche Weihnachtszeit ist vorbei, und diese Woche hat die internationale KI-Szene wieder ihr gewohntes Highspeed-Tempo aufgenommen. Es gab zahlreiche neue Gadgets, neue Plattformen, neue Rufe nach Regulierung – und ja, auch so manchen Aufreger.

Neue Gadgets zum Jahresanfang

Diese Woche fand in Las Vegas die Consumer Electronics Show (CES), die größten Elektronikmesse der Welt, statt. Und die war, wenig verwunderlich, von KI-Präsentationen geprägt. Mein Kollege Benjamin Brandtner hat die Tech-Nabelschau intensiv beobachtet. Bei der CES stehen traditionell Fernseher im Mittelpunkt. Viele hatten schon vor dem KI-Hype künstliche Intelligenz implementiert, mittels derer die Bildqualität optimiert wird. Künftig wird es möglich sein, per Knopfdruck auch undeutliches Genuschel in Filmen und Serien verständlicher zu machen.

Doch auch so manche Skurrilität entdeckte mein Kollege. Darunter einen Kinderwagen mit Gesichtserkennung, einen Roboter für das eigene Zuhause und eine Toilette, die sich über Google Home und Amazon Alexa steuern lässt. Und natürlich einen Kühlschrank, der via KI Rezepte auf Basis seines Inhalts vorschlagen soll. Ein KI-Fernglas soll wiederum 9.000 Vogelarten identifizieren können. Und schließlich machen gleich zwei Schweizer Start-ups mit smarten Katzenklappen auf sich aufmerksam, die via Bilderkennung den Eintritt verwehren, wenn der feline Freund Beute ins Haus bringen will.

Skandale und Streitereien

Softwareseitig hat nicht nur OpenAI nach längerer Wartezeit seinen GPT Store veröffentlicht, auf dem adaptierte Versionen von ChatGPT zur Verfügung gestellt werden können. Auch der Bildgenerator Midjourney liefert nun in Version 6 noch realistischere Bilder. Womit wir an dieser Stelle umschwenken zu den weniger unterhaltsamen Themen der Woche: Ebendiese Bildgeneratoren wurden auch im Rahmen der Bauernproteste in Deutschland verwendet, um massenhaft Fakes zu generieren. Nicht umsonst sehen Experten im Vorfeld des World Economic Forum Desinformation als eine der größten Gefahren der kommenden Jahre.

Und auch Amazon hat ein Problem mit Fakes, aber ein anderes. So wird der Kindle-Shop des Konzerns regelrecht geflutet von schlechten Büchern, in denen bestehende Werke via KI zusammengefasst wurden – wobei Inhalte oft falsch oder verzerrt wiedergegeben werden. Auf Instagram sorgt indes ein Model namens Emily Pellegrini für Aufsehen: Die junge Frau kommt auf 200.000 Follower und verlinkt auf ein kostenpflichtiges Portal, bei dem auch nicht jugendfreie Inhalte zu sehen sind. Der Haken: Emily ist nicht echt, sondern ein via KI erstelltes Model. Sogar ihre Videos sind kaum noch von ungefälschten Inhalten zu unterscheiden. Eine KI-Kennzeichnung gibt es auf ihrem Account nicht. Weshalb angeblich ein prominenter Fußballer mit ihr in Kontakt treten und sie zu einem Date einladen wollte. Ob von Emilys "Erfindern" gut erdachter PR-Gag oder wahr: Ins Gerede kam der schöne Bot dadurch auf jeden Fall.

Ergänzend zu den Sorgen wegen Fakes von unterschiedlicher Tragweite hat außerdem die Diskussion über Urheberrecht wieder Fahrt aufgenommen. So haben Experten den US-Kongress gewarnt, dass eine große Bedrohung für den Journalismus bestehe, wenn bestehende Inhalte ohne Zustimmung zum Trainieren von KI-Modellen genutzt werden. Seitens von OpenAI heißt es wiederum, dass es "unmöglich" sei, diese Trainings ohne urheberrechtlich geschütztes Material durchzuführen. Das letzte Wort ist hier noch längst nicht gesprochen.

Elvis lebt

Doch schließen wir diese Woche doch mit positiven Nachrichten ab. So hat ein Forschungsteam bei Microsoft mithilfe von KI ein Material entdeckt, das die Verwendung von Lithium in Akkus deutlich reduzieren könnte. Googles Funktion namens "Call Screen" – ein KI-Assistent, der auf Wunsch Anrufe entgegennimmt und Spammer abwimmelt – dürfte bald nach Österreich kommen. Und ab Herbst wird Elvis wieder auf der Bühne stehen: Eine Kombination aus KI und Augmented Reality soll den King of Rock 'n' Roll virtuell zum Leben erwecken. Und das allein ist schon Grund genug, voller Vorfreude in das noch junge Jahr zu schreiten. (Stefan Mey, 13.1.2024)